Presseschau, 37. Kalenderwoche 2020

Umfrage-Plus, Heller hetzt, Moncsek arbeitet für Krah, Lässig aus Verein geworfen, Oehme steht zu SA-Parole, Kundgebungen in Hoyerswerda und Riesa, Kalbitz bei Pegida, Wahlbeschwerden abgewiesen, Keiler verteidigt Neonazistin, Streit um Mandic, Verbot von „Zukunft Heimat“ möglich, Günther verwarnt, Magnitz gesperrt, Pasemann enttarnt, Austritte im Burgenlandkreis, AfD-Christen in Neonazi-Treffpunkt, kein Applaus für Polizei, Rechtsruck in Niedersachsen, alleine mit Vaatz, keine Fundamentalopposition. Das war diese Woche wichtig:


In der Presseschau informiert idas jeden Sonntag über lesenswerte Medienberichte und Recherchen rund um die AfD, die im Laufe der Woche erschienen sind.


AfD in Sachsen

Die AfD hat sachsenweit wieder leicht an Zuspruch gewonnen. Wäre heute Landtagswahl, käme die Partei auf 26 Prozent der Stimmen. Das ist das Ergebnis einer aktuellen Erhebung des Meinungsforschungsinstituts Civey im Auftrag der Sächsischen Zeitung. Auch andere Umfragen hatten zuletzt angezeigt, dass die AfD im Freistaat zulegt. Sie liegt aber weiterhin unter ihrem Ergebnis bei der Landtagswahl im vergangenen Jahr, als sie 27,5 Prozent der Zweitstimmen erhalten hatte. (↪ LVZ, 07.09.)


Die AfD-Stadtratsfraktion in Leipzig fordert, den im Stadtteil Connewitz gelegenen Kulturstätten „Conne Island“ und „Werk II“ die städtische Förderung zu entziehen. Anlass sind jüngste Ausschreitungen bei mehreren Demonstrationen. Einen Zusammenhang zu den beiden bekannten Locations hat die AfD bislang nicht belegt. Ähnliche Forderungen hatte die Partei schon früher aufgestellt und auch dabei verschiedene subkulturelle Projekte und soziokulturelle Initiativen ohne Belege als „linksextremistisch“ verunglimpft. (↪ LVZ, 07.09.)


Offenbar ohne jegliche Anhaltspunkte hat Tobias Heller, AfD-Mitglied im Stadtrat von Oschatz (Landkreis Nordsachsen), behauptet, dass unter Betreuung stehende Bewohner*innen einer Einrichtung der Lebenshilfe für die Verbreitung von Hakenkreuz-Schmierereien in der Stadt verantwortlich seien. „Es ist kein Geheimnis, wir haben ein Problem mit der Oschatzer Lebenshilfe. Ohne voreilige Schlüsse zu ziehen, stelle ich fest, dass deren Bewohner in der Stadt unterwegs sind an oder um die Stellen herum, wo die Hakenkreuze später auftauchen“, sagte Heller bei einer Ratssitzung. Anlass war die Präsentation von aktuellen Kriminalitätszahlen durch den Leiter des Oschatzer Polizeireviers. Der Geschäftsführer der Oschatzer Lebenshilfe, Markus Drexler, wies die „menschenfeindliche, pauschalisierende und diskriminierende Äußerung“ des AfD-Mannes zurück, sie zeuge „von einem Hass auf unsere Bewohner“. Die Lebenshilfe, einer der größten Arbeitgeber*innen in der Stadt, versorgt rund 1.000 Menschen mit körperlichen und geistigen Beeinträchtigungen. Inzwischen liegt gegen Heller eine Strafanzeige wegen des Verdachts der Volksverhetzung vor. Gestellt hat sie ein ortsansässiger Rechtsanwalt: „Die Äußerungen wurden nur getan, um zu Lasten der Menschen mit Behinderungen, die offenbar den Angezeigten im öffentlichen Verkehrsraum stören, sich profilieren zu können“, erklärte er gegenüber der Staatsanwaltschaft Leipzig. (↪ LVZ, 07.09., ↪ LVZ, 11.09.)


Der AfD-Kandidat zur Bürgermeister*innenwahl in Augustusburg (Landkreis Mittelsachsen), Mike Moncsek, ist als Mitarbeiter bei dem AfD-Europaabgeordneten Maximilian Krah angestellt. Das wurde bei einem Wahlforum bekannt, das die Regionalzeitung Freie Presse veranstaltet hat. Genauere Angaben zu seinem beruflichen Hintergrund hatte Moncsek bislang vermieden. Seinen Werbematerialien und der persönlichen Website ist lediglich zu entnehmen, dass er gelernter KfZ-Mechaniker ist, zudem bezeichnet er sich als „Regionalleiter Vertrieb Automobilindustrie“. In diesem Bereich arbeitet er jedoch bereits seit längerem nicht mehr. Der erste Wahlgang in der Kleinstadt findet am heutigen Sonntag statt. (↪ FP, 08.09.)


