Presseschau, 48. Kalenderwoche 2020

Sanktionen für Störer, Foto mit Rennicke, Ermittlungen gegen Hilse, unzufrieden mit Zwerg, China-Lobbyist Krah, Zabel hat ausgesagt, Termin für Kalbitz, Brodehl berichtet über Antisemitismus, Klage gegen Strafzahlung, 100 Kilo Kokain, Huber und Hildmann, Lützow vor Gericht, Höcke verliert Immunität, Auto-Angreifer aus der rechten Szene, Gauland will kandidieren, Gefahr für die Demokratie, V-Leute in der AfD. Das war letzte Woche wichtig:


In der Presseschau informiert idas jeden Sonntag über lesenswerte Medienberichte und Recherchen rund um die AfD, die im Laufe der Woche erschienen sind.


Hausmitteilung: Wegen unserer Live-Berichterstattung zum AfD-Bundesparteitag erscheint diese Presseschau-Ausgabe mit Verzögerung. Wir bitten um Verständnis.


Top Stories

Nach Störaktionen im Bundestag durch Gäste von AfD-Abgeordneten wurden erste Konsequenzen gezogen. So hat die AfD-Fraktion ein vorübergehendes Redeverbot gegen Petr Bystron und Udo Hemmelgarn verhangen. Die beiden Parlamentarier, denen der Fraktionsvorstand „fraktionsschädigendes Verhalten“ vorwirft, sollen demnach bis Ende Februar keine Plenarreden mehr halten. Bei weiteren Verstößen droht ihnen eine Abwahl aus Ausschüssen. Innerhalb der Fraktion sollen die Sanktionen auf breite Zustimmung gestoßen sein. Bystron und Hemmelgarn gehören indes nicht zu den häufigen Plenarrednern. Bei Bundestagspräsident Wolfgang Schäuble sollen sie sich inzwischen schriftlich dafür entschuldigt haben, dass mehrere Personen, denen sie Zugang zum Parlamentsgebäude ermöglicht hatten, andere Abgeordnete bedrängten. Da diese auf Anzeigen verzichten, wird es keine strafrechtlichen Konsequenzen geben. Gegen vier der namentlich bekannten Störer*innen werden jedoch Hausverbote und Bußgelder verhängt, die Höhe der Strafzahlungen wird derzeit noch geprüft.

Zudem wird erwogen, der früheren SPD-Bundestagsabgeordneten Angelika Barbe den Hausausweis zu entziehen. Barbe, die heute im Kuratorium der AfD-nahen Desiderius-Erasmus-Stiftung sitzt, hatte in der Lobby des Reichstagsgebäudes Flugblätter verteilt und dafür agitiert, die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes abzulehnen. Inzwischen befasst sich der AfD-Bundesvorstand mit den Vorgängen, dort fürchtet man negative Auswirkungen auf die anstehende Entscheidung des Bundesamtes für Verfassungsschutz zur möglichen Beobachtung der Gesamtpartei. Die verantwortlichen Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland und Alice Weidel sind zudem Gegenspieler*innen des Parteichefs Jörg Meuthen. Rüdiger Lucassen, Verbündeter Meuthens und Vorsitzender des NRW-Landesverbandes, fordert inzwischen, dass die Bundespartei „regulierend“ eingreift. (↪ Tagesschau, 24.11., ↪ SZ, 24.11., ↪ RND, 25.11., ↪ RND, 25.11., ↪ Business Insider, 25.11., ↪ Welt, 25.11.)


Der Hamburger AfD-Fraktionschef Alexander Wolf, der auch im Bundesvorstand der Partei sitzt und dort als wichtiger Unterstützer des Vorsitzenden Jörg Meuthen gilt, hat eine Veranstaltung mit dem neonazistischen Musiker Frank Rennicke besucht. Fotos, die Wolf und Rennicke zeigen, wurden der Parteispitze offenbar anonym zugespielt. Aufgenommen wurden sie vor rund zehn Jahren bei einem Liederabend der Hamburger Burschenschaft Germania, die inzwischen als „rechtsextrem“ eingestuft wurde. Nach Angaben des Redaktionsnetzwerk Deutschland befasste sich der Bundesvorstand kurz vor dem Kalkaer Parteitag mit dem Vorgang, Wolf musste demnach schriftlich Stellung nehmen. Auf Mediennachfragen erklärte er, Rennicke sei ein „Überraschungsgast“ gewesen, dessen Bezüge zur NPD er nicht gekannt habe. „Ich habe mir einige Lieder angehört, habe aber dann den Abend vorzeitig verlassen.“ (↪ RND, 28.11.)

