Schwieriger Weg an die Stadtspitzen

In Zwickau wollte Andreas Gerold für die AfD neuer Finanz- und Ordnungsbürgermeister werden. Bei der Abstimmung im Stadtrat fiel er durch – erhielt aber viel mehr Stimmen, als seine Fraktion Mitglieder hat. Auch in Dresden und Leipzig schielt die Partei jetzt auf lukrative Beigeordneten-Posten.

AfD-Kandidat scheitert in Zwickau

Die Zwickauer AfD-Stadtratsfraktion ist bei der Wahl eines neuen Bürgermeisters für Finanzen und Ordnung leer ausgegangen. Während der Ratsabstimmung am Donnerstagabend erhielt der SPD-Kandidat Sebastian Lasch im zweiten Wahlgang mit 24 Stimmen die erforderliche Mehrheit und setzte sich damit gegen Andreas Gerold von der AfD durch, auf den 19 Stimmen entfielen. Andere Kandidierende hatten sich vorher zurückgezogen. Die Neuwahl wurde erforderlich, weil der Amtsinhaber in den Ruhestand gehen wird. Lasch wird das Amt ab dem 1. Juli für die nächsten sieben Jahre ausüben.

Bereits Anfang des Jahres hatte der jetzt unterlegene Andreas Gerold sein Interesse an dem Posten bekundet. Der 57-Jährige stammt aus Meerane und ist Fraktionsgeschäftsführer der Zwickauer AfD-Fraktion. Im Vorfeld der Abstimmung hatte die Oberbürgermeisterin Pia Findeiß (SPD) angekündigt, einer möglichen Wahl Gerolds nicht ihre Zustimmung zu erteilen. Grund: Entgegen der Stellenbeschreibung fehlt dem AfD-Mann ein Hochschulabschluss. Die Sächsische Gemeindeordnung sieht jedoch vor, dass entsprechende fachliche Voraussetzungen vorliegen müssen.

Die Partei sprach daraufhin von einer „undemokratischen Ausgrenzung“ und verwies auf einen anderen Passus der Gemeindeordnung, wonach Personalvorschläge aus den Fraktionen nach ihrer jeweiligen Stärke berücksichtigt werden sollen. Mit zehn Mitgliedern ist die AfD in Zwickau die zweitstärkste Fraktion, ein verbindlicher Anspruch auf die sogenannten Beigeordneten-Posten entsteht daraus aber nicht. Dennoch beachtlich: Auf Gerold entfielen in der Stichwahl fast doppelt so viele Stimmen, als die AfD selbst aufbringen kann.

Kandidaturen in Dresden und Leipizg

Auch in anderen sächsischen Städten versucht die AfD derzeit, Zugriff auf hauptamtliche Beigeordneten-Posten zu erlangen. So hat kürzlich die AfD-Stadtratsfraktion in der Landeshauptstadt Dresden einen Kandidaten für das Amt der Bildungsbürgermeister*in vorgeschlagen. Es handelt sich um Boris Hollas, der an der örtlichen Hochschule für Technik und Wirtschaft die Professur für Künstliche Intelligenz und Theoretische Informatik besetzt. Er ist außerdem Mitglied im Beirat der parteinahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES).

In Leipzig kündigte die AfD-Stadtratsfraktion Ende vergangener Woche an, eine Kandidat*in für eine Beigeordnetenstelle aufzustellen. „Wir werden einen geeigneten Bewerber präsentieren, der fachlich prädestiniert und moralisch integer ist“, sagte der Fraktionsvorsitzende Siegbert Droese. Er betonte, dass der AfD „mindestens eine Beigeordnetenstelle zusteht“ und verwies auf das Ergebnis der Kommunalwahl im vergangenen Jahr, aus der die AfD als viertstärkste Fraktion hervorgegangen war.

Nach der Leipziger OBM-Wahl Anfang des Jahres hatte Droese schon einmal angekündigt, „demnächst“ einen Personalvorschlag für den Posten der Ordnungsbürgermeister*in zu unterbreiten, hat aber bis heute keinen Namen genannt. Damals war der AfD-Kandidat Christoph Neumann im ersten Wahlgang mit lediglich 8,7 Prozent der Stimmen auf den fünften Platz gelangt, im zweiten Wahlgang trat er nicht erneut an. Der letztlich wiedergewählte Oberbürgermeister Burkhard Jung (SPD) kündigte bereits an, eine mögliche AfD-Kandidat*in nicht als Beigeordnete zu akzeptieren.

Bisher wenige Erfolge

Trotz ihrer mitunter beachtlichen Wahlerfolge gelang es der AfD in Sachsen nicht, bei allgemeinen Wahlen eine Stadtspitze einzunehmen. Fast ein Fünftel der aktuellen AfD-Landtagsabgeordneten hat das bereits versucht, alle scheiterten. Nur kurzzeitig verfügte die Partei mit dem heutigen Abgeordneten Ulrich Lupart über einen Bürgermeister: Das Amt übte er bis Ende 2016 ehrenamtlich in der kleinen Gemeinde Reuth (Vogtlandkreis) aus. Im gleichen Jahr trat er von der DSU zur AfD über. Das Amt entfiel aber kurz darauf durch eine Eingemeindung in den Nachbarort.

Nach wie vor ist Lupart zweiter Stellvertreter des Oberbürgermeisters der vogtländischen Stadt Oelsnitz, wo er für die AfD im Stadtrat sitzt. Ständige Aufgaben sind damit nicht verbunden, die Stellvertretung beschränkt sich auf Fälle, in denen der gewählte Bürgermeister verhindert ist. Eine ähnliche Konstellation gibt es in Großschirma (Mittelsachsen), dort ist das AfD-Ratsmitglied Rolf Weigand, der ebenfalls im Landtag sitzt, seit dem vergangenen Jahr stellvertretender Bürgermeister.

Zu regulären OBM-Wahlen will die AfD in diesem Jahr noch mehrfach antreten. Eingeplant sind Kandidaturen unter anderem in Hoyerswerda, Chemnitz und Zwickau.