Barbara Lässig, Mitarbeiterin der AfD-Fraktion im Stadtrat von Dresden, ist aus dem örtlichen Fernsehturmverein ausgeschlossen worden. Als Gründe nennt der Verein, der sich für die Sanierung des Bauwerks einsetzt, mehrere Verstöße gegen die Satzung und gegen Beschlüsse. Jüngster Anlass war die Teilnahme Lässigs an einem Treffen des Vereins mit der SPD-Fraktion im Rathaus. Die Fraktion und der Verein hatten sie gebeten, nicht teilzunehmen. Als sie dennoch erschien, wurde sie zunächst erfolglos zum Gehen aufgefordert. Daraufhin musste sie durch Sicherheitskräfte aus den Räumen geleitet werden. Lässig erwägt, Beschwerde gegen den Ausschluss einzulegen, den der Vereinsvorstand beschlossen hat. In dem Fall wird sich eine Mitgliederversammlung mit dem Fall befassen. (↪ Sächsische, 08.09., ↪ DNN, 08.09., ↪ TAG24, 08.09.)


Der AfD-Bundestagsabgeordnete Ulrich Oehme, der am 20. September zur OBM-Wahl in Chemnitz antritt, hat die frühere Verwendung der verbotenen SA-Parole „Alles für Deutschland“, die er im Bundestagswahlkampf auf Wahlplakaten aufdrucken ließt, verteidigt. Er stehe inhaltlich zu dem Spruch, sagte Oehme im Interview mit der Freien Presse, „da brauche ich auch keinen Deut wieder wegnehmen.“ Es sei ihm ein „tiefes Bedürfnis, für mein Land, für das einzustehen, was unsere Väter und Urgroßväter aufgebaut haben.“ Seinerzeit habe er nicht gewusst, dass es sich um eine nationalsozialistische Parole handelt. Er habe „damals Freunde gefragt, sowohl beim BKA als auch beim Verfassungsschutz, als das aufploppte, ob das wirklich so ist. Keiner wusste es.“ Fragen, wie er zum verfassungsfeindlichen Flügel und dessen Protagonisten steht, beantwortete der Kandidat auch nach mehreren Nachfragen nicht („Keine Antwort“), sondern drohte damit, das Interview abzubrechen. Überdies schließt es nicht aus, als Oberbürgermeister mit der verfassungsfeindlichen Lokalpartei „Pro Chemnitz“ zu kooperieren („die sind auch demokratisch gewählt“). Abermals bekräftigte er seine Ansicht, dass sich in der Chemnitzer Innenstadt zu viele „arabische Läden“ angesiedelt hätten: Von ihnen gäbe es „zu viele auf einem Ort“. Eine repräsentative Umfrage sah Oehme zuletzt bei 16 Prozent und damit auf dem dritten Platz im Rennen um den Posten des Stadtchefs. Ihm werden geringe Kompetenzen zugeschrieben. Zudem gaben 43 Prozent der Befragten an, ihn nicht zu kennen. (↪ FP, 08.09., ↪ FP, 09.09., ↪ FP, 09.09.)


Die AfD-Stadtratsfraktion in Freiberg (Landkreis Mittelsachsen) hat eine Einladung zur Teilnahme an einem Treffen von Umweltgruppen aus der Region ausgeschlagen. Ziel der Veranstaltung, die am Dienstagabend in der örtlichen Petrikirche stattfand, war die Diskussion eines Konzepts, die Stadt bis zum Jahr 2035 klimaneutral zu gestalten. „Unserer Auffassung nach ist die einseitige Ansicht von CO2 als Schadstoff zu überwinden“, erklärte die AfD-Fraktion in einer Stellungnahme. Darin wird Kohlendioxid als nützlicher „Pflanzendünger“ bezeichnet. (↪ FP, 08.09., ↪ FP, 10.09.)


Alexander Zapke, der für die AfD zur Bürgermeister*innenwahl in Steinigtwolmsdorf (Landkreis Bautzen) am kommenden Sonntag antritt, hat sich nicht von verfassungsfeindlichen Bestrebungen innerhalb seiner Partei distanziert. Die AfD sei aus seiner Sicht die einzige Kraft, „die Werte, Kultur und Traditionen unseres Vaterlandes erhalten will“, sagte er in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung. Zudem würdigte er namentlich den Flügel-Anführer Björn Höcke. Dieser habe „allen Bürgern dieses Landes im Frühjahr gezeigt, dass Frau Merkel lieber einen Salonkommunisten in Thüringen als Ministerpräsidenten möchte als einen bürgerlichen FDP-Politiker“, sagte er in Anspielung auf die Kemmerich-Affäre. Auf die Nachfrage, ob er „mit Rechtsextremen in der AfD überhaupt kein Problem“ habe, antwortete Zapke nicht. (↪ Sächsische, 09.09.)