AfD in Sachsen

Gegen den sächsischen AfD-Bundestagsabgeordneten Karsten Hilse ermittelt die Berliner Polizei wegen des Verdachts der Fälschung von Gesundheitszeugnissen und des Widerstands gegen Vollstreckungsbeamte. Verschiedenen Medien wurde bestätigt, dass ein entsprechendes Verfahren eingeleitet wurde, nachdem Hilse in der Vorwoche in Berlin am Rande sogenannter Corona-Proteste vorübergehend festgenommen wurde. Zuvor war er kontrolliert worden, da er keinen Mund-Nase-Schutz trug. Stattdessen präsentierte er ein „Attest“, dass ihn angeblich von dieser Pflicht befreit. Über den Vorfall berichtete unter anderem idas. Die aktuellen Angaben der Polizei bekräftigen auch den Verdacht, dass der Abgeordnete den Vorfall bewusst provoziert haben könnte. So war er zunächst kooperativ, begann sich aber zu widersetzen, nachdem er einen Begleiter aufgefordert hatte, die Kontrolle zu filmen. Gegenüber der Sächsischen Zeitung besteht Hilse darauf, dass sein Attest authentisch sei. Angaben dazu, welches Krankheitsbild zugrunde liegt, macht er jedoch nicht. Auch nicht dazu, wie sich das Attest mit der Tatsache verträgt, dass er Raucher ist. (↪ Spiegel, 23.11., ↪ Tagesschau, 23.11., ↪ Tagesspiegel, 23.11., ↪ Sächsische, 24.11.)


Die beiden AfD-Mitglieder im Stadtrat von Schwarzenberg (Erzgebirgskreis), Mathias Schlegel und Christian Ficker, sind künftig Teil einer neuen Fraktion. Gemeinsam mit dem auch als Pegida-„Galgenbauer“ bekannten Jens Döbel (Freie Bürger) und Erik Weber vom Wirtschafts- und Gewerbeverein (WGV) soll eine Fraktion unter dem Namen „Bürger für Schwarzenberg“ gebildet werden. Weber hat sich aufgrund der neuen Konstellation aus dem Vorstand des WGV zurückgezogen, für den er in den Rat eingezogen war. (↪ FP, 24.11., ↪ FP, 26.11.)


In der sächsischen AfD-Landtagsfraktion wächst offenbar der Unmut gegen den parlamentarischen Geschäftsführer Jan-Oliver Zwerg, die rechte Hand des Fraktions- und Landesvorsitzenden Jörg Urban. Wie die Freie Presse berichtet, soll „ein Drittel, vielleicht sogar die Hälfte der Parlamentarier“ mit Zwergs Arbeit unzufrieden sein, demnach fehle es vor allem an einer Strategie zum Vorgehen im Parlament – wo die AfD zwar die zweitstärkste Fraktion stellt, sich aber binnen weniger Monate völlig isoliert hat. „Der Frust ist so groß, dass ein Teil der Abgeordneten über Zwergs Sturz nachdenkt“, heißt es weiter. (↪ FP, Newsletter „Unter Zwei“, 25.11.)


Auf Kosten des Kommunikationsunternehmens Huawei, des staatlichen Ölkonzerns „China Petroleum“ und verschiedener chinesischer Stadtverwaltungen ist der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah, der aus Sachsen stammt, Ende 2019 nach Peking gereist. Dort besuchte er unter anderem die Huawei-Konzernzentrale und gab Staatsmedien Interviews. Das ergeben Recherchen des ARD-Politikmagazins Kontraste. Krah hatte kurz zuvor den Co-Vorsitz der „EU-China-Freundschaftsgruppe“ im EU-Parlament übernommen, bei dem es sich jedoch nicht um ein offizielles parlamentarisches Gremium handelt, sondern um eine pro-chinesische Lobby-Organisation. Auffällig: Krah stimmte „als einer von sieben und als einziger deutscher Abgeordneter im EU-Parlament gegen eine kritische Entschließung zur Lage der Uiguren in China.“ Auf Anfrage nach seiner Haltung zu Menschenrechtsverletzungen in China erklärte Krah, manche Berichte darüber seien „Fake News“. Weitere AfD-Politiker*innen pflegen offenbar gute Verhältnisse in die Volksrepublik und werben für intensivere Beziehungen. (↪ Tagesschau, 25.11.)


