Presseschau, 33. Kalenderwoche 2020

Geschichtsrevisionismus, Austritt in Böhlen, NPD als „Jugendsünde“, Kandidatur in Jöhstadt, Vorermittlungen gegen Schaufel, Zusatzeinkommen für Chrupalla, Brandner vs. Meuthen, AfD-Fraktion ohne AfD-Mitglieder, Antisemitismus, Zuschläge für Kalbitz, Kandidatin der „Identitären“, Krise der Berliner AfD, Volksverhetzung in Solingen, Gefahr aus den eigenen Reihen, Große steht zu Dagen, Dresdner FDP steht zur AfD, Botschafter lehnt Kontakt ab, Verfassungsschutz-Reform. Das war diese Woche wichtig:


In der Presseschau informiert idas jeden Sonntag über lesenswerte Medienberichte und Recherchen rund um die AfD, die im Laufe der Woche erschienen sind.


AfD in Sachsen

Neben antisemitischen und verschwörungsideologischen Inhalten verbreitet der AfD-Kreisverband im Landkreis Leipzig auf seiner Facebook-Seite auch geschichtsrevisionistische Propaganda. Darauf weisen die Ruhrbarone anhand eines Videos hin, das der Verband kürzlich verbreitete und in dem abwegige und unzutreffende Behauptungen über die deutsche Geschichte aufgestellt werden. Der Film stammt von einer Reichsbürger-Gruppierung („Der ewige Bund“) und bestreitet eine deutsche Mitverantwortung für den Ersten Weltkrieg. Deutschland habe Frieden gewollt, der nie eingetreten sei, so dass der „aufgezwungene“ Krieg bis heute andauere. Eine Regierung habe das Land seitdem nicht, stehe vielmehr unter „Fremdverwaltung“. Auch die berüchtigte Dolchstoßlegende, wonach die Sozialdemokratie einen deutschen Sieg vereitelt habe, wird dabei referiert. (↪ Ruhrbarone, 10.08.)


Der bisherige Vorsitzende der AfD-Fraktion im Stadtrat von Böhlen (Landkreis Leipzig), Falk Jahr, ist aus der Partei ausgetreten und hat die Fraktion verlassen. Dem Rat wird er künftig als partei- und fraktionsloses Mitglied angehören. Gründe für diesen Schritt wurden nicht bekannt. Die örtliche AfD-Fraktion schrumpft damit auf drei Mitglieder. Als neuer Vorsitzender wurde Ingo Weitzmann gewählt, sein Stellvertreter ist Harald Hänisch. (↪ LVZ, 12.08.)


Der AfD-Landtagsabgeordnete Sebastian Wippel hat die Zusammenarbeit mit dem ehemaligen NPD-Mitglied Lutz Jankus in Görlitz verteidigt. Kürzlich war bekannt geworden, dass Jankus früher bei der NPD war und er deshalb nicht in die AfD aufgenommen wurde. Trotzdem ist er Vorsitzender der Görlitzer AfD-Stadtratsfraktion geworden. „Das ist für mich unproblematisch“, erklärte dazu Wippel, der Jankus‘ Fraktion angehört, auf Anfrage der Sächsischen Zeitung. Er sprach in dem Zusammenhang von einer „Jugendsünde“ und sehe keinen Grund, sich von Jankus zu distanzieren. Wippel zufolge seien die örtlichen Mitglieder der Partei im vergangenen Jahr im Zuge der Nominierungen zur Kommunalwahl informiert worden, dass ihr Mistreiter nicht der AfD angehört. Offen bleibt, ob auch die Gründe mitgeteilt wurden. Mit ihnen hatte sich der Kreisvorstand im Frühjahr 2018 befasst und sich gegen eine Aufnahme entschieden, der auch die Unvereinbarkeitsliste der AfD entgegensteht. Das Sagen in der Görlitzer AfD hatten damals unter anderem Wippel und der heutige Bundesvorsitzende Tino Chrupalla. Er beantwortete Fragen zum Fall Jankus zuletzt nicht. (↪ Sächsische, 13.08.)


