Presseschau, 29. Kalenderwoche 2020

Ausschlussverfahren in Freital, Wahlpatzer bei Kirste, neue Fraktionschefs in Meißen und Görlitz, Zocher will beitreten, Dünzel bewirbt sich um JA-Vorsitz, Kandidaturen in Zwickau und Ohorn, Ares in Bautzen, Gerichtstermin für Kalbitz, Bruch im Saarland, Protest in Altenburg, Ermittlung gegen Storch, Donsch wird geschont, Reil zahlt, Schiedsrichter in der Kritik, Schwund in Cottbus, Meuthen dementiert, Brandenburg bröckelt, „Missverständnis“ in Dresden, ostdeutsche Männer, Flügel-Aktivitäten. Das war diese Woche wichtig:


In der Presseschau informiert idas jeden Sonntag über lesenswerte Medienberichte und Recherchen rund um die AfD, die im Laufe der Woche erschienen sind.


AfD in Sachsen

Der AfD-Kreisverband im Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge will Thomas Prinz aus der Partei ausschließen lassen. Wie erst jetzt bekannt wurde, ist bereits im vergangenen Jahr ein Ausschlussverfahren beantragt worden. Prinz wird zur Last gelegt, sowohl beim Eintritt in die Partei als auch bei seiner Kandidatur für den Freitaler Stadtrat, dem er seit 2019 angehört, falsche Angaben gemacht und „entscheidungsrelevante Tatsachen“ verschwiegen zu haben. So soll sich der Kommunalpolitiker, der gelernter Schuhmacher ist, fälschlich als „Gerichtsmediziner“ ausgegeben haben. Zudem soll er eine Reihe von Vorstrafen verschwiegen haben, die ihn auch bereits ins Gefängnis brachten. Auf sein Konto gehen Verurteilungen wegen schweren Raubes, gewerblicher Steuerhinterziehung, Zuhälterei und Amtsanmaßung. Erst in der vergangenen Woche sollte gegen ihn wegen Versicherungsbetrugs verhandelt werden, er erschien jedoch nicht zu dem Gerichtstermin. (↪ Sächsische, 13.07.)


Die Aufstellung des AfD-Landtagsabgeordneten Thomas Kirste als Kandidat zur Landratswahl im Kreis Meißen ist möglicherweise ungültig. Kirste setzte sich kürzlich bei einem Kreisparteitag durch. Medienberichten zufolge versäumte er es aber, eine obligatorische Wählbarkeitsbescheinigung vorzulegen. Der Vorstand des AfD-Kreisverbandes hatte zuvor beschlossen, dass die Vorlage dieses Dokuments eine Bedingung für die Kandidatur ist. Als stellvertretender Kreisvorsitzender hatte Kirste diesem Vorgehen sogar selbst zugestimmt. Er behauptet nun, dass es sich nicht um eine bindende Vorschrift, sondern nur um einen „Hinweis“ gehandelt habe, zudem sei seine Kandidatur „mit der Parteispitze abgestimmt“. Der Landesvorstand prüft derzeit juristisch, ob die Aufstellung angreifbar ist. In diesem Falle müsste der Kreisparteitag wiederholt werden und sich Kirste erneut einer Abstimmung stellen. (↪ Bild, 12.07., ↪ Bild, 13.07., ↪ Sächsische, 14.07.)


Julien Wiesemann ist einstimmig zum neuen Vorsitzenden der AfD-Fraktion im Kreistag Meißen gewählt worden. Er ist damit der Nachfolger von Angelika Meyer-Overheu. Diese fungiert künftig gemeinsam mit Hans-Joachim Weigel als Stellvertretung. Karsten Werner bleibt unverändert Schatzmeister der Fraktion. Als Beisitzer wurden David Steinmann, Mirko Herrmann und Enrico Barth gewählt. (↪ Sächsische, 14.07.)