Der sächsische AfD-Landesfunktionär Daniel Zabel hat am Donnerstag am Oberlandesgericht Frankfurt als Zeuge im Strafprozess um die Ermordung des Kasseler Regierungspräsidenten Walter Lübcke ausgesagt. Im August 2019, rund zwei Monate nach der Tat, war der suspendierte JVA-Beamte Zabel in der Nähe des Tatorts aufgegriffen worden. Er hatte damals angegeben, wohl als einer Art Privatermittler für den Dresdner Szeneanwalt Frank Hannig tätig zu sein, den damaligen und inzwischen entbundenen Strafverteidiger des Hauptbeschuldigten Stephan Ernst. Geladen wurde Zabel nun auf Antrag der aktuellen Verteidigung. Ernst hatte zeitweise den Mitangeklagten Markus Hartmann bezichtigt, an seiner Stelle den tödlichen Schuss abgegeben zu haben. Der bisherigen Beweisaufnahme zufolge ist diese Version jedoch falsch, Hannig soll sie seinem Mandanten eingeredet haben. Über die entscheidende Frage, was der Mordangeklagte Ernst damals wirklich seinem Verteidiger berichtete, gab Zabels Befragung keinen Aufschluss. (↪ FAZ, 26.11., ↪ Hessenschau, 26.11.)


Obwohl er selbst mit Corona infiziert war, zweifelt Jörg Domsgen, Vorsitzender der AfD-Fraktion im Stadtrat von Zittau, an der Gefahr der Pandemie. Nach einem positiven Test hatte er sich zehn Tage in Quarantäne begeben müssen und dabei nach eigenen Angaben auch Symptome bemerkt. Es könne ihm jedoch „keiner sagen, was es war“, erklärte er gegenüber der Sächsischen Zeitung. Auch eine Corona-Impfung befürwortet er nicht. Nur ein mal, „vor sehr langer Zeit“, habe er sich gegen Grippe impfen lassen, sei aber nie an einer Grippe erkrankt. Ende Oktober, als die Fallzahlen bereits deutlich stiegen, hatte die Zittauer AfD vom dortigen Oberbürgermeister verlangt, durch den Landkreis verhangene Einschränkungsmaßnahmen in der Stadt nicht umzusetzen. (↪ Sächsische, 27.11.)


Peter Seidel, bislang AfD-Stadtratsmitglied in Mittweida, ist bei einem Motorradunfall tödlich verunglückt. Der 56-Jährige war im vergangenen Jahr in das Kommunalgremium eingezogen. Als Nachrücker ist Karl-Heinz Steinbach vorgesehen. (↪ FP, 27.11.)


Im Stadtrat von Mügeln (Landkreis Nordsachsen) wurde ein gemeinsamer Antrag der AfD und des FDP-Ratsmitglieds Gotthard Deuse wieder von der Tagesordnung gestrichen, in amtlichem Schriftverkehr auf „Gendersprache“ zu verzichten. Grund der Absetzung: Eine geschlechtersensible Sprache nutzt die örtliche Stadtverwaltung per se nicht. Der Antrag war identisch mit einem Vorstoß der AfD-Fraktion im Oschatzer Stadtrat im Oktober. Dort war der Vorstoß aus dem gleichen Grund ins Leere gegangen. (↪ LVZ, 28.11.)

AfD rundherum

Vor dem 7. Zivilsenat des Kammergerichts Berlin soll am 22. Januar die Berufungsverhandlung des Ex-AfD-Funktionärs Andreas Kalbitz gegen eine Entscheidung des Landgerichts stattfinden, mit der sein Ausschluss aus der Partei im Eilverfahren bestätigt wurde. Das berichtet der Spiegel in seiner aktuellen Ausgabe. Zuvor hatte bereits das Redaktionsnetzwerk Deutschland von einem Termin Mitte Januar erfahren. (↪ RND, 15.11., ↪ Spiegel, 28.11., S. 14)


Der schleswig-holsteinische Landtagsabgeordnete Frank Brodehl, der im September aus der AfD ausgetreten ist, hat seine Kritik an der Partei untermauert. Gegenüber der Bild nannte der 49-Jährige Beispiele für eine Radikalisierung, darunter auch antisemitische Äußerungen durch Funktionäre. „Die meisten Mitglieder wissen um das Gedankengut ihrer Funktionäre. Aber sie nehmen es billigend in Kauf“, sagte Brodehl. Nach seiner Abwendung von der Partei musste sich deren Landtagsfraktion auflösen, weil sie nicht mehr über genügend eigene Mitglieder verfügt. (↪ Bild, 23.11.)


