Fehlschlag gegen den eigenen Ausschuss

Mit großem juristischen Geschütz wollte die AfD ihren Willen im Landtags-Untersuchungsausschuss durchsetzen. Doch die Fraktion hat einen herben Rückschlag erlitten: Der Verfassungsgerichtshof in Leipzig erlässt keine einstweilige Verfügung gegen den Vorsitzenden Lars Rohwer (CDU). Er darf Zeug*innen weiter darauf hinweisen, dass ein Meineid straffrei bleibt.


Beitrag vom 13.11.2020, 17:25 Uhr


Langwieriger Disput

Der Sächsische Verfassungsgerichtshof in Leipzig hat eine Klage der AfD-Landtagsfraktion gegen den parlamentarischen Untersuchungsausschuss vorläufig abgewiesen. Bereits in der vergangenen Woche lehnte das Gericht in dem sogenannten Organstreitverfahren den Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung ab. Die Fraktion wollte es dem Ausschussvorsitzenden Lars Rohwer (CDU) auf diesem Weg verbieten, Zeuginnen und Zeugen bei der obligatorischen Belehrung über die Folgen falscher Aussagen darauf hinzuweisen, dass ein Meineid im Untersuchungsausschuss straffrei bleibt.

Nach Ansicht der Ausschussmehrheit und der Landtagsverwaltung hat eine Vereidigung in dem Gremium nur symbolische Bedeutung, laut Strafgesetzbuch kann es keinen wirksamen Eid abnehmen. Falschaussagen sind weiterhin strafbewehrt, ein zusätzlich geschworener Eid erhöht das Strafmaß aber nicht. Die AfD ist anderer Ansicht, sie sieht sich eines wichtigen Druckmittels in dem Ausschuss beraubt, den sie bereits im vergangenen Jahr einsetzen ließ. Untersucht werden sollen die Umstände, die zur Kürzung der AfD-Landesliste im Vorfeld der Landtagswahl 2019 geführt hatten. Insgesamt 61 Kandidierende waren aufgestellt worden, am Ende durften nur 30 von ihnen antreten, ein Sitz im Landtag blieb leer. Die AfD unterstellt einen Komplott, Belege dafür gibt es bis heute nicht.

Ausschussarbeit „nicht ernsthaft gefährdet“

Gegenüber dem Gericht argumentierte die AfD-Fraktion, dass durch die Verwendung einer angeblich „inhaltlich falschen Belehrungsformel“ ihre verfassungsmäßigen Minderheitenrechte verletzt würden und der vom Landtag bestätigte Untersuchungsauftrag nicht effektiv erfüllt werden könne. Da bereits in der nächsten Woche Zeug*innen vernommen werden, sollte eine vorläufige Regelung ergehen. Doch dabei zog das Gericht nicht mit. Aus dessen Sicht ist die weitere Ausschussarbeit „nicht unmittelbar oder ernsthaft gefährdet“, die Wirksamkeit parlamentarischer Kontrolle keineswegs eigeschränkt.

Was nach einer Posse klingt, hat die Stimmung im Untersuchungsausschuss nachhaltig getrübt. Die Diskussion über die Eidesformel hatte den Start der Ausschussarbeit monatelang verzögert, einen Kompromiss lehnte die AfD prinzipiell ab. Statt rechtzeitig Zeug*innen vorzuschlagen, drohte sie im September damit, vor Gericht zu ziehen. Eine inhaltliche Entscheidung bleibt einem weiter anhängigen Hauptsacheverfahren vorbehalten – falls die AfD das will. Offiziell äußerte sich die Fraktion bislang nicht. Man werde sich zunächst die vorliegende Begründung „genau anschauen und dann in Ruhe weiter entscheiden“, sagte Fraktionssprecher Andreas Harlaß der Sächsischen Zeitung, die zuerst über den juristischen Misserfolg berichtete.