Auf dem Lausitzer Platz in Hoyerswerda (Landkreis Bautzen) hat am Mittwochabend eine AfD-Kundgebung stattgefunden, bei der die Bundestagsabgeordneten Alice Weidel und Karsten Hilse, der sächsische Generalsekretär Jan-Oliver Zwerg und der örtliche OBM-Kandidat Marco Gbureck Reden hielte. Im Publikum fanden sich weniger als die erwarteten 250 Teilnehmenden ein. Die bereits länger angekündigte Veranstaltung sollte zunächst in der Lausitzhalle stattfinden, der Plan wurde jedoch kurzfristig geändert. Zur Begründung verwiesen die Betreiber und die Partei auf „deutliche Aufrufe in Sozialen Netzwerken zu Störungen und Sachbeschädigungen“ sowie auf eine mögliche Anreise von „Randalierern“, die beabsichtigen würden, die Tagungshalle „abzufackeln“. Quelle dieser Behauptungen sind nicht näher bezeichnete „AfD-Sicherheitsexperten“. Die zuständige Polizeidirektion Görlitz dementierte jedoch eine Gefahr: „Nein, die Polizei hat keine Bedrohungslage für Leib und Leben festgestellt und auch keine Empfehlung für eine Absage der Veranstaltung gegeben“, hieß es auf Anfrage der Lausitzer Rundschau. Angeblich im Internet kursierende Gewaltaufrufe wurden der Polizei nicht bekannt. Der Abgeordnete Hilse, von Beruf Polizeibeamter, behauptete in dem Zusammenhang auch, dass „die Antifa“ aus Dresden, Leipzig und Hamburg zur Teilnahme an Gegenprotesten eingeladen worden sein soll, was offenkundig nicht zutrifft. Bei der Kundgebung sagte er: „Die Antifa sind die wahren Faschisten dieser Zeit.“ Möglicherweise beabsichtigte die Partei, zusätzliche Aufmerksamkeit für Marco Gbureck zu generieren. Im ersten Durchgang zur OBM-Wahl am Sonntag der Vorwoche war er mit 18,5 Prozent der Stimmen lediglich auf den dritten Platz gekommen. Am kommenden Sonntag findet der zweite Wahlgang statt, zu dem Gbureck erneut antreten will. (↪ Sächsische, 10.09., ↪ LR, 10.09.)


Vor dem Ratshaus in Riesa (Landkreis Meißen) hat am Mittwochabend eine Kundgebung unter dem Motto „Corona 2020 – Wer soll das bezahlen?“ stattgefunden, zu der mit Thomas Kirste der AfD-Kandidat zur Landratswahl am 11. Oktober eingeladen hatte. Neben Kirste hielt der Landesvorsitzende Jörg Urban eine Rede, beide sprachen vor rund 50 Personen. Die Versammlung währte nur rund eine halbe Stunde. (↪ Sächsische, 09.09., ↪ Sächsische, 10.09.)


Der ehemalige AfD-Politiker Andreas Kalbitz wird an diesem Montag als Redner bei einer Pegida-Versammlung in Dresden erwartet. Ebenfalls auf der Bühne stehen soll der Landtagsabgeordnete Christoph Berndt, der möglicherweise Nachfolger Kalbitz‘ als Vorsitzender der Brandenburg-Fraktion werden wird. Beide Redner gelten amtlich als „Rechtsextremisten“. Pegida rechnet mit rund 800 Teilnehmenden. Weil Kalbitz womöglich weitere Interessierte anziehen wird, hat die Versammlungsbehörde anders als bei vergangenen Veranstaltungen angeordnet, dass eine Mund-Nase-Schutz getragen werden muss. (↪ DNN, 09.09., ↪ Sächsische, 10.09., ↪ DNN, 13.09.)


Gegen den anfänglichen Widerstand der AfD hat der Stadtrat in Riesa (Landkreis Meißen) die weitere Finanzierung der offenen Kinder- und Jugendarbeit in der Stadt beschlossen und Fördermittel für die beiden Träger „Sprungbrett“ und „Outlaw“ freigegeben. Der Beschluss sollte bereits im Juli fallen, war damals aber auf Betreiben von AfD und CDU zunächst verhindert worden. Zu Beginn der jetzt nachgeholten Ratsdebatte beantragte die AfD-Stadträtin Ute Blosfeld abermals, das Thema von der Tagesordnung abzusetzen. Dem folgte das Gremium nicht, weil der Antrag zu spät gestellt wurde. Dafür beantragte der CDU-Fraktionsvorsitzende Helmut Jähnel eine Unterbrechung der Sitzung. In der Pause berieten sich – auch das zum wiederholten Male – Mitglieder der CDU- und der AfD-Fraktion. Die AfD warf im weiteren Sitzungsverlauf einer Sozialarbeiterin vor, im Beisein von Kindern geraucht zu haben. Der Vorwurf erwies sich jedoch als unwahr. (↪ Sächsische, 10.09.)


Mehrere Wochen nach seinem Austritt aus der AfD hat Falk Jahr, vormals Vorsitzender der AfD-Fraktion im Stadtrat von Böhlen (Landkreis Leipzig), erstmals Gründe für diesen Schritt mitgeteilt. „Ich habe noch keine Organisation so verfallen sehen wie die AfD“, sagte er der Leipziger Volkszeitung. Die Partei treibe seit Monaten „ziellos umher“, eine nötige „Feinjustierung“ der Politik werde mit ihr nicht gelingen, sagte er. Dem Böhlener Stadtrat sowie dem Kreistag des Landkreises Leipzig wird Jahr als fraktionsloses Mitglied weiter angehören. (↪ LVZ, 11.09.)


Der Wahlprüfungsausschuss des Sächsischen Landtags hat dem Parlament die Ablehnung sämtlicher Beschwerden der AfD gegen die Ergebnisse der Landtagswahl im vergangenen Jahr empfohlen. Die Landespartei und mehrere damalige Kandidierende hatten sich an den Ausschuss gewandt, um die Gültigkeit der Wahl anzufechten, da die AfD-Landesliste gekürzt worden war und im Ergebnis ein Mandat unbesetzt bleiben musste. Im Erfolgsfall wären Neuwahlen möglich gewesen, der Ausschuss sieht dafür aber keinen Anlass. Eine abschließende Entscheidung trifft das Landtagsplenum bei seiner nächsten Sitzung, die Ende September stattfindet. Die AfD kündigte bereits an, infolge der absehbaren Ablehnung vor den Sächsischen Verfassungsgerichtshof zu ziehen. (↪ FP, 11.09., ↪ LVZ, 11.09., ↪ MDR, 11.9.)