Der Landesvorstand der sachsen-anhaltischen AfD hat sich vom Gebrauch einer nationalsozialistischen Parole durch Landesvize Kay-Uwe Ziegler distanziert. Wie in der Vorwoche bekannt wurde, hatte er in einer Rede während einer Parteiveranstaltung den verbotenen SA-Wahlspruch „Alles für Deutschland“ verwendet. „Wir werden in der nächsten Vorstandssitzung mit Herrn Ziegler darüber reden müssen“, sagte der AfD-Landesvorsitzende Martin Reichardt der Mitteldeutschen Zeitung. Ziegler, der zur kommenden Bundestagswahl als Direktkandidat im Wahlkreis Anhalt antritt, will den historischen Hintergrund der Parole nicht gekannt haben. Er sieht sich als Opfer eines „innerparteilichen Ränkespiels“. Die Polizei ermittelt gegen ihn. (↪ MZ, 23.11.)


Die baden-württembergische AfD wird ihren für den 5. und 6. Dezember geplanten Landesparteitag voraussichtlich nicht in Göppingen durchführen können. Nach ursprünglicher Planung sollte in der dortigen EWS-Arena gemeinsam mit bis zu 800 Mitgliedern das Wahlprogramm für die kommende Landtagswahl beraten und beschlossen werden. Aufgrund von Corona-Beschränkungen war es bereits seit einer Weile fraglich, ob das möglich ist. Inzwischen hat der private Betreiber der EWS-Arena Tatsachen geschaffen – und einen Vorvertrag mit der Partei gekündigt. (↪ Stimme, 23.11., ↪ StZ, 26.11., ↪ SWP, 27.11.)


Die AfD will eine wegen illegaler Parteispenden fällige Strafzahlung über knapp 400.000 Euro, die in der Vorwoche bekannt geworden ist, nicht akzeptieren und stattdessen beim Verwaltungsgericht Berlin gegen einen Zahlungsbescheid der Bundestagsverwaltung klagen. Das hat der Bundesvorstand der Partei beschlossen. Im vorliegenden Fall geht es um Gelder, die 2017 im Vorfeld der damaligen Bundestagswahl von der Schweiz aus auf das Konto des AfD-Kreisverbandes Bodensee überwiesen wurden und für Alice Weidel gedacht waren. Die Partei argumentiert, dass das Geld zurücküberwiesen wurde. Allerdings geschah das zeitversetzt, zwischenzeitlich wurden daraus Mittel für Wahlkampfzwecke verwendet. Im Umgang mit ihren Spendenaffären hat die AfD erst kürzlich eine Niederlage vor Gericht einstecken müssen. Die Partei wollte Journalist*innen unter anderem untersagen lassen, dass Strohleute zur Verschleierung fragwürdiger Zahlungen eingesetzt wurden. Doch das gilt inzwischen – auch in Weidels Fall – als nachgewiesen. (↪ RND, 23.11., ↪ Correctiv, 24.11.)


Weil er im Oktober mutmaßlich eine Ärztin bedrängt hat, ermittelt der polizeiliche Staatsschutz in Rosenheim gegen den bayrischen AfD-Landtagsabgeordneten Andreas Winhart. Er soll während eines Hausbesuchs des Ärztlichen Bereitschaftsdienstes in seinem nahen persönlichen Umfeld versucht haben, einen Corona-Test zu verhindern. Dabei soll er das Personal beleidigt und schließlich gegen ein Dienstfahrzeug geschlagen haben. Daraufhin kam es zu einem Polizeieinsatz. Inzwischen erstattete die betroffene Ärztin Anzeige gegen den Abgeordneten. (↪ OVB, 24.11.)


Mit einem Brief, der allen Landrät*innen im Freistaat zugestellt wurde, hat die bayrische AfD-Fraktionsvorsitzende Katrin Ebner-Steiner für Irritationen und Kritik gesorgt. In dem Schreiben forderte sie „Mut, sich gegen ein immer totalitärer gebendes Hygieneregime zu stellen“. Unter anderem drängt sie darauf, dass Grundschulkinder von der Maskenpflicht ausgenommen werden. Die Politikerin untersetzte ihre Position mit einer subtilen Drohung: „In einer späteren Zeit werden alle Maßnahmen und das Verhalten aller Verantwortlichen sicher noch einmal in einem anderen Licht gewürdigt werden.“ Auf Mediennachfragen bestritt sie, dass es sich um eine Drohung handelt. Den Kern ihrer Aussagen wiederholte sie inzwischen während einer Landtagssitzung, bei der sie die Corona-Schutzmaßnahmen als „totalitär“ und „brutal“ sowie die Maskenpflicht für Schüler*innen als „Verbrechen an unseren Kindern“ bezeichnete. Ebner-Steiner kündigte zudem ein Volksbegehren an, nur so lasse sich „unsere Freiheit wiederherstellen“ und ein Strategiewechsel bei der Pandemiebekämpfung „erzwingen“. Der Vorstoß sorgte für Verwunderung in den eigenen Reihen: Fraktionsmitglieder sollen vorab nichts von einem geplanten Volksbegehren gewusst haben. (↪ SZ, 24.11., ↪ BR, 27.11., ↪ Schwäbische, 27.11.)


