In Sachsen ist die AfD stark wie sonst nirgends. Doch überraschenderweise spielt sie bei Kommunalwahlen derzeit fast keine Rolle. Auch gestern nicht, als in neun Orten neue Bürgermeister*innen gewählt wurden.
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In neun sächsischen Gemeinden mit zusammen mehr als 46.000 Wahlberechtigten wurde gestern über neue Bürgermeister*innen abgestimmt. Die AfD ging in allen Orten leer aus, denn sie ist nirgends offiziell angetreten. Eingemischt hat sie sich trotzdem, gebracht hat es wenig.
Kaum Einfluss auf Wahlen
█ In Burkhardtsdorf (Erzgebirgskreis) wurde Jörg Spiller (CDU) mit 84,5 Prozent zum neuen Ortschef gewählt. Er war der einzige offizielle Bewerber. Daher griff eine Sonderregelung, die es erlaubte, auf den Wahlzetteln einen beliebigen anderen Namen zu notieren. Auf diese Weise erlangte AfD-Mann Arthur Österle immerhin 153 Stimmen, umgerechnet 7,3 Prozent. Für andere Einzelvorschläge entschieden sich 8,2 Prozent der Wähler*innen.
Österle durfte nicht als Einzelbewerber kandidieren, da er im Vorfeld zu wenige Unterstützungsunterschriften gesammelt hatte. Unklar ist, warum er nicht für die AfD antrat, denn in diesem Fall hätte er keine Unterschriften beibringen müssen. Österle war 2018 als Chefordner von „Pro Chemnitz“ und als Einheizer bei rassistischen Versammlungen bekannt geworden, auch an einer Neonazikundgebung nahm er teil. Er ist Beisitzer im Vorstand des erzgebirgischen AfD-Kreisverbandes sowie Mitarbeiter des Chemnitzer Bundestagsabgeordneten Ulrich Oehme.
█ In Moritzburg (Landkreis Meißen) gewann der parteilose Amtsinhaber Jörg Hänisch mit 78,6 Prozent die Wahl. Der einzige Herausforderer Volker John (CDU) erhielt 21,4 Prozent der Stimmen. Die AfD hatte niemanden aufgestellt. In der vergangenen Woche hat die Partei jedoch mit Flugblättern dafür geworben, für einen „konservativen Wechsel“ zu stimmen, also John zu wählen. Dieser gibt an, nichts von der Fürsprache der AfD gewusst zu haben. Das Schreiben wurde unter anderem durch Ingo Friedemann unterzeichnet, der einer der Pegida-Mitgründer war.
█ In Mockrehna (Nordsachsen) setzte sich der parteilose Amtsinhaber Peter Klepel mit 61,6 Prozent durch. Nach ihm folgen Michael Busse, der für eine Wähler*innengemeinschaft antrat und 23,1 Prozent der Stimmen erhielt, sowie Sandro Oschkinat mit 15,3 Prozent. Oschkinat, bekannt als Redner bei Pegida und Legida, war für den nationalistischen Verein „Spektrum aufrechter Demokraten“ angetreten, der AfD-nahe Positionen vertritt. Bis vor einer Weile war Oschkinat selbst AfD-Mitglied und gehörte dem nordsächsischen Kreisvorstand an.
Weitere Antritte in diesem Jahr geplant
Die AfD hatte keinen Einfluss auf weitere Bürgermeister*innen-Wahlen, die gestern außerdem in Belgern-Schildau (Nordsachsen), Borsdorf (Landkreis Leipzig), Callenberg (Landkreis Zittau), Dreiheide (Landkreis Nordsachsen), Klingenberg (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) und Reinsdorf (Landkreis Zwickau) stattfanden. Damit setzt sich für die sonst erfolgsverwöhnte AfD eine längere Durststrecke bei Kommunalwahlen fort. Zuletzt war die Partei in Machern und Naunhof (Landkreis Leipzig) sowie bei der Oberbürgermeister*innen-Wahl in der Stadt Leipzig gescheitert und jeweils deutlich hinter frühere Ergebnisse in diesen Orten zurückgefallen.
Mit eigenen Kandidierenden will die AfD in nächster Zeit unter anderem in Arnsdorf (Landkreis Bautzen) und Thum (Erzgebirgskreis) ins Rennen gehen, möglicherweise auch in Tharandt (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) und Schwarzenberg (Erzgebirgskreis), wo ebenfalls Bürgermeister*innen gewählt werden. Höhepunkte werden die OBM-Wahlen in Zwickau am 7. Juni, in Chemnitz am 14. Juni sowie in der zweiten Jahreshälfte in Hoyerswerda (Landkreis Bautzen) sein. Die Partei wird sich aber insbesondere auf die Landratswahl in Meißen konzentrieren, die voraussichtlich am 20. September stattfinden wird.