Nach Darstellung des Landtagsabgeordneten Mario Kumpf soll ein Parteigegner am Donnerstagnachmittag in Neugersdorf (Landkreis Görlitz) gezielt die Autoreifen von AfD-Mitgliedern durchstochen haben, die sich in der Nähe zu einem Stammtisch getroffen haben. Es habe sich um einen „Angriff auf die Demokratie“ gehandelt, erklärte Kumpf zu dem Vorfall auf seiner Facebook-Seite. „Durch sportliche Mitglieder konnte der Täter gestellt werden“, heißt es dort weiter. Tatsächlich wurde ein Verdächtiger dingfest gemacht, der nach Angaben der Polizei einen Sachschaden in Höhe von rund 1.000 Euro verursacht haben soll. Unklar ist aus Ermittlungssicht jedoch, ob die Attacken gezielt der Partei gegolten haben: Derzeit werde der Fall weder durch den polizeilichen Staatsschutz bearbeitet, noch gäbe es Hinweise auf das Motiv des Verdächtigen. Bekannt ist nur, dass er mit 2,4 Promille erheblich alkoholisiert war. (↪ Sächsische, 11.09.)


Die AfD-Fraktion im Stadtrat von Döbeln (Landkreis Mittelsachsen) hat angekündigt, sich erneut gegen eine städtische Förderung des soziokulturellen Vereins „Treibhaus“ zu wenden. Der Stadtrat wird darüber am kommenden Donnerstag debattieren. Beantragt ist, dass die Kommune Fördermittel in Höhe von 14.500 Euro gewährt. Das ist die Voraussetzung dafür, dass der Verein erneut eine weit umfangreichere Unterstützung des Kulturraums Erzgebirge-Mittelsachsen erhält. Im Vorjahr stand diese Förderung und damit die Zukunft des Vereins auf der Kippe. Grund war eine Verleumdungskampagne der AfD, die den Verein in die Nähe des „Linksextremismus“ rückt, ohne Belege vorweisen zu können. Ähnliche Argumente werden nun erneut gebraucht: Der AfD-Fraktionsvorsitzende Dirk Munzig spricht von „anarchistischen Tendenzen“ und verweist auf „Aufkleber und Sprüche, die gegen den Staat gerichtet sind“. (↪ Sächsische, 12.09.)


Der stellvertretende AfD-Landesvorsitzende Joachim Keiler, der für die Partei auch im Landtag sitzt, ist Verteidiger von Stephanie T., die sich seit Montag gemeinsam mit drei weiteren Neonazis am Oberlandesgericht Dresden wegen der Mitgliedschaft bzw. der Unterstützung der rechtsterroristischen Vereinigung „Gruppe Freital“ und weiteren mitangeklagten Einzeltaten verantworten müssen. Die 31-Jährige, die vormals Felgner hieß, war die Lebensgefährtin eines bereits verurteilten Haupttäters. Ihr liegt unter anderem zur Last, auf einem Gruppenfoto der Vereinigung zu sehen zu sein, auf dem eine Hakenkreuzfahne und Hitlergrüße gezeigt werden. Vor dem Prozessbeginn wurde T. noch durch den Pegida-Anwalt Jens Lorek vertreten, sie wechselte offenbar kurzfristig zu Keiler. Für die Verhandlung wurden zunächst 25 Sitzungstage bis Anfang Januar 2021 angesetzt. (↪ Dresden Nazifrei, 12.09.)

AfD rundherum

Die AfD-Landtagsfraktion Brandenburg wird erst Ende September einen neuen Vorsitzenden wählen, der dann die Nachfolge des Neonazis Andreas Kalbitz antreten kann. Gute Chancen werden Christoph Berndt zugerechnet, er ist ein Anhänger des verfassungsfeindlichen Flügels und Anführer des Vereins „Zukunft Heimat“, der ebenfalls durch den Verfassungsschutz beobachtet wird. Berndt hatte in der Vorwoche angekündigt, zu kandidieren. Zu einer zunächst für diese Woche geplanten Wahl kam aber nicht. Offen ist immer noch, ob sich Dennis Hohloch ebenfalls um den Posten bewerben wird. Er ist parlamentarischer Geschäftsführer der Fraktion und hatte Kalbitz zuletzt vertreten. Dann fiel Hohloch allerdings aus, durch einen angeblich freundschaftlich gemeinten Schlag hatte Kalbitz ihm schwere innere Verletzungen zugefügt, Diagnose: Milzriss. (↪ RBB, 06.09.)