Volker Zocher, ehemaliger Bürgermeister von Naunhof (Landkreis Leipzig), will der AfD beitreten. Zocher war 2013 als Parteiloser zum Bürgermeister gewählt worden, seine Amtszeit endete Anfang dieses Jahres. Inzwischen gab er bekannt, dass er bereits in der Anfangszeit bei Wahlen für die AfD gestimmt hat. Im Zuge des zurückliegenden Bürgermeister*innenwahlkampf soll er Absprachen mit der erfolglosen AfD-Kandidatin Ute Blosfeld getroffen haben. Als Mitglied im Ortschaftsrat von Engelsdorf (Stadt Leipzig) kooperierte er zudem mit dem Leipziger AfD-Stadtratsmitglied Marius Beyer, beide organisierten gemeinsam eine Corona-Protestaktion. Zuletzt gehörte Zocher der „Bürgerinitiative Pro Engelsdorf“ an, die er nun verließ. Unklar ist, ob er bereits einen Aufnahmeantrag bei der AfD gestellt hat. Da er in Engelsdorf wohnt, ist für ihn der Leipziger Stadtverband zuständig. (↪ LVZ, 14.07.)


Der sächsische Aktivist der „Jungen Alternative“ (JA) Jonas Dünzel will neuer Bundesvorsitzender des AfD-Nachwuchsverbandes werden. Die Gelegenheit ergibt sich, weil der Amtsinhaber Damian Lohr seinen Rückzug von dem Spitzenamt angekündigt hat. Zur Begründung gibt Lohr an, zu viel Ablehnung erfahren zu haben: „Für die einen war ich die Marionette des Verfassungsschutzes und der Liberale, für die anderen habe ich zu wenige Leute herausgeworfen und war der böse Flügler.“ Er habe außerdem den Eindruck, „dass meine Auffassung für die künftige Ausrichtung der Jungen Alternative nicht der Mehrheit der Jugendorganisation entspricht“. Lohr leitet die JA seit 2018, im Folgejahr wurde der Verband als rechtsextremistischer Verdachtsfall eingestuft. Dem schloss sich der Versuch an, die JA mit ihren derzeit rund 1.600 Mitgliedern zu reformieren. Die turnusmäßige Neuwahl eines Vorsitzenden steht für den kommenden JA-Bundeskongress an, für den es pandemiebedingt noch keinen festen Termin gibt, vorgesehen ist der Dezember. Dann will sich Dünzel zur Wahl stellen. Der Versicherungskaufmann stammt aus Zwickau und arbeitet als Mitarbeiter des sächsischen AfD-Landtagsabgeordneten Wolfram Keil. In der Vergangenheit war Dünzel für die Dresdner JA aktiv, die als besonders rechtslastig gilt. Für die Kandidatur lässt er sich nun allerdings durch den JA-Landesverband Nordrhein-Westfalen unterstützen, der ein eher „gemäßigtes“ Image hat. Dünzel wirbt „für einen Neustart als zuversichtlicher Jugendverband“, eine Verschärfung der Verfassungsschutz-Beobachtung will er verhindern und zu diesem Zweck versuchen, „eine Verpöbelung unserer Mitglieder abzuwenden“. (↪ n-tv.de, 14.07., ↪ Welt, 17.07.)


Die AfD-Fraktion im Kreistag von Görlitz hat mit Hajo Exner einen neuen Fraktionsvorsitzenden gewählt. Exner bildet gemeinsam mit Jens Glasewald eine Doppelspitze. Die Neubesetzung wurde nötig, da kürzlich Hans-Gerd Hübner aus der Fraktion und der Partei ausgetreten ist. Die Gründe wurden nicht publik gemacht. Mit insgesamt 27 Mitgliedern ist die AfD-Ratsfraktion weiterhin stärkste Kraft im Kreistag. Exner ist zugleich stellvertretender AfD-Kreisvorsitzender, er gilt als ein Vertrauter des Parteivorsitzenden Tino Chrupalla und arbeitet für ihn als Büroleiter. (↪ Sächsische, 15.07.)


Für die AfD wird die Rechtsanwältin Heike Lotze zur Bürgermeister*innenwahl in der Gemeinde Ohorn (Landkreis Bautzen) kandidieren. Sie tritt als einzige Kandidatin gegen die parteilose Amtsinhaberin Sonja Kunze an. Die Wahl findet am 13. September statt. (↪ Sächsische, 16.07.)


Im Dresdner Stadtrat hat sich die AfD-Fraktion dagegen ausgesprochen, zum Christopher Street Day am 5. September die Regenbogenfahne am Rathaus und am Kulturpalast zu hissen. Das AfD-Ratsmitglied Matthias Rentzsch sprach in dem Zusammenhang von „Idiotie“ und einer „politischen Instrumentalisierung der sexuellen Neigung.“ Auch CDU und Freie Wähler sprachen sich gegen die Beflaggung aus und beriefen sich auf die „Neutralität“ des Rathauses. Der Stadtrat nahm den zugrunde liegenden Antrag jedoch mit einer ausreichenden Mehrheit an. (↪ Sächsische, 16.07.)