Für die AfD wird Jens Werner Neumann zur Bürgermeister*innenwahl in Jöhstadt (Erzgebirgskreis) antreten. Er kandidiert gegen den parteilosen Amtsinhaber und einen Bewerber der CDU. Die Wahl in der kleinen Landstadt wird am 27. September stattfinden, ein eventuell erforderlicher zweiter Wahlgang am 11. Oktober. Neumann war bereits im vergangenen Jahr in den örtlichen Stadtrat eingezogen – als einziger Kandidat der AfD, die in der Folge einen weiteren Platz in dem Gremium nicht besetzen konnte. (↪ FP, 13.08.)


Die Zwickauer Staatsanwaltschaft hat Vorermittlungen gegen den AfD-Landtagsabgeordneten Frank Schaufel eingeleitet. Geprüft wird, ob im Zusammenhang mit dem Übergriff von Parteimitgliedern auf einen Journalisten Anfang Juli im vogtländischen Plauen (idas berichtete) auch ein strafrechtlicher Anfangsverdacht gegen Schaufel besteht. Er war Organisator der Veranstaltung, bei der mehrere Personen den offenbar unliebsamen Berichterstatter „festgenommen“, verletzt und dessen Ausrüstung beschädigt haben. Die Staatsanwaltschaft prüft insbesondere eine mögliche unterlassene Hilfeleistung: Schaufel war nicht selbst handgreiflich geworden, aber durchgehend vor Ort und damit Zeuge des Angriffs. Er ging nicht dazwischen, erst die Polizei beendete das Vorgehen. Falls sich der Verdacht gegen Schaufel erhärtet, droht ihm die Aufhebung der parlamentarischen Immunität. Eine offizielle Erklärung der AfD zu dem Vorfall liegt bis heute nicht vor. (↪ FP, 15.08.)


Der Co-Vorsitzende der AfD Tino Chrupalla ist der sächsische Bundestagsabgeordnete mit den höchsten Nebenverdiensten. Seit Beginn der Wahlperiode 2017 flossen ihm Bruttoeinkünfte in Höhe von mehr als 400.000 Euro zu – zusätzlich zu den üppigen Diäten. Das Geld stammt aus Chrupallas Malerbetrieb, den er neben seinem Mandat weiter betreibt. (↪ DNN, 15.08.)

AfD rundherum

Der Bundesvorstand der AfD streitet sich weiter über den Umgang mit einer Strafzahlung über 269.400 Euro wegen einer illegalen Spende, die im baden-württembergischen Landtagswahlkampf 2016 zugunsten des AfD-Vorsitzenden Jörg Meuthen geflossen ist. Anfang des Jahres hatte das Verwaltungsgericht Berlin entschieden, dass die Partei zahlen muss. Dagegen legte die AfD keine Rechtsmittel mehr ein, ganz im Sinne Meuthens, der damit einen Schlussstrich unter das leidige Thema ziehen wollte. Seine Kontrahent*innen, insbesondere die Flügel-Kräfte, werten das als Schuldeingeständnis und fordern bereits seit einer Weile, dass er für den Schaden persönlich aufkommt. Nun wurde bekannt, dass der Bundestagsabgeordnete Stephan Brandner, der als Flügel-nah gilt und im Parteivorstand sitzt, dieselbe Forderung bei einer Sitzung des Leitungsgremiums erhoben hat. Darüber berichtet der Spiegel und zitiert aus einem Antrag, den Brander vor einem Monat bei einer Vorstandssitzung einbrachte. Ziel: Eine Aufstellung der Gesamtkosten, die durch die „Spendensache Meuthen“ angefallen sind, und ein Rechtsgutachten unter anderem zu der Frage, ob der Partei „Regressansprüche gegen Jörg Meuthen“ zustehen. Auch eine mögliche straf- und zivilrechtliche Haftung sollte demnach untersucht werden. Der Vorstoß soll zu „erregten Debatten“ geführt und Meuthen gesagt haben, man versuche ihn „fertigzumachen“. Brandner soll den Antrag wieder zurückgezogen haben, offenbar auch auf Wunsch von Alice Weidel. Sie gehört nicht zu Meuthens Lager, ist aber in eine eigene, juristisch noch nicht abschließend geklärte Spendenaffäre verwickelt. Brandner soll nun beabsichtigen, seinen Antrag „in modifizierter Form zu einem späteren Zeitpunkt erneut einzubringen“. (↪ Spiegel, 09.08.)