Der Machtkampf in der AfD geht nach dem Ausschluss des Neonazis Andreas Kalbitz in die Verlängerung. Streitpunkt ist nun der Umgang mit Dubravko Mandic, der für die AfD im Stadtrat des baden-württembergischen Freiburg sitzt, sich nachdrücklich für Kalbitz eingesetzt und wiederholt den Parteivorsitzenden Jörg Meuthen attackiert hat. So verbreitete er unter anderem ein Video, in dem Meuthens Sarg zu Grabe getragen wird. Ordnungsmaßnahmen wegen weiterer Vorfälle werden gegen den Kommunalpolitiker schon länger vorbereitet. Um ein Parteiausschlussverfahren begründen zu können, gab der Vorstand der Landespartei in Baden-Württemberg, angeführt durch Alice Weidel, ein Gutachten in Auftrag. Darin heißt es nun, Mandic sei ein „wirkmächtiger Exponent einer schon mit der Gründung der Partei in die AfD eingesickerten Gruppe, deren Ziele ganz andere sind als die in Satzung und Programm niedergelegten“. Er und einige Gefolgsleute würden eine „existenzielle Gefahr“ für die Partei darstellen. Dennoch wurde der Landesvorstand bislang nicht aktiv. Am vergangenen Wochenende wandte sich Meuthen daher mit einer E-Mail an den Landesverband, in dem er selbst Mitglied ist, und an sämtliche Kreisverbände. Meuthen unterstellte dabei, dass die Einleitung eines Ausschlussverfahrens absichtlich herausgezögert werde. Hintergrund ist offenbar ein anstehender Landesparteitag, für den es noch keinen Termin gibt, bei dem aber zügig die Landesliste zur kommenden Bundestagswahl aufgestellt werden soll. Alice Weidel will Spitzenkandidatin werden, möglicherweise aber auch Jörg Meuthen. Er beruft sich auf Informationen, nach denen erst nach der Listenaufstellung gegen Mandic eingeschritten werden soll – damit sich Weidel Stimmen aus dem Rechtsaußen-Lager sichern kann. Der Landesvorstand reagierte inzwischen ungehalten auf Meuthens Schreiben: „Die im Landesvorstand für den Geschäftsbereich Rechtssachen zuständigen Kollegen benötigen keine Unterstützung von Dritten.“ Die Vorwürfe weist man zurück, unterstellt dem Parteichef stattdessen, eine „Schmutzkampagne“ zu führen. Meuthen hält an seiner Darstellung fest. Offenbar erwägt der Bundesvorstand nun, die Sache zu beschleunigen und selbst gegen Mandic vorzugehen. (↪ Business Insider, 06.09., ↪ RND, 07.09., ↪ Badische Zeitung, 07.09., ↪ Tagesschau, 08.09., ↪ Welt, 09.09.)


Die baden-württembergische AfD wird mit insgesamt 25 Listenkandidat*innen an der Landtagswahl im März kommenden Jahres teilnehmen. Das ist das Ergebnis eines Parteitags, der bereits am vergangenen Wochenende in Idar-Oberstein stattfand und bis in die Nacht zum Montag andauerte. Zum Spitzenkandidaten wurde der AfD-Landesvorsitzende Michael Frisch gewählt. (↪ Süddeutsche, 07.09.)


Der brandenburgische Verfassungsschutz hat in seinem Jahresbericht für 2019, der am Montag vorgestellt wurde, erstmals über Strukturen der AfD berichtet. Demnach verfügt der völkisch-nationalistische Flügel in dem Bundesland über rund 640 Anhänger*innen, die Nachwuchsorganisation Junge Alternative über 30. Damit steigt die Zahl der Mitglieder als „rechtsextremistisch“ eingestufter Parteien auf einen neuen Höchstwert. (↪ Tagesspiegel, 07.09., ↪ RBB, 07.09.)


Dem brandenburgischen Verein „Zukunft Heimat“ um den AfD-Landtagsabgeordneten Christoph Berndt droht ein Verbot. Das wurde anlässlich der Vorstellung des Jahresberichts des brandenburgischen Verfassungsschutzes bekannt. Die Behörde beobachtet den Verein, der rassistische Protestveranstaltungen organisiert, offiziell seit Anfang des Jahres. Innenminister Michael Stübgen (CDU) bezeichnete diesen Schritt als „letzte Stufe vor einem Verbotsverfahren“. Er könne nicht ausschließen, dass ein solches Verfahren angestrebt wird, sagte er weiter. Inzwischen befassen sich die Behörden auch mit einem neu gegründeten und ebenfalls in Cottbus ansässigen Verein namens „Bürger für Bürgerrechte“. Dort engagieren sich führende Mitglieder des AfD-Landesverbands – möglicherweise handelt es sich bereits um eine Ausweichorganisation für „Zukunft Heimat“. (↪ LR, 07.09.)


Der Landesvorstand der AfD Sachsen-Anhalt hat den Präsidenten des Landesschiedsgerichts Peter Günther verwarnt. Es handelt sich um eine milde Ordnungsmaßnahme ohne weitere Folgen. Anlass war ein Bericht des Nachrichtenmagazins Spiegel, wonach Günther bei Facebook antisemitische Verschwörungstheorien verbreitet. Der Kreisverband Magdbeurg hatte Günther dazu angehört und daraufhin die Einleitung eines Parteiausschlussverfahrens gefordert, weil er der AfD „vorsätzlich schweren Schaden“ zugefügt haben soll. (↪ Spiegel, 08.09.)


Der Streit in der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus reicht länger zurück als bisher bekannt war. Zuletzt hatte sich die Fraktion wegen Finanz- und Personalfragen entzweit, Abgeordnete reden teils nur noch durch Anwält*innen miteinander und drohen sich mit Klagen. Recherchen der Berliner Morgenpost erhellen jetzt die Hintergründe. Demnach soll der inzwischen entlassene Fraktionsgeschäftsführer Andreas Einfinger bereits im Herbst 2019 gemeinsam mit einigen weit rechts stehenden Fraktionsmitgliedern eine „kleine vertrauliche Gruppe“ gebildet haben, die sich selbst als „innerer Zirkel“ bezeichnete. Langfristiges Ziel war es, den vergleichsweise gemäßigten Fraktionsvorsitzenden Georg Pazderski und einige seiner Getreuen zu entmachten. Dafür wurde offenbar ein Gutachten über die Rechnungsführung der Fraktion gezielt manipuliert, um öffentlichkeitswirksam Vorwürfe gegen die Fraktionsspitze erheben zu können. (↪ Berliner Morgenpost, 09.09.)