Die demokratischen Fraktionen im Stadtrat von Bautzen haben sich einer Erklärung des Oberbürgermeister Alexander Ahrens (SPD) angeschlossen, der zufolge man „keine rechtsextremen, rassistischen, fremdenfeindlichen, menschenverachtenden, antisemitischen, homophoben Menschen in unserer Stadt“ dulden wolle. Anlass sind Pläne des extrem rechten Musikers Christoph Aljoscha Zloch („Chris Ares“), sich in der Stadt anzusiedeln und ein „patriotisches Jugendzentrum“ zu schaffen. Zloch hatte zunächst verbreitet, sich „im Raum Bischofswerda“ niederzulassen. Inzwischen wurde bekannt, dass er Gewerberäume im Bautzner Stadtgebiet angemietet hat. Die AfD-Fraktion im örtlichen Stadtrat erklärte, dass sie sich nur zu einem kleinen Teil dem gemeinsamen Statements anschließen werde, wonach man „gegen jede Form von Extremismus“ sei. Zum Projekt des Musikers äußerte sich die AfD-Fraktion hingegen gar nicht. Anders war das kürzlich in Bischofswerda, wo sich auch die AfD-Stadtratsfraktion ausdrücklich gegen die Pläne gewandt hatte und dafür innerparteilicher Kritik ausgesetzt war. Mit Paul Neumann ist ein Mitglied der Bautzner AfD-Ratsfraktion bei der verfassungsfeindlichen Identitären Bewegung aktiv, der auch Zloch nahesteht. Neumann und Zloch kennen sich zudem persönlich. Der Konsens der demokratischen Fraktionen ist ferner brüchig: In der gleichen Ratssitzung stimmte erstmals eine Mehrheit des Bautzner Stadtrates zwei Anträgen der AfD-Fraktion zu. (↪ Dlf, 16.07., ↪ Sächsische, 17.07.)


Die AfD hat Andreas Gerold als Kandidat zur OBM-Wahl in Zwickau aufgestellt. Der 57-Jährige wohnt nicht in der Stadt, sondern in Meerane (Landkreis Zwickau), wo er auch für die AfD im Stadtrat sitzt. Er ist aktuell Vorsitzender der AfD-Kreistagsfraktion und als Geschäftsführer bei der Zwickauer AfD-Stadtratsfraktion angestellt. Zuletzt war er mit dem Versuch gescheitert, sich in Zwickau zum Finanzbürgermeister wählen zu lassen. Die Nominierung Gerolds gilt als überraschend, zuvor hatte der Landtagsabgeordnete Wolfram Keil nach langwierigen Machtkämpfen im Kreisverband sein Interesse an einer Kandidatur signalisiert. Der erste Wahlgang wird am 20. September stattfinden, ein eventuell erforderlicher zweiter Wahlgang am 11. Oktober. (↪ FP, 17.07.)

AfD rundherum

Martin Schieck, Mitarbeiter der thüringischen AfD-Landtagsfraktion, ist enger mit der rechten Szene verwoben als bisher bekannt. Anfang Mai war durch einen MDR-Bericht publik geworden, dass Schieck in der Vergangenheit unter anderem in Kontakt mit einem Neonazi-Musiker aus dem Spektrum der verbotenen „Blood & Honou“-Organisation stand. Die AfD sprach damals von „Mutmaßungen“ und davon, dass der Mann erst seit kurzem für die Fraktion tätig sei. Das Rechercheportal Jena-SHK zeigt nun, dass das nicht stimmt. Schieck ist demnach auch für die verfassungsfeindliche Gruppe „Ein Prozent“ aktiv. (↪ Rechercheportal, 12.07.)


Das Bundesschiedsgericht der AfD wird im Streit um den Ausschluss des Neonazis Andreas Kalbitz am 27. Juli in Stuttgart eine mündliche Verhandlung durchführen. Vorgeladen sind neben Kalbitz die beiden Parteivorsitzenden Jörg Meuthen und Tino Chrupalla. Der Termin wird hinter verschlossenen Türen stattfinden, auch Parteiöffentlichkeit ist nicht zugelassen, „weil bedingt durch die Corona-Pandemie kein ausreichend großer Sitzungssaal zur Verfügung steht“, so die Begründung des Schiedsgerichts. Es hatte bereits Ende Juni einen Eilantrag Kalbitz‘ zurückgewiesen, wieder in die Partei aufgenommen zu werden. Das hatte Kalbitz zwischenzeitlich aber vor einem staatlichen Gericht erreicht. Direkt im Anschluss an das jetzt anstehende Hauptsacheverfahren könnte bereits eine Entscheidung fallen. Sollte dabei der der Beschluss des Bundesvorstands bestätigt werden, will Kalbitz erneut vor ein Zivilgericht ziehen. (↪ SZ, 13.07.)


