Chemnitz: Landtagsmitglied Kuppi gibt Stadtrats-Sitz auf

Im vergangenen Jahr zog Lars Kuppi in den Chemnitzer Stadtrat ein, wenig später auch in den Landtag. Jetzt hat der Flügel-Anhänger und Kalbitz-Fan die Stadt verlassen – und beendet damit sein kurzes Intermezzo als Kommunalpolitiker. Für sein Mandat und einen Posten im Kreisvorstand gibt es bereits Nachfolger. Sie kommen vom rechten Rand.


Beitrag vom 17.09.2020, 16:45 Uhr │ Im Bild: Lars Kuppi, hier zu sehen bei einer Veranstaltung der verfassungsfeindlichen Jungen Alternative Sachsen, Ende 2019.


Kurzzeit-Stadtrat

Der AfD-Landtagsabgeordnete Lars Kuppi ist aus dem Chemnitzer Stadtrat ausgeschieden. Die Freie Presse vermeldete den prominenten Abgang heute, der 48-Jährige ist demnach im vergangenen Monat aus der Stadt weggezogen. Seinen Umzug hatte Kuppi gegenüber der Stadt bereits Anfang Juli schriftlich angekündigt. Damit verlor er automatisch seine Wählbarkeit und zum 31. August den Stadtratssitz, den er erst im Mai vergangenen Jahres errungen hatte. Nach Chemnitz war der Polizeiobermeister erst kurz vor der Stadtratswahl gezogen, nachdem er vom Polizeirevier Döbeln ins Revier Chemnitz Nord-Ost versetzt worden war. Das Dienstverhältnis ruht inzwischen.

Irritierend: Wenig später, zur Landtagswahl im Spätsommer, kandidierte Kuppi trotzdem als Direktkandidat in Döbeln und Umgebung (Landkreis Mittelsachsen), wo er geboren wurde und lange lebte, und errang dabei überraschend ein Mandat. Zu der Zeit hatte er längst seinen Parteiverband gewechselt, war seit Anfang 2019 sogar Mitglied im Chemnitzer Kreisvorstand. Offenbar ist er dort ebenfalls wieder ausgeschieden, auf der Liste der Vorstandsmitglieder wird er seit kurzem nicht mehr aufgeführt. Nur auf seinem Landtagsprofil, für dessen Inhalte er selbst verantwortlich ist, behauptet Kuppi derzeit noch, in Chemnitz zu wohnen, dort Parteifunktionär und Kommunalpolitiker zu sein. Doch das ist Geschichte.

Kuppi selbst, der Chemnitzer Kreisverband und die Stadtratsfraktion, für die er im Schul- und Sportausschuss saß, haben zu dem Wechsel keine öffentlichen Erklärungen abgegeben. Der Schritt war jedoch absehbar. Nach dem Einzug in den Landtag eröffnete Kuppi zwei Parteibüros – nicht in Chemnitz, sondern wiederum im Landkreis Mittelsachsen, zunächst in Döbeln und neulich erst in Waldheim. Zur Einweihung ließt er erstmals verlauten, dass er zurück in das rund 40 Kilometer entfernte Döbeln ziehen will. Zuletzt hatte er seiner Partei schlechte Nachrichten beschert, er war Anmelder einer Kundgebung in Burgstädt, bei der Ende Juni der Neonazi Andreas Kalbitz sprach. Die gesamte Veranstaltung wird dem völkisch-nationalistischen Flügel zugerechnet und offiziell als „rechtsextremistisch“ eingestuft. Folge des Auftritts: Kuppi wurde aus der Deutschen Polizei-Gewerkschaft ausgeschlossen.

Kuppis Nachfolger sind einschlägig bekannt

Einen Nachfolger für den frei gewordenen Stadtratssitz gibt es bereits, ihn soll Wilfried Frank Sänger (66) einnehmen. Zur Kommunalwahl trat er im selben Wahlbezirk an wie Kuppi, war dort sogar als Spitzenkandidat vorgesehen, kam aber nicht zum Zug. Er soll zugestimmt haben, das Mandat zu übernehmen, offiziell wird das bei der nächsten Stadtratssitzung am kommenden Mittwoch geschehen. Sänger stieß bereits früh zur AfD, ist Beisitzer im Chemnitzer Kreisvorstand und organisierte jahrelang zahlreiche Mitgliedertreffen. Als Unterzeichner der „Erfurter Resolution“ gilt auch er als Flügel-Anhänger. Einschlägig aufgefallen war Sänger Anfang 2019. Damals postete er auf seiner Facebook-Seite ein Foto des Freikorpssoldaten Albert Leo Schlageter, der geradezu kultisch durch die Nationalsozialisten verehrt wurde, als „Märtyrer“ der frühen NS-Bewegung. Später löschte Sänger das Foto und seinen eigenen Kommentar („Damals wie heute“) wieder – er will nicht gewusst haben, wer Schlageter war.

Auch für den frei gewordenen Platz im Kreisvorstand ist schon Ersatz gefunden. Statt Kuppi taucht auf der Namensliste seit neuestem Falk Heiligenschmidt auf, Jahrgang 1967. Er kam als Islamfeind in die AfD, war in der rassistischen Protestszene in Chemnitz und Umgebung aktiv. Bis heute findet sich ein offensichtlich von ihm verfasster Kommentar auf der Facebook-Seite der Initiative „Heimat und Tradition“, einem Überbleibsel des Chemnitzer Pegida-Ablegers. Zu einem Bericht über einen sexuellen Übergriff, für den zwei Geflüchtete verantwortlich gemacht wurden, bemerkte er Anfang 2017: „An die Wand.“

Zwei Jahre später fiel Heiligenschmidt als Mitglied einer Facebook-Gruppe namens „Die Volksschule“ auf, eine Art Fanclub des extrem rechten Youtubers und Holocaustleugners Nikolai Nerling. Unter den rund 500 Mitgliedern, die sich neben Heiligenschmidt in der geschlossenen Gruppe tummelten, waren zahlreiche bekannte Neonazis. Derzeit gibt auch er sich als Anhänger von Andreas Kalbitz zu erkennen, posiert mit ihm auf einem Foto und unterzeichnete eine Petition, die – vergeblich – einen Verbleib in der AfD forderte.