Das sächsische Innenministerium hat erstmals bestätigt, dass der verfassungsfeindliche AfD-Flügel auch im Freistaat ins Visier genommen wird. Besonders viele Erkenntnisse hat man beim zuständigen Landesamt für Verfassungsschutz aber angeblich nicht. Dort beruft man sich auf Quellenschutz.
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Der sächsische Verfassungsschutz beobachtet den völkisch-nationalistischen Flügel im Freistaat. Das ergibt sich aus der Beantwortung einer Landtagsanfrage der LINKEN-Abgeordneten Kerstin Köditz. Die noch unveröffentlichte Auskunft des Innenministeriums liegt idas vor. Demnach gelte die Höcke-Strömung auch auf sächsischer Ebene als eine „erwiesene extremistische Bestrebung“, für deren Beobachtung das Landesamt für Verfassungsschutz von Gesetzes wegen zuständig ist. Die Anwendung nachrichtendienstlicher Mittel ist damit in vollem Umfang möglich.
Wortkarge Auskunft
Sparsam ist das Innenministerium jedoch mit Details. Zu konkreten Flügel-Aktivitäten lägen „keine Erkenntnisse“ vor, wird in dem Antwortschreiben behauptet, das Innenminister Roland Wöller (CDU) unterzeichnet hat. Gefragt nach Strukturen wird pauschal auf „öffentlich zugängliche Medien“ verwiesen, also vor allem Presserecherchen. Grund für die wortkargen Angaben: Man dürfe nur Auskunft geben über Erkenntnisse, die seit der Einstufung des Flügels als Beobachtungsobjekt angefallen sind, also seit Mitte März. Zuvor war der Flügel mehr als ein Jahr lang ein Verdachtsfall gewesen. Zudem müsse man „nachrichtendienstliche Zugänge“ schützen, teilt Wöller weiter mit.
„Das sind Standardsätze“, erklärte die Abgeordnete Köditz dazu in Dresden. „Mich verwundert aber, dass zuletzt der bayrische Verfassungsschutz in seinem Jahresbericht ausführlich über den Flügel informiert hat“. Man müsse aufpassen, „dass in Sachsen der unsägliche Quellenschutz nicht auch noch zu einem AfD-Schutz umfunktioniert wird.“ Frühere Landtags-Anfragen zum Flügel waren im Freistaat völlig ins Leere gegangen. Auch infolge der Einstufung der Strömung als behördliches Beobachtungsobjekt hatte sich das Landesamt zunächst nicht offiziell geäußert.
Noch keine Disziplinarverfahren in Sachsen
Anders ist es in Thüringen, wo inzwischen der komplette AfD-Landesverband zum Verdachtsfall erklärt wurde, da er – ähnlich wie in Sachsen – weitgehend vom Flügel dominiert wird. Dort wurden außerdem Disziplinarverfahren gegen Landesbedienstete angekündigt, die im Flügel aktiv sind. In Sachsen seien derartige Verfahren jedoch „bislang nicht eingeleitet worden“, so das Innenministerium. Mehrere hiesige Protagonist*innen des Flügels sind Beamt*innen. Der sogenannte Landes-Obmann Jens Maier, der für die AfD im Bundestag sitzt, ist Richter am Landgericht Dresden.
Köditz erinnert in dem Zusammenhang an den sächsischen Koalitionsvertrag: „Wir werden konsequent gegen Verfassungsfeinde im Staatsdienst vorgehen“, steht in der Verinbarung von CDU, SPD und Grünen. „Genau das erwarte ich jetzt auch.“ Dafür wird trotz der vorgeblichen Auflösung des Flügels wohl genug Gelegenheit bleiben. An der Beobachtung nämlich ändere sich durch die angekündigte Abwicklung „zunächst auch nichts“, so das Innenministerium. Zuletzt war der Verdacht aufgekommen, dass die sogenannte Dresdner Erklärung als neues Sammelbecken der Rechtsaußen-Kräfte in der AfD fungieren könnte.
Ergänzung: Die Anfrage und der Antworttext sind inzwischen öffenlich abrufbar.