Der AfD-Fraktion in der Stadtverordnetenversammlung der brandenburgischen Kleinstadt Jüterbog gehören keine Parteimitglieder mehr an. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist der Fraktionsvorsitzende Chris Kaplick bereits im Oktober vergangenen Jahres aus der AfD ausgetreten, weil sie sich seiner Ansicht nach „in eine falsche Richtung entwickelt“ habe. Sein Kollege Max Theilemann folgte im März, weil er nach eigenen Angaben unzufrieden mit dem Parteiensystem sei. Das dritte Fraktionsmitglied, Lutz Krüger, war offenbar nie AfD-Mitglied. Die drei Kommunalpolitiker wollen jedoch weiter als AfD-Fraktion im Rat tätig bleiben, „schließlich haben wir uns dafür wählen lassen“, erklärte Kaplick. Er war bis Herbst Mitarbeiter der brandenburgischen AfD-Landtagsabgeordneten Birgit Bessin. Thielemann war bislang außerdem Vorsitzender der AfD-Ortsgruppe Jüterbog. Diese soll es weiter geben, sie hat derzeit aber keinen Vorstand. In den vergangenen Wochen war es zu einer ganzen Reihe von Austritten von AfD-Kommunalpolitiker*innen in Brandenburg gekommen, offenbar ein Symptom der Machtkämpfe innerhalb der Partei. (↪ MAZ, 10.08.)


In Teilen der AfD werden unverhohlen judenfeindliche Positionen vertreten. Zu diesem Schluss kommt das Bundesamt für Verfassungsschutz, das erstmals einen Lagebericht zum Antisemitismus veröffentlicht hat. Verschwörungstheorien, die sich auf antisemitische Chiffren stützen, seien insbesondere ein „Bestandteil der gesamten politischen Programmatik“ des vorgeblich aufgelösten Flügels der Partei. Einzelne Vertreter*innen würden sich zudem „antisemitischer Versatzstücke“ bedienen und sich mit Judenhassern wie dem Ex-AfD-Politiker Wolfgang Gedeon solidarisieren. Besonders hingewiesen wird auf Aussagen des thüringischen Landes- und Fraktionschefs Björn Höcke. Ihm werden zahlreiche Statements zugeschrieben, die dem Narrativ einer „jüdischen Weltverschwörung“ entsprechen. (↪ Tagesschau, 10.08., ↪ Welt, 10.08., ↪ BNR, 12.08.)


Der ehemalige AfD-Politiker Andreas Kalbitz erhält für diesen Monat die vollen Bezüge für seine Funktion als Vorsitzender der AfD-Landtagsfraktion – obwohl er das Amt seit 4. August ruhen lässt. Die zuständige Landtagsverwaltung bestätigte, dass die Extra-Bezüge bereits überwiesen wurden. Kalbitz erhält demnach neben seiner regulären Abgeordnetendiät (8608 Euro) eine Amtszulage (6025 Euro) und erhöhte Versorgungsbezüge (3156 Euro). Die AfD-Fraktion hatte beschlossen, dass Kalbitz vorläufig nicht mehr als Vorsitzender fungiert, bis das Landgericht Berlin über einen Eilantrag entscheidet, der dem Neonazi den Weg zurück in die Partei ebnen soll. Die mündliche Verhandlung wird am kommenden Freitag stattfinden. Im Zusammenhang mit der Annullierung seiner Mitgliedschaft hatte Kalbitz den Fraktionsvorsitz bereits im Mai und Juni ruhen lassen, aber auch damals den vollen Zuschlag erhalten. Grund: Er ist weder formell zurückgetreten, noch wurde der Posten neu besetzt. Offenbar herrscht bei der Landtagsverwaltung Unklarheit, was genau es bedeutet, dass er sein Amt „ruhen lässt“. (↪ RBB, 11.08.)


Die nordrhein-westfälische AfD hat eine Anhängerin der verfassungsfeindlichen Identitären Bewegung (IB) als Kommunalwahl-Kandidatin aufgestellt. Es handelt sich um Reinhild Boßdorf, die als Direktkandidatin des AfD-Verbandes Rhein-Sieg-Kreis in Königswinter antreten will. Boßdorf nahm zurückliegend an IB-Treffen teil und beteiligte sich an der Kampagne „120db“, zudem war sie mitverantwortlich für einen Aufmarsch der Gruppierung. Ihre Mutter Irmhild Boßdorf ist stellvertretende AfD-Sprecherin in Königswinter, sitzt im Kreisvorstand und arbeitet für den AfD-Bundestagsabgeordneten und NRW-Landesvorsitzenden Rüdiger Lucassen. (↪ BNR, 11.08.)