Der Bundesvorstand der AfD versucht, die Konflikte im Landesverband Bremen zu schlichten. Fünf Bürgerschaftsabgeordnete, darunter der Landesvorsitzende Peter Beck, trafen sich am Freitag der Vorwoche in Berlin zu einer Art „Friedensgipfel“, berichtet der Weser-Kurier. Beck sprach in dem Zusammenhang von einem „zerstrittenen Haufen“, ihm zufolge habe die Bundesspitze eingeschätzt, dass sein Verband nach außen ein „katastrophales Bild“ abgebe. Ergebnisse des Treffens wurden nicht bekannt. Zuletzt waren die Konflikte in Bremen eskaliert, unter anderem durch einen Abwahlantrag gegen Beck. Dieser wiederum geht zivilrechtlich gegen Parteifreund*innen vor, die ihm verschiedene Verfehlungen vorwerfen. (↪ Weser-Kurier, 25.11.)


Nach ähnlichen Vorstößen aus Sachsen und Brandenburg will auch die AfD-Fraktion im Landtag von Sachsen-Anhalt mit einer Verfassungsbeschwerde gegen die dortigen Corona-Einschränkungen vorgehen. Die 21 Abgeordneten der Fraktion sowie das frühere AfD-Mitglied André Poggenburg haben eine einstweilige Verfügung beim Landesverfassungsgericht in Dessau-Roßlau beantragt. Vertreten werden sie durch die auf Medienrecht spezialisierte und im rechten Spektrum beliebte Kanzlei Höcker aus Köln. Der eingereichte Antrag zielt darauf, zahlreiche Einzelregelungen der aktuell in Sachsen-Anhalt geltenden Eindämmungsverordnung außer Vollzug zu setzen. (↪ MZ, 25.11.)


Nach kritischen Äußerungen über die AfD wird der thüringische Innenminister Georg Maier (SPD), der auch Vorsitzender der Innenministerkonferenz ist, mit dem Tod bedroht. Nach Angaben seines Ministeriums wurde in einer „Querdenken“-Chatgruppe eine Morddrohung ausgesprochen. Zudem wurde ein Bild Maiers mit dem Spruch „Weg mit der Judensau” kommentiert. Dabei wurde auch Bezug genommen auf Warnungen des Ministers vor einer weiteren Radikalisierung der AfD. Ein Parteiverbot sei als „das allerletzte Mittel“ denkbar, hatte er kürzlich in einem Interview gesagt. Nach MDR-Informationen ging inzwischen ein Drohbrief in Maiers Wahlkreisbüro in Waltershausen ein, enthalten war eine zunächst unbekannte Substanz. (↪ MDR, 25.11., ↪ RND, 25.11.)


Die Staatsanwaltschaft Bremen hat wegen des Vorwurfs der illegalen Einfuhr von Betäubungsmitteln Anklage gegen den ehemaligen niedersächsischen AfD-Kommunalpolitiker Marcus Hoffmann erhoben. Der frühere Vorsitzende des Kreisverbandes Cuxhaven soll gemeinsam mit vier Komplizen knapp 100 Kilogramm Kokain mit einem Verkaufswert von rund acht Millionen Euro importiert haben. Ein Verhandlungstermin wurde noch nicht festgesetzt, Hoffmann droht eine mehrjährige Haftstrafe. Nachdem die Ermittlungen bekannt geworden waren, hatte er sein Parteiamt „aus persönlichen Gründen“ niedergelegt. Derzeit ist unklar, ob er der AfD noch angehört. Der Landesverband Niedersachsen lehnte eine Stellungnahme ab. (↪ buten un binnen, 25.11., ↪ TAZ, 28.11.)