Der saarländische Landtagsabgeordnete Lutz Hecker ist aus der AfD-Fraktion ausgeschlossen worden. Er wird dem Saar-Landtag künftig als fraktionsloses Mitglied angehören, die AfD-Fraktion schrumpft zugleich auf nur noch zwei Abgeordnete, Josef Dörr und Rudolf Müller. Zugleich wurden zwei Mitarbeiter entlassen. Dörr begründete die Trennung damit, dass Hecker durch öffentliche Äußerungen dem Ansehen der Fraktion geschadet habe. „Das Fass zum Überlaufen gebracht hat, dass er angefangen hat, in der Fraktion über den Rechtsanwalt mit uns zu kommunizieren“, sagte Dörr. Hecker gibt dagegen an, dass ihm Einblicke in die Fraktionsfinanzen verwehrt worden seien. Im Vorfeld der Entscheidung hatten fünf der sieben saarländischen Kreisverbände erklärt, dass sie die AfD-Fraktion künftig nicht mehr als legitime Vertretung der Partei im Landesparlament ansehen werden. Es handelt sich um den vorläufigen Höhepunkt eines lang anhaltenden Machtkampfs. Im Frühjahr war bereits der komplette Landesvorstand, damals angeführt von Josef Dörr, seines Amtes enthoben worden. (↪ SaarZ, 13.07., ↪ SR, 14.07.)


Rund 400 Anhänger*innen der AfD haben sich am Donnerstagabend im thüringischen Altenburg an einer Kundgebung der Partei unter dem Motto „Einigkeit macht stark – Schluss mit den hausgemachten Krisen“ beteiligt. Als Redner angekündigt waren die Neonazis Björn Höcke und Andreas Kalbitz, der thüringische Landtagsabgeordnete Thomas Rudy sowie die Bundestagsmitglieder Robby Schlund und der aus Leipzig stammende Siegbert Droese. Ebenfalls vor Ort war der sächsische Bundestagsabgeordnete Jens Maier. Sie gehören allesamt dem verfassungsfeindlichen Flügel an. Gegen die Versammlung auf dem Marktplatz protestierten nach Polizeiangaben rund 1.200 Personen. Im Nachgang ermittelt die Polizei gegen einen AfD-Anhänger wegen des Verdachts des Verwendens von Kennzeichen verfassungswidriger Organisationen. Ein weiterer Teilnehmer der Parteiversammlung soll ein T-Shirt mit einem Aufdruck der verbotenen Vereinigung „Combat 18“ getragen haben. Zu Protesten gegen das Rechtsaußen-Treffen hatte im Vorfeld auch der Altenburger Oberbürgermeister André Neumann (CDU) aufgerufen: „Die Neutralität eines Oberbürgermeisters hört bei dem Besuch von zwei Nationalsozialisten auf“, schrieb Neumann bei Twitter. Er musste sein Statement löschen, nachdem er eine Unterlassungsaufforderung Höckes erhalten hat. Allerdings ist der Flurschaden für die AfD größer: Wegen „unüberbrückbarer Differenzen“, die im Hinblick auf die Versammlung zutage traten, hat sich die Kreistagsfraktion AfD/Starke Heimat nach rund einjährigem Bestehen aufgelöst. Höcke und Kalbitz stünden „nicht für die Achtung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung“, sagte der bisherige Vorsitzende Uwe Rückert. Seine Fraktion hatte sich schon zuvor mit dem thüringischen AfD-Landesvorstand um Höcke überworfen. Künftig wird es im Landkreis Altenburger Land eine eigenständige AfD-Fraktion geben, die aus sechs Mitgliedern besteht. (↪ LVZ, 14.07., ↪ LVZ, 14.07., ↪ LVZ, 16.07., ↪ RND, 17.07., ↪ LVZ, 17.07., ↪ OTZ, 17.07.)