Die niedersächsische AfD geht juristisch gegen die Beobachtung von Teilen der Partei durch das dortige Landesamt für Verfassungsschutz vor. Wie der Landesvorstand mitteilte, habe man eine Klage beim zuständigen Verwaltungsgericht in Hannover eingereicht. Angreifen will die Partei insbesondere die Einstufung des völkisch-nationalistischen Flügels als offizielles Beobachtungsobjekt in Niedersachsen, wo man – wie in allen weiteren Bundesländern – einer entsprechenden Einstufung durch das Bundesamt für Verfassungsschutz gefolgt ist. Die Partei spricht von einer „Rufmord-Kampagne“ und verweist darauf, dass sich der Flügel aufgelöst habe. Behörden bezweifeln das jedoch. In den vergangenen Monaten hatten unter anderem auch die AfD-Landesverbände in Thüringen und Brandenburg angekündigt, gegen die Beobachtung zu klagen. (↪ Welt, 09.09.)


Im sachsen-anhaltischen Burgenlandkreis sind vier Ratsmitglieder aus der AfD-Kreistagsfraktion ausgetreten. Es handelt sich um Ulrich Aubele, Matthias Sanftleben sowie André Worms und Kerstin Worms. Das Quartett will in der Partei verbleiben und eine neue Fraktion gründen. Die ursprüngliche AfD-Fraktion wird dadurch entscheidend geschwächt, sie war im vergangenen Jahr mit zunächst neun Mitgliedern zweistärkste Kraft im Kreistag geworden. Bereits im Juli trat Danny Schilling aus, er verließ auch die Partei. Die neuen Abtrünnigen kritisieren gemeinsam die Arbeit der Kreis- und Fraktionsvorsitzenden Lydia Funke, die auch im sachsen-anhaltischen Landtag sitzt. Dabei ist die Rede von „mafiösen Strukturen“. Einer der Vorwürfe: Im Kreis würden Anhänger*innen des Ex-AfD-Funktionärs André Poggenburg weiterhin wichtige Posten besetzen. (↪ MZ, 09.09.)


Teile der AfD haben offenbar einen bekannten Neonazi-Treffpunkt im thüringischen Ilfeld genutzt. Es handelt es sich um das sogenannte Hufhaus, das seit langem ein berüchtigter Anlaufpunkt der rassistischen „Artgemeinschaft“ ist. Wie jetzt bekannt wurde, traf sich dort im Oktober 2019 der AfD-Arbeitskreis „Christen in der AfD“ zu einer Seminarveranstaltung. (↪ BNR, 09.09.)


Für einen Eklat haben Bundestagsabgeordnete der AfD am Mittwoch gesorgt, als das Parlament mehreren persönlich anwesenden Polizeibeamt*innen dankte, die sich in Unterzahl extrem rechten Protestierenden auf der Treppe des Reichstagsgebäudes entgegengestellt hatten („Reichstagssturm“). Dafür gab es langanhaltenden Applaus, Abgeordnete erhoben sich von ihren Plätzen – nur nicht jene der AfD. Andere Fraktionen und unter anderem auch die Gewerkschaft der Polizei (GdP) kritisierten den Boykott. Die AfD habe dadurch ihre Geringschätzung gegenüber der Polizei offenbart, sagte der stellvertretende GdP-Vorsitzende Jörg Radek. Die AfD-Fraktion verteidigte sich gegen die Vorwürfe: Der Parlamentarische Geschäftsführer Götz Frömming behauptete, man sei nicht informiert gewesen, dass das Thema zur Sprache kommen und Beamt*innen anwesend sein würden. Der AfD-Innenpolitiker Martin Hess nannte die Ehrung eine „reine Show-Veranstaltung“, die dazu gedient habe, „Gegner der überzogenen Corona-Maßnahmen mit Extremisten in einen Topf zu werfen und von der fatalen Polizeipolitik der Bundesregierung abzulenken“. Man habe es daher „nicht nötig, uns der heuchlerischen und letztlich respektlosen Symbolpolitik der Regierungsparteien anzuschließen“. Der innenpolitische Sprecher Gottfried Curio kritisierte zudem die mediale und politische Empörung über die Reichsbürger-Randale vor dem Parlament, sprach von einer „Treppen-Selfie-Truppe“. Bei der Aktion habe es keine Sachschäden gegeben, es handle sich daher nur um einen „Sturm im Wasserglas“. (↪ RND, 09.09., ↪ Tagesspiegel, 10.09., ↪ Welt, 10.09., ↪ Tagesschau, 10.09.)