Der aus Bayern stammende AfD-Bundestagsabgeordnete Johannes Huber war offenbar monatelang Mitglied in einer Telegram-Gruppe des amtlich als „Rechtsextremist“ eingestuften Attila Hildmann. Nach Recherchen von Netzpolitik.org kann ein im sogenannten „Freiheits-Chat“ verwendetes Nutzerprofil mit hoher Wahrscheinlichkeit dem Abgeordneten zugeordnet werden, der das bestreitet. Der betreffende Account rief unter anderem dazu auf, Druck auf politische Gegner*innen auszuüben. Zudem verbreitete er ein Musterschreiben, mit dem andere Abgeordnete aufgefordert werden sollten, sich gegen Infektionsschutzmaßnahmen zu wenden. Die Metadaten dieses Dokuments verweisen auf Hubers Bundestagsbüro. Zwischenzeitlich befasste sich der Ältestenrat des Parlaments mit Huber: Er soll am 18. November, als die Novellierung des Infektionsschutzgesetzes beschlossen wurde, versucht haben, Unterschriftenlisten zu einer Petition an unterschiedliche Büros anderer Fraktionen zu übergeben. Diese Szenen ließ er filmen und veröffentlichen, ohne dass die Betroffenen zugestimmt hatten. Die Unterschriftenlisten sollen vom Dresdner „Querdenken“-Ableger stammen. Andere Aufnahmen vom selben Tag zeigen den sächsischen „Querdenken“-Aktivisten Marcus Fuchs, wie er eine Kiste trägt, die jener gleicht, die Huber später zu den Büros trägt. Fuchs war an diesem Tag zeitweise in Begleitung des Abgeordneten Karsten Hilse, der die Dresdner „Querdenken“-Gruppe unterstützt. (↪ Netzpolitik, 26.11., ↪ Spiegel, 26.11.)


Der seit Monaten schwelende Streit in der Berliner AfD geht weiter. Neu hinzugekommen ist der Vorwurf, dass es der zuständige Landesschatzmeister Frank-Christian Hansel versäumt haben soll, beim Bundeskonvent der Partei rechtzeitig Finanzzuschüsse für die Durchführung eines Landesparteitags und für Wahlkämpfe im kommenden Jahr zu beantragen. Damit entgehen dem Landesverband womöglich Mittel in eine Höhe von rund einer Viertelmillion Euro. Das behauptet Sebastian Maack, Stadtrat der AfD für Bürgerdienste und Ordnungsangelegenheiten im Bezirk Reinickendorf. Er befürchtet, dass sich die Berliner Partei wegen dieses Versäumnisses einen Wahlkampf nicht oder nur stark reduziert leisten kann. Hansel bestreitet die Vorwürfe, ihm zufolge sei der Landespartei ein Zuschuss bereits fest zugesichert worden. Doch offenbar gibt es auch nach mehreren Monaten noch keinen verbindlichen Beschluss. (↪ Tagesspiegel, 26.11.)


Die bayerische AfD-Landesvorsitzende Corinna Miazga lässt ihr Amt aufgrund einer schweren Erkrankung ruhen. Um genesen zu können werde sie sich vorübergehend aus der Öffentlichkeit zurückziehen, erklärte Miazga, die auch Bundestagsabgeordnete ist, am Donnerstag. (↪ BR, 26.11.)


Bei einer Sondersitzung des brandenburgischen Landtags hat die dortige AfD-Fraktion am Donnerstag für einen Eklat gesorgt. Die Abgeordneten debattierten über eine zeitliche Verlängerung und inhaltliche Ausweitung der Corona-Beschränkungen in dem Bundesland. AfD-Fraktionschef Christoph Berndt behauptete in einer kurzen Rede, dass die Sterblichkeit gering und die Eindämmungsmaßnahmen wirkungslos seien, es werde eine „Scheindebatte“ geführt. So lautete auch die Aufschrift zweier Plakate, die an AfD-Bänke geklebt wurden. Statt sich an der Diskussion zu beteiligen verließen sämtliche der rechten Abgeordneten den Sitzungssaal. (↪ RBB, 26.11.)


Wegen Steuervergehen muss sich voraussichtlich ab Donnerstag der brandenburgische AfD-Landtagsabgeordnete Daniel Freiherr von Lützow vor dem Amtsgericht Potsdam verantworten. Dem 56-Jährigen wird vorgeworfen, als damaliger Gewerbetreibender in den Jahren 2015 bis 2017 mehrere Umsatzsteuer- und Einkommenssteuer-Erklärungen nicht abgegeben zu haben. Nach Angaben eines Gerichtssprechers soll es später Nachzahlungen gegeben haben, ein Steuerschaden in Höhe von rund 23.600 Euro sei aber noch offen. Von Lützow, der im vergangenen Jahr erstmals in den Landtag eingezogen war, bestreitet das. Zur öffentlichen Verhandlung kommt es, weil er Widerspruch gegen einen Strafbefehl über 200 Tagessätze à 150 Euro eingelegt hatte. (↪ Berliner Morgenpost, 26.11.)