Der polizeiliche Staatsschutz in Berlin ermittelt gegen die AfD-Politikerin Beatrix von Storch und weitere Anhänger*innen der Partei sowie Mitglieder der Jungen Alternative. Sie hatten am Dienstagmorgen eine Karl-Marx-Büste am Strausberger Platz mit Plastiksäcken verhüllt. Laut Storch habe es sich um eine Protestaktion gegen linke „Doppelmoral“ gehandelt: Da Marx ein „Rassist und Antisemit“ gewesen sei, müsse dessen Denkmal „als erstes fallen“. Weil die Aktion nicht angemeldet war, geht die Polizei dem Verdacht eines Verstoßes gegen das Versammlungsgesetz nach. Der AfD-Co-Vorsitzende Tino Chrupalla nannte die Verhüllung „eine affige Aktion“. (↪ RND, 15.07., ↪ Sächsische, 15.07.)


Der Verfassungsgerichtshof in Weimar hat das thüringische Paritätsgesetz für nichtig erklärt und damit einer Normenkontrollklage der AfD-Landtagsfraktion stattgegeben. Das zuvor von den rot-rot-grünen Koalitionsfraktionen verabschiedete und Anfang des Jahres in Kraft getretene Gesetz sah vor, dass künftig bei der Aufstellung von Wahllisten zu Landtagswahlen die einzelnen Listenplätze abwechselnd mit Männern und Frauen besetzt werden müssen. Dadurch sollte gewährleistet werden, dass mehr Frauen im Parlament sitzen. Die AfD, der vergleichsweise wenige Frauen angehören und die überwiegend von Männern gewählt wird, sah darin einen Verfassungsverstoß. Mit einer Mehrheitsentscheidung monierte das Verfassungsgericht einen Eingriff in die Freiheit und Gleichheit der Wahl sowie die Chancengleichheit der Parteien. Ein vergleichbares Paritätsgesetz steht derzeit auch in Brandenburg in Frage, ein Urteil des dortigen Verfassungsgerichts wird für den 20. August erwartet. Dort haben die AfD und unter anderem auch die NPD geklagt. (↪ InSuedthueringen, 15.07., ↪ RND, 15.07.)


Die brandenburgische AfD hat ein Parteiordnungsverfahren gegen den Kommunalpolitiker und Flügel-Anhänger Marcel Donsch eingestellt. Das Verfahren war Ende 2018 einheleitet worden, zeitweise stand auch ein möglicher Parteiausschluss im Raum. Das ist nun vom Tisch. Donsch, der den AfD-Ortsverband Panketal leitet und Mitglied im Kreistag des Landkreises Barnim ist, wurde vorgeworfen, eine Demonstration organisiert zu haben, bei der AfD und NPD gemeinsam aufgetreten sein sollen. Das bestreitet er. Darüber hinaus wurde ihm vorgehalten, in einem Chatgespräch die verbotene NS-Parole „Alles für Deutschland“ verwendet zu haben. Dazu gibt Donsch an, vom Hintergrund und der Strafbarkeit des Spruchs nichts gewusst zu haben, erschlossen habe sich ihm das erst nach „intensiver Google-Recherche“. Er wolle die Parole nicht mehr verwenden, finde sie aber inhaltlich richtig und wisse, dass man sie „in der AfD immer noch häufig hört“. (↪ MOZ, 17.07.)


Der Bundesvorstand der AfD hat das Angebot ihres Europaabgeordneten Guido Reil angenommen, den Schaden des durch ihn verursachten Parteispendenskandals persönlich zu begleichen. Reil hatte zuvor angeboten, für den Schaden in einer Gesamthöhe von 133.500 Euro selbst einzustehen und dadurch die Parteikasse zu schonen. Es handelt sich um eine Strafzahlung wegen einer illegalen Wahlkampfspende, die Reil im nordrhein-westfälischen Landtagswahlkampf 2017 zugute gekommen war. Der Bundesvorstand zögerte zunächst, auf Reils Ankündigung einzugehen, weil seine Angaben vage waren. So will er die Zahlung verrechnen mit früheren Unterstützungen, die er seiner Partei zugute kommen ließ. Bei einer Telefonkonferenz am Freitag ließ sich das Spitzengremium nun aber mehrheitlich darauf ein. Die Rede ist von einem „Schlussstrich“ unter die Spendenaffäre. Dadurch soll es Reil offenbar auch ermöglicht werden, unbelastet an der anstehenden Kommunalwahl im nordrhein-westfälischen Essen teilzunehmen. Die Partei und auch Reil selbst machen keine näheren Angaben darüber, wie viel Geld der Abgeordnete tatsächlich selbst zahlen wird. (↪ WAZ, 17.07.)