Das Landesschiedsgericht der AfD in Hannover hat den Bundestagsabgeordneten Frank Magnitz, der auch Mitglied der Bremischen Bürgerschaft ist, für ein Jahr für alle Ämter in der Partei gesperrt. Das Parteigericht folgte damit teilweise einer Entscheidung des Bundesvorstands, das Ordnungsmaßnahmen gegen den 68-Jährigen beschlossen hatte und zunächst eine zweijährige Sperre verhängen wollte. Die Parteispitze wirft Magnitz vor, entgegen einer ausdrücklichen Zusage an seinem Doppelmandat festzuhalten, statt einen der Parlamentssitze aufzugeben. Zudem soll er die Fraktionsgemeinschaft in Bremen gespalten haben, als er sie vor rund einem Jahr gemeinsam mit zwei weiteren Abgeordneten verließ und dafür sorgte, dass die AfD in der Bürgerschaft ihren Fraktionsstatus verliert. Vorwürfe, sich parteischädigend verhalten zu haben, weist Magnitz zurück. Ihn interessiere das Schiedsgerichtsurteil „nur peripher“, er wolle sich nun an das Bundesschiedsgericht wenden und notfalls auch vor einem staatlichen Gericht klagen. Die Ämtersperre könnte ihn bei der Aufstellung von Kandidat*innen zur Bundestagswahl im kommenden Jahr behindern, falls er erneut antreten will. (↪ t-online.de, 10.09., ↪ buten un binnen, 10.09.)


Die AfD-Fraktion im Stadtrat des sachsen-anhaltischen Merseburg hat das Ratsmitglied Michael Gläsel ausgeschlossen. Damit verfügt die Fraktion künftig nur noch über acht Mitglieder. Grund der Trennung ist, dass Gläsel bereits seit längerer Zeit nicht erreichbar sein soll. Er nahm, seitdem er im vergangenen Jahr in den Stadtrat eingezogen war, lediglich an einer einzigen Ratssitzung teil. Das Gremium prüft inzwischen die Einleitung eines Ordnungswidrigkeitsverfahren. Bekannt ist, dass Gläsel bereits im Mai 2020 aus der AfD ausgetreten ist, zudem soll er mündlich angekündigt haben, sein Mandat niederzulegen. Das ist bislang aber nicht geschehen, so dass er bis auf Weiteres partei- und nunmehr auch fraktionsloses Ratsmitglied bleibt. (↪ MZ, 10.09.)


Auf Druck der AfD hat die Bundesregierung die Mitschrift einer Pressekonferenz gelöscht, die Kanzlerin Angela Merkel im Februar in Südafrika gegeben hatte und deren Wortlaut zuletzt noch auf mehreren Websites der Bundesregierung nachzulesen war. Merkel hatte damals mit deutlichen Worten zur Kemmerich-Affäre Stellung genommen: „Die Wahl dieses Ministerpräsidenten war ein einzigartiger Vorgang, der mit einem Grundsatz gebrochen hat, nämlich, dass keine Mehrheiten mit der AfD gebildet werden.“ Die Wahl des FDP-Politikers Thomas Kemmerich zum Ministerpräsidenten in Thüringen durch Stimmen von CDU und AfD nannte sie „unverzeihlich“. Dagegen wandte sich die AfD mit Eilanträgen an das Bundesverfassungsgericht, über die noch nicht entschieden wurde. Die Partei beklagt, dass durch die Veröffentlichung des Wortlauts staatliche Ressourcen in unzulässiger Weise für den politischen Meinungskampf eingesetzt werden. In einem ähnlichen Fall hatte die AfD Recht bekommen: Auf der Website des Innenministeriums wurde ein Interview wiedergegeben, in dem Horst Seehofer die Partei als „staatszersetzend“ bezeichnet hatte. Die Äußerung an sich bewertete das Verfassungsgericht als zulässig, jedoch nicht die Veröffentlichung über amtliche Kanäle. (↪ RND, 11.09., ↪ Spiegel, 11.09.)


Mit einem perfiden Facebook-Beitrag hat die aus Berlin stammende AfD-Bundestagsabgeordnete Birgit Malsack-Winkelmann versucht, den Tod eines 13-jährigen Mädchens mit dem Tragen eines Mund-Nase-Schutzes in Verbindung zu bringen. Das Kind war in der Pfalz in einem Schulbus kollabiert und später im Krankenhaus gestorben. Gesicherte Erkenntnisse zur Todesursache liegen noch nicht vor. Trotzdem kommentierte die Abgeordnete ein Foto des Kindes auf Facebook mit dem Text „Erstes Todesopfer durch Maske?“ und „Schluss mit dem Irrsinn“. Daran regte sich sogar Kritik aus der eigenen Partei. Malsack-Winkelmann hält an ihrer Darstellung fest, sie habe „nichts behauptet, sondern nur eine Frage gestellt“, erklärte sie auf Medienanfrage. (↪ t-online.de, 11.09.)


Der sachsen-anhaltische Bundestagsabgeordnete Frank Pasemann ist offenbar Urheber der Flügel-nahen Website „Alternative Basis“, auf der seit Juni namhafte Mandats- und Fraktionsträger*innen der AfD verunglimpft wurden. Nach Recherchen der Welt ist Pasemann Inhaber der Domain, unter der inzwischen keine Inhalte mehr abgerufen werden können. Über einen Anwalt ließ Pasemann erklären, dass er der „ursprüngliche Käufer“ der Domain, jedoch nicht Betreiber der zugehörigen Website gewesen sei. Von den publizierten Inhalten habe er angeblich „keine Kenntnis erlangt“. Die anonym betriebene Website nebst einem zugehörigen Facebook-Profil war nach der vorgeblichen Auflösung des Flügels aufgetaucht und durch Björn Höcke zur Lektüre empfohlen worden. Pasemann galt als einer der führenden Köpfe der völkisch-nationalistischen Strömung. Kürzlich wurde er durch das Landesschiedsgericht der sachsen-anhaltischen AfD aus der Partei ausgeschlossen, weil er an der möglicherweise rechtswidrigen Finanzierung des Flügels mitgewirkt, seinen Mandatsträgerbeitrag nicht entrichtet und einen antisemitischen Tweet veröffentlicht haben soll. Gegen das Urteil ist eine Berufung zum Bundesschiedsgericht möglich. Unklar ist, ob Pasemann diesen Weg beschreitet. Sollte das Urteil rechtskräftigen Bestand haben, kann er nicht mehr Mitglied der AfD-Bundestagsfraktion sein. (↪ Welt v. 12.09., S. 5)