Aufgrund mehrerer Strafanzeigen hat die Staatsanwaltschaft Mühlhausen die Aufhebung der parlamentarischen Immunität des Thüringer AfD-Fraktionsvorsitzenden Björn Höcke beantragt. Ermittelt wird gegen ihn in derzeit zwei Fällen. So soll er sich in sozialen Netzwerken abfällig über die Seenotretterin Carola Rackete geäußert und über sie geschrieben haben: „Ich habe Folter, sexuelle Gewalt, Menschenhandel und Mord importiert“. Da damit Geflüchtete pauschal als kriminell dargestellt werden, besteht der Verdacht der Volksverhetzung. Zudem liegt ihm Verleumdung zur Last, weil er ebenfalls im Internet eine Frau als „Ex-Terroristin“ bezeichnet haben soll, die Fremden dabei helfe, den Sozialstaat zu plündern. (↪ MDR, 26.11.)


Nach dem neulich in Idar-Oberstein abgehaltenen Landesparteitag der AfD Rheinland-Pfalz prüft die zuständige Kreisverwaltung mutmaßliche Verstöße gegen Hygieneauflagen. Deren Einhaltung war die Voraussetzung, das Treffen mit mehr als 330 Mitgliedern durchführen zu können, dabei wurde die Landesliste zur Bundestagswahl aufgestellt. Fernsehbilder zeigen, dass in mehreren Situationen gegen die Maskenpflicht und Abstandsregeln verstoßen wurde. Um mögliche Ordnungswidrigkeiten nachweisen zu können werden jetzt Aufnahmen des Parteitags ausgewertet. Sollte sich der Verdacht erhärten, drohen Geldbußen von bis zu 25.000 Euro – pro Person. (↪ Nahe-Zeitung, 27.11.)


Ein 19-Jähriger, der Mitte Oktober am Rande einer AfD-Veranstaltung in Henstedt-Ulzburg (Schleswig-Holstein) mutmaßlich mit Absicht mehrere Gegendemonstrant*innen mit seinem Auto angefahren und verletzt hat, verfügt offenbar über Bezüge in die rechte Szene. Die Partei hatte nach dem Vorfall bestritten, mit dem Tatverdächtigen Melvin Schwede in Verbindung zu stehen. Das behauptete unter anderem Julian Flak, Sprecher des örtlichen AfD-Kreisverbands Segeberg. Doch das scheint so nicht zu stimmen, wie eine Auswertung von Social-Media-Profilen des Verdächtigen zeigt. Demnach folgte er in der Vergangenheit verschiedenen AfD-Accounts, darunter die „Junge Alternative Hamburg“, deren Vorsitzender Flak war. Dieser wiederum folgt Melvin Schwede auch selbst bei Instagram. (↪ TAZ, 27.11.)


Alexander Gauland, Ehrenvorsitzender der Partei und derzeit Chef der AfD-Bundestagsfraktion, erwägt eine erneute Kandidatur zur Bundestagswahl. Diese Möglichkeit hatte sich der 79-Jährige bislang offengehalten. Nach Informationen des Redaktionsnetzwerk Deutschland ist er derzeit als Spitzenkandidat in Brandenburg im Gespräch. „Das kann ich mir vorstellen“, sagte Gauland dazu. „Allerdings eher für zwei als für vier Jahre.“ (↪ RND, 28.11.)

Stimme & Haltung

Der neue Chemnitzer Oberbürgermeister Sven Schulze (SPD) hat seine Ankündigung erneuert, nicht mit der AfD zu kooperieren, die dem Stadtrat angehört. Er werde mit allen Kräften zusammenarbeiten, die für Werte wie Toleranz und die Achtung der Menschenwürde stehen, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Mit der AfD werde er über die ihr zustehenden Mitwirkungsrechte hinaus jedoch „keine aktive Zusammenarbeit pflegen“. Bereits zuvor hatte er erklärt, dass er einer Bewerber*in der AfD für einen Kämmererposten nicht zustimmen würde. Seit Mittwoch ist Schulze Rathauschef, zunächst als Amtsverweser. Grund ist eine noch laufende Widerspruchsfrist gegen das Ergebnis der Wahl. Dabei war für die AfD der Bundestagsabgeordnete Ulrich Oehme angetreten – und auf dem letzten Platz gelandet. (↪ FP, 25.11., ↪ FP, 26.11.)