Die Krise der Berliner AfD verschärft sich: Am Dienstag ist die stellvertretende Vorsitzende der AfD-Fraktion im Berliner Abgeordnetenhaus, Kristin Brinker, zurückgetreten. „Der Fraktionsvorstand hat aus meiner Sicht ein erhebliches Problem im Umgang mit den Fraktionsfinanzen“, teilte sie dazu mit. „Hinzu kommt ein fataler Umgang mit Fraktionsmitarbeitern.“ Brinker hatte bereits zuvor gemeinsam mit weiteren AfD-Abgeordneten die Vorstandsarbeit unter Georg Pazderski offen kritisiert und von einem „Klima des Misstrauens und der Destruktivität“ gesprochen. Damals war sogar eine Spaltung der Fraktion befürchtet worden, mehrere Mitarbeiter*innen wurden entlassen oder gingen freiwillig. Hintergrund sind finanzielle Unregelmäßigkeiten sowie verschiedene Vorwürfe gegen Pazderski, die teils als eine Art Stellvertreterkrieg verstanden werden: Der Fraktionschef ist ein Unterstützer des AfD-Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen. Tatsächlich drohen der Berliner Fraktion wegen einer mutmaßlich unzureichenden Buchhaltung kostspielige Rückforderungen. Zu diesem Ergebnis kommt ein externes Wirtschaftsgutachten. Dieses sei jedoch „gezielt manipuliert“ worden, behauptet Pazderski – dem zufolge Brinker davon gewusst habe. (↪ RBB, 12.08., ↪ Tagesspiegel, 12.08., ↪ Süddeutsche, 13.08., ↪ Tagesspiegel, 13.08.)


Wegen des Verdachts der Volksverhetzung ermittelt die Staatsanwaltschaft im nordrhein-westfälischen Wuppertal gegen den AfD-Kreisverband Solingen. Grund ist ein rassistischer Beitrag auf der Facebook-Seite des Verbaneds, in dem abgelehnte Asylsuchende mit Hausmüll verglichen wurden. Sinngemäß hieß es, dass man Müll besser „entsorge“ statt zu diskutieren, wie man den Gestank ertragen könne. Eingebettet waren die Ausführungen in den Vorschlag der Partei, Asylsuchende abzuschieben und stattdessen ein Krankenhaus zu finanzieren. Die Solinger AfD gilt als Flügel-nah. (↪ RP, 13.08.)


Der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen sorgt sich offenbar vor Übergriffen aus den eigenen Reihen. Am Mittwoch verhandelte das Landgericht im baden-württembergischen Freiburg einen Eilantrag, mit dem es Meuthen einem örtlichen Mitglied untersagen wollte, eine in Parteikreisen verbreitete E-Mail weiterhin in Umlauf zu bringen. Die Mail setzt sich mit der Parteispendenaffäre des Vorsitzenden auseinander, in einem angehangenen Dokument ist seine Privatadresse enthalten. Meuthen müsse bereits „rund um die Uhr bewacht“ werden, erläuterte seine Anwältin Martina Böswald vor Gericht, die weitere Verbreitung erhöhe die Gefahr. Das beklagte AfD-Mitglied wurde durch Dubravko Mandic vertreten, der für die Partei im Freiburger Stadtrat sitzt und als profilierter Gegner Meuthens gilt. Die Verhandlung endete mit einem Vergleich: Das beklagte Mitglied verpflichtete sich, die strittige E-Mail nicht weiter zu verbreiten. (↪ Badische, 13.08.)