Der Bundestagsabgeordnete Jens Kestner ist neuer Vorsitzender des AfD-Landesverbandes in Niedersachsen. Das ist das Ergebnis eines zweitätigen Parteitags, der am Samstag im Millenium Event Center in Braunschweig begann und am Sonntag noch anhielt. Der 48-jährige setzte sich in einer Stichwahl mit den Stimmen von rund 52 Prozent der mehr als 500 angereisten Delegierten gegen Dana Guth durch, die zweieinhalb Jahre lang Landeschefin war und es bleiben wollte. Gegen sie traten noch drei weitere Bewerber an. Der siegreiche Kestner gilt als Anhänger des verfassungsfeindlichen Flügels. Zum Beginn des Treffens hielten die beiden AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen und Tino Chrupalla Grußworte. Es war der erste gemeinsame öffentliche Auftritt der zerstrittenen Doppelspitze seit längerer Zeit. Wie der NDR beobachtete, soll dabei Chrupalla wesentlich mehr Applaus erhalten haben. Die Ex-Vorsitzende Guth hatte dagegen auf Meuthens Seite gestanden und galt als vergleichsweise gemäßigt. Der Beginn des Parteitags hatte sich verzögert, weil im Umfeld der Tagungsstätte mehrere tausend Menschen gegen das Treffen protestierten. Am Rande wurde bekannt, dass die niedersächsische AfD schrumpft. Seit Ende Mai sind demnach 142 Personen ausgetreten. (↪ NDR, 12.09., ↪ NDR, 12.09., ↪ HAZ, 12.09., ↪ Süddeutsche, 13.09., ↪ NDR, 13.09., ↪ TAZ, 13.09.)

Blauzone

An einer Feierstunde im Sächsischen Landtag zum Jahrestag der Deutschen Einheit werden voraussichtlich nur die Fraktionen von CDU und AfD teilnehmen. Grund ist die Einladung des CDU-Bundestagsabgeordneten Arnold Vaatz als Festredner. Daraufhin sagten die Koalitionsfraktionen von SPD und Grünen sowie die oppositionelle LINKE-Fraktion ihre Teilnahme ab. Grund dafür sind kontroverse Äußerungen des Abgeordneten, der am rechten Rand der Union steht. Er hatte wiederholt Zustände in der Bundesrepublik mit denen in der DDR verglichen und etwa von einem „Diktat der Presse in Deutschland“ gesprochen, das eine „von demokratischen Prinzipien nicht gedeckte Einflussnahme“ auf die Politik darstelle. Zuletzt unterstellte er der Polizei in Berlin, die Zahl von Teilnehmenden an Corona-Protesten manipuliert zu haben: „Die Demo-Zahlen werden wie 1989 absichtlich runtergerechnet“. Landtagspräsident Matthias Rößler (CDU) erklärte, an der Einladung festzuhalten. Vaatz, der sich eine Teilnahme zunächst offengehalten hatte, sagte inzwischen zu. (↪ Sächsische, 08.09., ↪ DNN, 09.09., ↪ DNN, 11.09.)


Die Junge Union im Landkreis Meißen hat den WerteUnion-Aktivisten und ehemaligen Verfassungsschutz-Präsidenten Hans-Georg Maaßen zu einer Diskussionsveranstaltung eingeladen, die am 22. September stattfinden soll. Maaßen soll dann zum Thema „Dürfen Medien lügen?“ vortragen. Im Raum Meißen verfügt die nationalkonservative WerteUnion, die auf eine Öffnung der CDU in Richtung der AfD hinarbeitet, über einen eigenen Kreisverband. Die örtliche Junge Union hat kürzlich den Schüler Robert Ahr zum Vorsitzenden gewählt, der sich diesen Tendenzen offenbar anschließen will. (↪ Sächsische, 11.09.)

Hintergrund

Entgegen ihrer Selbstdarstellung, als Fundamentalopposition gegen die „Altparteien“ anzukämpfen, stimmt die AfD-Fraktion im Bundestag häufig den Anträgen der Regierungsfraktionen zu. Das ist das Ergebnis einer Studie, die im Auftrag der Rosa-Luxemburg-Stiftung gefertigt wurde und die das Abstimmungsverhalten der AfD in ausgewählten Politikfeldern von Mai 2018 bis Juni 2019 untersucht. Wesentliches Ergebnis: In 54 Prozent aller Fälle stimmt die AfD genau so ab wie CDU, CSU und SPD. Bei Anträgen der Koalitionsfraktionen ist das Bild gespalten: Rund der Hälfte der FDP-Vorlagen stimmt die AfD zu, nur bei Anträgen von Grünen und Linken kommt das deutlich seltener vor. (↪ Süddeutsche, 10.09.)