Eine deutliche Mehrheit der wahlberechtigten Bundesbürger*innen hält die AfD für eine „Gefahr für die Demokratie“. In einer aktuellen Umfrage der Forschungsgruppe Wahlen für das ZDF-Politbarometer stimmen dieser Aussage 72 Prozent aller Befragten zu. Unter den Anhänger*innen sämtlicher Parteien überwiegt diese Ansicht, hingehen gehen davon nur fünf Prozent der AfD-Wähler*innen aus. Insgesamt 85 Prozent nehmen außerdem an, dass innerhalb der Partei „rechtsextremes Gedankengut“ weit (33 Prozent) oder sogar sehr weit (52 Prozent) verbreitet sei. Lediglich drei Prozent der Befragten meint, dass das „gar nicht“ der Fall sei. (↪ ZDF, 27.11.)

Hintergrund

Angaben des sächsischen Innenministeriums, wonach sich „linksextremistische“ Straftaten 2019 gegenüber dem Vorjahr verdoppelt haben, gehen offenbar zu einem großen Teil auf beschädigte Wahlplakate der AfD zurück. Nach Recherchen des MDR wurden bundesweit etliche Fälle, in denen Plakate dieser Partei von Vandalismus betroffen waren, in offiziellen Statistiken pauschal als linksmotivierte Delikte erfasst, obwohl in der Regel die Täter*innen und deren Motivationen nicht bekannt sind. Auffällig: Mehr als ein Drittel aller Fälle vermeintlich „linksmotivierter Plakatbeschädigungen“ wurde in Sachsen registriert. Im Ergebnis vermeldete der kürzlich vorgelegte Verfassungsschutzbericht einen sprunghaften Anstieg entsprechender Delikte. Fälle, in denen Plakate anderer Parteien beschädigt worden sind, werden hingegen zumeist keinem politischen Spektrum zugeordnet. (↪ MDR, 23.11.)


Das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags, das sich mit der Tätigkeit von Nachrichtendiensten befasst, hat grobe Mängel beim Umgang mit rechtsextremen Verdachtsfällen in der Bundeswehr und der Polizei festgestellt. Der geheim tagende Ausschuss stützt sich auf die Recherchen eines Sonderermittlers. Aus einem Berichtsentwurf, aus dem zuerst der Spiegel zitierte, ergeben sich demnach Hinweise auf „besorgniserregende digitale Vernetzungen und auch personelle Überschneidungen von bisher eher isolierten Personengeflechten und einzelnen Personen zu bestimmten politischen Parteien“, insbesondere zum verfassungsfeindlichen Flügel der AfD und zur Jungen Alternative. Besonders der für die Bundeswehr zuständige Militärische Abschirmdienst (MAD) habe dabei „seine Aufgaben in der Bekämpfung des Rechtsextremismus nicht in hinreichendem Maße wahrgenommen“. (↪ Spiegel, 24.11., ↪ Tagesschau, 25.11.)


Der brandenburgische Verfassungsschutz sieht seine Vermutung bestätigt, dass Teile der AfD Verbindungen zur verbotenen Neonaziorganisation „Spreelichter“ pflegen. Das galt bisher bereits als gesichert für den Verein „Zukunft Heimat“, hinter dem unter anderem der Neonazi Marcel Forstmeier steht. Offizieller Vereinschef ist Christoph Berndt, der zugleich die AfD-Fraktion im Landtag von Brandenburg anführt. Neue Anhaltspunkte ergeben sich durch eine Corona-Protestaktion Mitte November in Cottbus, als eine Art Leichenzug samt Sarg durch die Stadt zog – im Stil früherer „Spreelichter“-Propagandaaktionen, die unter dem Namen „Die Unsterblichen“ bekannt wurden. Inzwischen kursiert dazu ein professionell produziertes Video. „Nach dem bislang vorliegenden Bildmaterial war ein Mann an der Produktion des Videos beteiligt, der auch AfD-Fraktionschef Berndt bei der Corona-Demo in Berlin in der vergangenen Woche mit Kamera begleitet hat“, berichtet der Tagesspiegel. (↪ Tagesspiegel, 25.11.)


Der brandenburgische Verfassungsschutz hat damit begonnen, V-Leute in der AfD und ihrer Jugendorganisation „Junge Alternative“ anzuwerben. Das sagte der Behördenleiter Jörg Müller der Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung. Demnach seien in der Partei bereits nachrichtendienstliche Quellen – die in dem Bundesland als „verdeckt Informationsgebende“ bezeichnet werden – aktiv. Die AfD bestätigt, dass ihr mehrere Anwerbeversuche bekannt geworden seien – nicht nur in Brandenburg, sondern auch in Baden-Württemberg. (↪ FASZ, 28.11., ↪ Tagesspiegel, 28.11.)