Nur Platz fünf: Schlechtes AfD-Ergebnis in Leipzig

Mit einer deutlichen Schlappe für die AfD endete am Sonntag der erste Durchgang der Oberbürgermeister*innen-Wahl in Leipzig. Nach dem vorläufigen Ergebnis stimmten lediglich 8,7 Prozent der insgesamt rund 470.000 Wahlberechtigten in Sachsens bevölkerungsreichster Stadt für den blauen Kandidaten Christoph Neumann. Der idas-Wahlbericht:

In der Wähler*innengunst liegt der frühere sächsische Justiz- und jetzige Wissenschaftsminister Sebastian Gemkow (CDU) mit 31,6 Prozent knapp vor dem Amtsinhaber Burkhard Jung (SPD), der auf 29,8 Prozent kommt. Danach folgen Franziska Riekewald (Die Linke) mit 13,5 und Katharina Krefft (Grüne) mit 12 Prozent. Die Wahlbeteiligung war mit rund 49 Prozent vergleichsweise hoch, gut acht Prozentpunkte mehr als vor sieben Jahren, als es die AfD noch nicht gab.

Hinter den eigenen Möglichkeiten

Dem AfD-Kandidaten Christoph Neumann hat die Wahlbeteiligung nicht genützt, er landete unter den insgesamt acht Bewerber*innen nur auf Platz fünf. Nach dem vorläufigen Ergebnis kam er in keinem der 63 Ortsteile über den dritten Platz hinaus. Besonders wenig Zuspruch mit jeweils nur drei bis vier Prozent erhielt der 55-Jährige in der Südvorstadt, Connewitz, Schleußig, Lindenau, Zentrum-Süd und Zentrum-Nordwest.

Vergleichsweise stark schnitt er beispielsweise in Lausen-Grünau, Meusdorf (jeweils 16%) und Liebertwolkwitz (16,5%) ab. In Lützschena-Stahmeln, wo Neumann wohnt, sind es 16,1 Prozent. Der Spitzenwert wurde in Althen-Kleinpösna mit 18,7 Prozent erzielt. Dort hatte die AfD auch bei früheren Wahlen schon außergewöhnlich stark abgeschnitten. Sie konnte nun erneut besonders in Gebieten punkten, die als eher konservative Peripherie gelten, ein bekanntes Muster.

Neumann fällt jedoch weit hinter alle Erwartungen zurück, eine repräsentative Umfrage hatte ihn bei zehn Prozent gesehen. Er schöpfte auch am Wahltag bei Weitem nicht das Potential aus, das seine Partei sogar in der eher liberal gestimmten Messestadt hat: Zur Stadtratswahl im Frühjahr 2019 Jahr hat die AfD knapp 15 Prozent der Stimmen erhalten, seitdem gehört Neumann dem Gremium an. Doch ein Viertel der bekennenden Parteianhänger*innen hat Anfang diesen Jahres angegeben, nicht für ihn votieren zu wollen, nur sieben Prozent der Leipziger*innen hält ihn für sympathisch. Erhöhten Zuspruch konnte er den Umfragewerten zufolge lediglich im Segment mittelalter Männer erwarten. Auch das ist AfD-typisch.

Blasser Kandidat mit schwachem Wahlkampf

Vor der Kulisse seiner schrillen Partei gesehen ist Neumann eine blasse Gestalt. Auch der Wahlkampf, für den ein Budget in Höhe von rund 40.000 Euro zur Verfügung stand, wirkte kraftlos und für AfD-Verhältnisse beinahe sanft – obwohl das Hauptthema „Sicherheit“ und das Stichwort „Connewitz“ wie gemacht schienen für eine Law-and-Order-Kampagne, die der AfD liegt. Doch hier punktete eher die CDU. Neumann warb mit einer allgemein gehaltenen Agenda für eine „Wende für Leipzig“, ohne allzu klar profilierte Forderungen aufzustellen.

Der Kandidat, der selbst keiner Parteiströmung angehört, hatte zuletzt mehrfach bekannte AfD-Rechtsausleger für Veranstaltungen nach Leipzig geholt, darunter Tino Chrupalla, Stephan Brandner und Karsten Hilse, die dem völkisch-nationalistischen „Flügel“ angehören oder ihn fördern. Doch bei den Wahlkampf-Events blieben die Parteianhänger*innen weitgehend unter sich. Auffällig: Die sächsische Landesspitze hielt sich im Wahlkampf zurück. Unterstützt wurde Neumann durch die verfassungsfeindliche, in Leipzig ansonsten kaum aktive „Junge Alternative“, die eigene Plakate aufhing. Darauf wurden kostenlose Azubi-Tickets für den öffentlichen Nahverkehr gefordert. Eine Idee, mit der Neumann gar nicht warb.

In den vergangenen Tagen wurden zudem anonyme Flugblätter verbreitet. Ausgestattet mit einem Wappen der Stadt und beschriftet mit „Informationen zur Wahl“ sollten die Handzettel einen amtlichen Eindruck erwecken. Deutsche würden bald zur „Minderheit im eigenen Land“ werden, wird im Text gewarnt. Die Meinungsfreiheit sei schon beschnitten, die Demokratie stehe auf dem Spiel – auch ohne Erwähnung der Partei ist zu erahnen, welchem Bewerber das Wort geredet wird. Beinahe identische Flyer waren bereits im vergangenen Jahr im Vorfeld der Landtagswahl verteilt worden.

Antritt im zweiten Wahlgang noch offen

Da keine der Bewerber*innen in Leipzig die absolute Mehrheit erreicht hat, findet am 1. März ein zweiter Wahlgang statt, eine einfache Mehrheit genügt dann zum Sieg. Anzunehmen ist, dass es auf ein Duell zwischen Burkhard Jung und Sebastian Gemkow hinauslaufen wird. Ob Neumann seine Kandidatur aufrecht erhalten oder zurückziehen wird, ist noch nicht bekannt. Er selbst sagte vor Ende der Auszählung, dass er für den nächsten Wahlgang bereit sei, sich aber auch vorstellen könne, den CDU-Kandidaten Gemkow zu unterstützen.

Nach idas-Informationen will die Leipziger AfD vor einer Festlegung zunächst am kommenden Donnerstag bei einem Kreisparteitag über das weitere Vorgehen diskutieren. Einen entscheidenden Unterschied wird das womöglich nicht machen. Denn die Stimmen, die Neumann dem CDU-Herausforderer leihen könnte, genügen rechnerisch nicht, um an Jungs Rückhalt im Mitte-Links-Spektrum heranzurücken, falls auch Linke und Grüne zurückziehen. Tritt Neumann dagegen erneut an, droht ihm eine noch deutlichere Schlappe.

Das wäre ein schlechtes Signal für die AfD, denn in diesem Jahr stehen weitere Wahlen um die Rathausspitzen größerer sächsischer Städte an. Am 14. Juni wird in Chemnitz eine neue Oberbürgermeister*in gewählt, die AfD geht dort mit dem Bundestagsabgeordneten Ulrich Oehme ins Rennen. Auch in Zwickau muss ein neues Stadtoberhaupt gefunden werden, ein Termin steht noch nicht fest.