Der bayrische AfD-Politiker Thomas Wagenseil, der für die Partei im Bezirkstag von Schwaben sitzt, darf auch weiterhin nicht durch das dortige Landesamt für Verfassungsschutz beobachtet werden. Die Beobachtung war vor mehreren Jahren eingeleitet worden, nachdem Wagenseil auf seinem privaten Facebook-Account rassistische Inhalte eingestellt und sich unter anderem auch positiv auf die Waffen-SS, einen Neonazi-Musiker und die verfassungsfeindliche Identitäre Bewegung bezogen hatte. Dagegen wandte er sich mit einem Eilantrag zum Verwaltungsgericht München, das ihm im vergangenen Jahr Recht gab und die weitere Beobachtung untersagte. Bei der damaligen der Eilentscheidung hatte das Gericht zwar eine extremistische Prägung erkannt, „bloße Sympathiebekundungen“ auf einem privaten Internetprofil würden jedoch nicht ausreichen, um eine Beobachtung zu rechtfertigen. Bei dieser Einschätzung bleibt es nun auch: Zwar verwarf das Gericht im jetzt verhandelten Hauptsacheverfahren die Klage Wagenseils als unzulässig. Allerdings nur, weil die Beobachtung bereits eingestellt worden ist. Das strittige Facebook-Profil wurde schon vor einer Weile gelöscht. (↪ SZ, 17.07.)


Dem Präsidenten des AfD-Landesschiedsgerichts in Sachsen-Anhalt, Paul Günther, droht ein Ausschlussverfahren, weil er der Partei „vorsätzlich schweren Schaden“ zugefügt habe. Der AfD-Kreisverband Magdeburg beantragte dies infolge von Medienberichten, wonach Günther auf seiner Facebook-Seite unter anderem Kontakte zu früheren NPD-Kadern unterhält und verschwörungsideologische sowie antisemitische Beiträge verbreitet hat. Dem Kreisverband zufolge wurde Günther inzwischen angehört, ohne die Vorwürfe entkräftet zu haben. Mit dem Ausschlussantrag wird sich nun zunächst der sachsen-anhaltische Landesvorstand befassen, wo Günther erneu angehört und anschließend über mögliche Ordnungsmaßnahmen beraten werden soll. (↪ Spiegel, 17.07.)


Die AfD-Fraktion im Stadtrat von Cottbus schrumpft weiter und besteht ab sofort nur noch aus fünf Mitgliedern. Infolge einer Austrittsserie hat nun auch der bisherige stellvertretende Fraktionsvorsitzende Klaus Groß die Fraktion und die Partei verlassen. Dem Rat gehört er weiter an, künftig für die Fraktion Unser Cottbus/FDP. Groß begründete seinen Wechsel mit dem Einfluss des verfassungsfeindlichen Flügels. Ursprünglich war die AfD-Fraktion in Cottbus mit elf Mitgliedern die stärkste Ratsfraktion, sie hat sich inzwischen jedoch mehr als halbiert. (↪ NLA, 17.07.)


Der AfD-Parteivorsitzende Jörg Meuthen hat Berichte dementiert, wonach er seinen baden-württembergischen Landesverband verlassen und sich einem anderen Landesverband anschließen wolle. „Das habe ich nie in Erwägung gezogen, ich habe nie ein entsprechendes Gespräch geführt“, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Er begegnet damit innerparteilichen Gerüchten, wonach er erwäge, nach Hessen, Rheinland-Pfalz oder Nordrhein-Westfalen zu wechseln, um seine eigene Bundestagskandidatur im kommenden Jahr abzusichern. Dabei handle es sich laut Meuthen jedoch um „Fakenews“. Der Europaabgeordnete lässt nach wie vor offen, ob er zur Bundestagswahl antreten wird. Dem Vernehmen nach plant er eine Spitzenkandidatur – und müsste sich dafür gegen Alice Weidel durchsetzen, die den baden-württembergischen AfD-Landesverband anführt. Er sei sich „absolut sicher“, dass es bei einer eventuellen Abstimmung um einen vorderen Listenplatz „nicht zu einer Konfliktsituation kommen wird“, so Meuthen. (↪ StN, 17.07., ↪ Sächsische, 18.07.)