Blauzone

Der ehemalige Landesvorsitzende der Freien Wähler in Sachsen, Steffen Große, hat Vorwürfe bestritten, wonach es in seiner Partei ein „rechtsextremes Netzwerk“ gäbe. Es handle sich dabei um „Unterstellungen von politischen Gegnern“, erklärte Große, der in einem Interview mit der Sächsischen Zeitung erstmals ausführlicher Stellung nahm. Der Bundesvorstand seiner Partei hatte ihn Anfang Juli überraschend des Amtes enthoben, weil er „Verbindungen und Überschneidungen mit dem rechtsextremen Milieu“ in Kauf genommen haben soll. „Das weise ich klar und deutlich zurück“, sagte er dazu, will unter Verweis auf das laufende Schiedsverfahren jedoch keine Angaben zu Details machen. Ziel sei es aber, seine Partei, die „liberal-konservativ“ ausgerichtet sei, aus dem Dresdner Stadtrat zu drängen. Angaben, wonach sich die Bundespartei unter anderem daran störe, dass im vergangenen Jahr Susanne Dagen für die Freien Wähler in den Stadtrat einzog, wollte Große nicht bestätigen. Die Buchhändlerin Dagen gehört dem neurechten Spektrum an und trat kürzlich gemeinsam mit Martin Sellner auf, einem der Anführer der verfassungsfeindlichen Identitären Bewegung. Dies sei bereits Thema im Vorstand gewesen, sagte Große, und werde „nach der Sommerpause erneut thematisiert“. Auf die Frage, wie er den Vorgang bewertet, wich er aus: „Ich weiß dazu zu wenig. Wir werden darüber reden. Für mich ist aber eines unstrittig: Susanne Dagen ist eine konservative Intellektuelle. Punkt.“ (↪ Sächsische, 11.08.)


Der Dresdner FDP-Vorsitzende Holger Hase hat angekündigt, im Stadtrat der Landeshauptstadt auch künftig bestimmten AfD-Vorhaben zuzustimmen. „Man kann bei Sachthemen mit der AfD abstimmen“, sagte er der Sächsischen Zeitung. Mitunter handle es sich bei AfD-Vorstößen um „alte FDP-Anträge“, es wäre demnach „unsinnig, dagegen zu stimmen“. Eine „klare Grenze“ gäbe es erst, wenn es um die „gesellschaftliche Anschauung“ geht und beispielsweise die Kunstfreiheit angegriffen wird. (↪ Sächsische, 14.08.)

Stimme & Haltung

Jeremy Issacharoff, israelischer Botschafter in Deutschland, lehnt „jeden Kontakt mit der AfD ab“. Das sagte er in einem Interview mit der Berliner Zeitung. Die Partei trage mit ihrer Rhetorik „zu einem aggressiveren Klima“ in der Gesellschaft bei, „Leute berufen sich auf die Sprüche der AfD und verüben Gewalttaten“. Issacharoff kritisiert insbesondere die Geschichtspolitik der AfD, die teils darauf abziele, das Gedenken an die Shoah nicht mehr zu respektieren und Verbrechen kleinzureden. „Es scheint eine Nostalgie für die Nazi-Vergangenheit zu geben“, sagte er. In Bezug auf den israelischen Staat stelle sich die Partei mitunter „als Freund“ dar, allerdings in der Absicht, eigene „antisemitische Tendenzen zu vertuschen.“ (↪ Berliner Zeitung, 15.08.)

Hintergrund

Die sächsischen Landesparteien haben unterschiedlich auf den Vorschlag des Innenministers Roland Wöller (CDU) reagiert, das Verfassungsschutzgesetz zu ändern. Seinem Vorschlag zufolge soll es dem Landesamt für Verfassungsschutz künftig ausdrücklich erlaubt werden, auch über sogenannte Verdachtsfälle öffentlich zu berichten. Der Koalitionspartner SPD begrüßte den Vorstoß, fordert jedoch eine Reihe weiterer Reformen. Die ebenfalls mitregierenden Grünen sind hingegen skeptisch, wollen stattdessen eine stärkere Kontrolle der Behörde. Die Linksfraktion hält das LfV für nicht reformierbar und will ihm keine zusätzlichen Befugnisse einräumen. Absehbar war die Reaktion der AfD: „Innenminister Wöller will der AfD schaden“, heißt es in einer Pressemitteilung. Anders als in den Nachbarbundesländern Thüringen und Brandenburg dürfte in Sachsen derzeit nicht mitgeteilt oder bestätigt werden, falls der AfD-Landesverband zu einem Verdachtsfall erklärt wird und damit der nachrichtendienstlichen Überwachung unterliegt. Dieser Schritt wird seit längerer Zeit erwartet, die AfD rechnet nach eigenen Angaben bereits damit. (↪ MDR, 11.08.)