AfD Görlitz: Jäschke weiter Mitglied

Er gratulierte bei Facebook einer „lieben“ Volksverhetzerin zur Entlassung aus dem Gefängnis und wurde dafür aus der Görlitzer AfD-Stadtratsfraktion geworfen. Inzwischen ist klar: Der Kommunalpolitiker Jens Jäschke hat auch ein Parteibuch – und könnte es weiterhin behalten. Ordnungsmaßnahmen wurden bislang nämlich nicht eingeleitet. Pikant: Zuständiger Kreisvorsitzender ist der Bundeschef Tino Chrupalla.


Beitrag vom 13.11.2020, 17:30 Uhr │ Im Bild: Jens Jäschke.


Keine Ordnungsmaßnahmen eingeleitet

Trotz seiner Glückwünsche an die bundesweit bekannte Holocaustleugnerin Ursula Haverbeck ist der Görlitzer Kommunalpolitiker Jens Jäschke weiterhin Mitglied der AfD. „Wir wollen uns erst beraten“, sagte Hajo Exner, stellvertretende Kreisvorsitzender der Partei, auf Anfrage der Sächsischen Zeitung. Ordnungsmaßnahmen wurden bislang nicht eingeleitet. Die Görlitzer AfD führt der Bundestagsabgeordnete Tino Chrupalla an, der zugleich Bundesvorsitzender ist. Er erklärte, dass sich der Kreisvorstand bei seiner nächsten Sitzung mit dem Fall beschäftigen und Jäschke persönlich anhören wolle.

Einen Termin nannte Chrupalla nicht und ließ weitere Fragen offen – unter anderem, ob er den Ausschluss seines Parteifreunds aus der örtlichen Stadtratsfraktion für richtig oder falsch hält. Auch eine offizielle Erklärung des AfD-Kreisverbandes gibt es nicht. Die aktuellste Veröffentlichung auf der zugehörigen Website ist ein Spendenaufruf, eingestellt am Montag. Am gleichen Tag entschied die Stadtratsfraktion mehrheitlich, sich von Jäschke zu trennen.

Er hatte vier Tage zuvor einen einschlägigen Facebook-Beitrag auf seinem persönlichen Profil geteilt. Darin enthalten: Eine Gratulation an eine angebliche „Dissidentin“ und „Kämpferin für Meinungsfreiheit“. Gemeint war die soeben aus dem Gefängnis („Gesinnungshaft“) entlassene Antisemitin Ursula Haverbeck, die sich offen zum Nationalsozialismus bekennt und der weitere Gerichtsverhandlungen wegen Volksverhetzung bevorstehen. Das Posting versah Jäschke mit einem eigenen Kommentar: „Der lieben Dame alles Gute für die kommende Zeit und dass sie uns noch lange erhalten bleiben möge!“

Jäschke wusste angeblich nicht, was er tat

Von einem „fehlerhaften Verhalten“ schrieb er kurz darauf und löschte den Beitrag von seiner Seite. Gegenüber der Zeitung beteuert er nun, nicht gewusst zu haben, um wen es sich bei Haverbeck handelt. Damit habe er sich „nicht beschäftigt“, sondern nur von einer „Dissidentin“ und „Kämpferin für Meinungsfreiheit“ gelesen. Das sehe er „als nichts Schlechtes. Ich als Christ wollte dieser Frau alles Gute auf dem weiteren Lebensweg wünschen.“ Die Fraktion ließ das nicht gelten: „Wir wollen niemanden in der Fraktion, der möglicherweise eine Holocaust-Leugnerin gut findet und dann auch kein Einsehen zeigt“, erklärte der Fraktionsvorsitzende Lutz Jankus, der selbst umstritten ist, weil er früher Mitglied der NPD war und deshalb nicht bei der AfD aufgenommen wurde. Er selbst habe den Ausschlussantrag gestellt, nachdem Jäschke die Möglichkeit verstreichen ließ, eigene Konsequenzen zu ziehen.

Das Ergebnis kommentierte Jäschke noch am Montagabend bei Facebook und behauptete, er werde „abgestraft“ für einen „vermeintlichen Fehler“. Von Haverbeck und ihrem Treiben hat sich der 53-Jährige bis heute nicht distanziert. Zunächst war unklar geblieben, ob er auch Mitglied der AfD ist. Er war im Frühjahr vergangenen Jahres für die Partei in den Stadtrat eingezogen und fungierte seither als stellvertretender Vorsitzender der Fraktion. Mit künftig noch zwölf Mitgliedern wird sie weiterhin stärkste Kraft sein.

Derzeit bemüht sich die Fraktion, Jäschke aus einer Reihe von Ausschüssen abzuziehen, er sitzt unter anderem auch im Aufsichtsrat des Städtischen Klinikums und in der Gesellschafterversammlung einer kommunalen Wohnungsgesellschaft. Jäschke hat angekündigt, sein Mandat behalten und als Fraktionsloser im Stadtrat aktiv bleiben zu wollen. Auf seinen verschiedenen Facebook-Profilen hat er inzwischen aufgeräumt, ein geschichtsrevisionistischer Beitrag zur Bombardierung Dresdens am 13. Februar ist verschwunden. Weiterhin sichtbar ist aber beispielsweise ein „Like“ für die Vereinigung „Offensive für Deutschland“. Es handelt sich um eine offen neonazistische Abspaltung des Leipziger Pegida-Ablegers „Legida“.