Der Greifswalder Polizeibeamte Dan Rachow, bei dem es sich um einen AfD-Anhänger handelt, hat im vergangenen Jahr persönliche Daten einer politischen Gegnerin in einer behördlichen Datenbank abgefragt und mutmaßlich an einen anderen Anhänger der rechten Szene weitergegeben. Dieser versuchte danach, die Betroffene mit Chatnachrichten zu kontaktieren. Rachow soll gezielt die Daten von mindestens vier weiteren Personen aus dem linken Spektrum abgefragt haben, drei von ihnen haben einen Strafantrag gestellt. Die Generalstaatsanwaltschaft Mecklenburg-Vorpommern stellte die Ermittlungen jedoch ein. (↪ Katapult, 17.07., ↪ n-tv, 18.07.)


Steffen Kubitzki, Vizechef der brandenburgischen AfD-Landtagsfraktion und Vorsitzender des Kreisverbandes Spree-Neiße, hat vor einem drohenden Zerfall der Partei gewarnt. „Unsere Partei macht in Brandenburg gegenwärtig keine gute Figur“, sagte Kubitzki vor dem Hintergrund gehäufter Austritte, die sich vor allem auf kommunaler Ebene bemerkbar machen. Es handle sich bislang um „vereinzelte Auflösungserscheinungen“, man müsse nun aufpassen, dass sie „keine Lawine lostreten, die in einem wirklichen Zerfall mündet.“ Als Ursachen benannte er die Einstufung des AfD-Landesverbandes durch den brandenburgischen Verfassungsschutz, die Dominanz des Flügels und den anhaltenden Streit um die Mitgliedschaft des Neonazis Andreas Kalbitz. (↪ RBB, 19.07.)

Blauzone

Der Stadtbezirksbeirat Dresden-Prohlis hat mit Stimmen von AfD, CDU, FDP und Freien Wählern eine Förderung des Prohliser Bürgerfests abgelehnt, das für den 10. Oktober geplant ist. Die Veranstalter*innen des Bündnisses „Prohlis ist bunt“ hatten einen Zuschuss über insgesamt 1.600 Euro beantragt. Einige Ratsmitglieder nahmen jedoch Anstoß an einem geplanten Auftritt der Blaskapelle „Banda Internationale“, die gemeinsam mit Geflüchteten Musik macht. Von der Fördersumme sollte der Gruppe ein Honorar zufließen. In der Ratssitzung wurde unter anderem behauptet, dass die „Banda Internationale“ mit ihrer Musik am 13. Februar in Dresden Glockengeläut gestört habe und sich in Liedtexten gegen die Polizei wende. Beide Behauptungen sind jedoch falsch. Im Rahmen der Debatte soll ein AfD-Vertreter geäußert haben, es müsse darum gehen, Prohlis „sauber zu halten.“ Im Ergebnis blockierte eine knappe Ratsmehrheit die Gesamtförderung für das Fest, das in diesem Jahr bereits zum siebenten Mal stattfinden wird. Die CDU bestreitet im Nachhinein, sich mit der AfD abgesprochen zu haben, und bezeichnet die Entscheidung als das Ergebnis eines „Missverständnisses“. (↪ Sächsische, 14.07., ↪ DNN, 14.07., ↪ DNN, 16.07.)


Peter Krüger, neuer Vorsitzender der CDU-Fraktion im Stadtrat von Dresden, hat eine Zusammenarbeit mit der AfD ausgeschlossen. „Es wird keine Verhandlungen mit der AfD geben. Auch keine gemeinsamen Anträge“, sagte er der Sächsischen Zeitung. Krüger gilt als Unterstützer des rechtsoffenen Vereins „Dresdner Bürger helfen Dresdner Obdachlosen und Bedürftigen“. Auf seinem privaten Twitter-Profil teilte er in der Vergangenheit unter anderem auch Inhalte der AfD-nahen Wochenzeitung Junge Freiheit und des verfassungsfeindlihen „Compact“-Magazins. Er sei „vielleicht etwas konservativer als andere“ in der CDU-Fraktion, sagt er nun über sich selbst, und neben der AfD wolle er auch mit der LINKEN nicht zusammenarbeiten. Krüger war jahrelang stellvertretender Fraktionschef. Er rückt auf, weil der bisherige Vorsitzende Jan Donhauser kürzlich zum Bildungsbürgermeister gewählt wurde. (↪ Sächsische, 17.07.)

Stimme & Haltung

In einer bundesweiten Wahlumfrage des Instituts Forsa im Auftrag von RTL und N-TV liegt die AfD derzeit bei neun Prozent. Zur Bundestagswal 2017 hatte die Partei 12,6 Prozent erhalten, brereits seit einer Weile rangiert sie bei der Sonntagsfrage deutlich darunter. Die neuen Daten unterstreichen erneut die erhebliche Ost-West-Schere und auch große Unterschiede bei den Geschlechtern. So sprechen sich im Westen nur sieben Prozent der Wahlberechtigten für die AfD aus, im Osten sind es 19 Prozent. Unter den ostdeutschen Männern würden sich derzeit 27 Prozent für die AfD entscheiden, genauso viele wie für die CDU. Bei den ostdeutschen Frauen kommt die Partei dagegen auf vergleichsweise schwache zwölf Prozent. Unter den westdeutschen Männern entscheiden sich 13 Prozent für die AfD, bei den westdeutschen Frauen sogar nur fünf Prozent. (↪ n-tv.de, 18.07.)

Hintergrund

Der verfassungsfeindliche Flügel gilt formell als aufgelöst. Doch das Finanzgebaren der völkisch-nationalistischen Strömung um Björn Höcke und Andreas Kalbitz beschert der Partei weiteren Ärger. Nun wurden Kontoauszüge des Vorfeldvereins „Konservativ!“ bekannt, dessen sich das Rechtsaußen-Netzwerk bedient hat. Demnach liegen Anhaltspunkte vor, dass der Flügel durch Geldzahlungen versuchte, auf die Partei Einfluss zu nehmen. Unter anderem soll es Überweisungen an die thüringische AfD-Landtagsfraktion und an zwei dortige Fraktionsmitarbeiter gegeben haben. In einem Fall betrug die überwiesene Summe mehr als 3.200 Euro, der Verwendungszweck ist unklar. Die AfD verbuchte diese Zahlungen nicht in ihem Rechenschaftsbericht. Bereits bekannt war, dass der Flügel über das Vereinskonto von Juni 2018 bis Juli 2019 Spenden in Höhe von rund 8.000 Euro eingeworben hat. Die Einzahler*innen gaben dabei teils eigene Mitgliedsnummern an, obwohl der Flügel stets bestritten hat, über feste Strukturen zu verfügen. Kontoinhaber ist eine Immobilienfirma, die dem Bundestagsabgeordneten Frank Pasemann gehört, der zugleich Schatzmeister des „Konservativ!“-Vereins war. Gegen Pasemann läuft ein Parteiausschlussverfahren in Sachsen-Anhalt. Neben dem Vorwurf des Antisemitismus geht es dabei auch um die Flügel-Finanzen, insbesondere die Spendenakquise wird durch den sachsen-anhaltischen AfD-Landesvorstand als „illegal“ erachtet. Beanstandet wird in dem Zusammenhang auch, dass der Flügel versucht hat, eigene Anliegen mit denen der Partei zu vermischen. So wurden Teilnahmegebühren – Gesamtsumme: rund 28.000 Euro – für das sogenannte Kyffhäusertreffen im Jahr 2018 auf einem offiziellen Konto des Kreisverbandes Burgenlandkreis gesammelt. Die Bundestagsverwaltung befasst sich mit den Vorgängen, im Raum steht der Verdacht der illegalen Parteienfinanzierung. (↪ Tagesschau, 14.07.)


Ist der völkisch-nationalistische Flügel nach seiner vorgeblichen Auflösung weiter aktiv? Den Verdacht nähren verschiedene Internetplattformen mit Bezeichnungen wie „Alternative Basis“, „Blaues Ende“ und „Nationalkonservative Wertegemeinschaft“. Sie werden durchgängig anonym betrieben, reiten massive Attacken auf den Parteivorsitzenden Jörg Meuthen und dessen Umfeld – und sie treten für eine bedingungslose Solidarität mit einstigen Flügel-Anführern wie Björn Höcke und Andreas Kalbitz ein. Der thüringische Landesverband, dem Höcke vorsteht, bestreitet eine Verbindung. Wie der MDR zeigt, lancieren diese Plattformen aber immer wieder Insiderinformationen. (↪ MDR, 16.07.)