DPolG schmeißt AfD-Abgeordneten Lars Kuppi raus

Der Polizeibeamte Lars Kuppi ist seit kurzem nicht mehr Mitglied der Deutschen Polizei-Gewerkschaft. Zum Verhängnis wurde dem Landtagsmitglied eine allzu offensichtliche Nähe zum völkisch-nationalistischen Flügel – und ein öffentlicher Schulterschluss mit dem Neonazi Andreas Kalbitz.

Anlass: Kalbitz-Kundgebung in Burgstädt

Der Landesverband Sachsen der Deutschen Polizei-Gewerkschaft (DPolG) hat den AfD-Landtagsabgeordneten Lars Kuppi ausgeschlossen. Das berichtete am Montag zuerst der Spiegel. Die DPolG-Landesvorsitzende Cathleen Martin bestätigte dem Magazin, dass Kuppi bereits seit Ende Juni kein Mitglied mehr sei. Den Beschluss soll der Landesvorstand einstimmig gefasst haben, mit „voller“ Rückendeckung des Bundesvorstands um den umstrittenen Ex-Polizisten Rainer Wendt, heißt es weiter. Kuppi wurde demnach vorgeworfen, durch sein Verhalten dem Ansehen des Verbandes zu schaden.

So soll er auf privaten Online-Profilen eigene politische Ziele mit denen der DPolG vermengt und sich außerdem immer stärker dem verfassungsfeindlichen Flügel zugewandt zu haben. Ausschlaggebend für den Ausschluss soll letztlich eine AfD-Kundgebung gewesen sein, die Ende Juni im mittelsächsischen Burgstädt stattfand. Kuppi hatte die Flügel-nahe Veranstaltung aktiv beworben, bei der er sich schließlich mit dem Neonazi Andreas Kalbitz – der zu diesem Zeitpunkt vorübergehend wieder Parteimitglied war – die Bühne teilte. Der sächsische Abgeordnete trug dort unter anderem ein ausführliches Statement des DPolG-Chefs Wendt vor.

Im Vorfeld hatte die rivalisierende Gewerkschaft der Polizei (GdP) den Auftritt scharf kritisiert. Die DPolG äußerte sich hingegen nicht, bestritt jedoch bei Twitter Berichte, wonach Kuppi nach wie vor Funktionär des Verbandes sei. Tatsächlich war er zu diesem Zeitpunkt noch als Beisitzer des Chemnitzer DPolG-Kreisverbandes gelistet, Name und Foto verschwanden kurz darauf ohne weitere Erklärung von der offizielles Website. Der DPolG war der heutige Abgeordnete bereits 1992 beigetreten, als er seine Polizeiausbildung begann. Später arbeitete er als Streifenbeamter in Revieren in Bautzen, Döbeln und schließlich Chemnitz, zuletzt im Rang eines Polizeiobermeisters. Das Beamtenverhältnis ruht, seitdem er im vergangenen Jahr in den Landtag einzog.

DPolG-Vorsitzende distanziert sich plötzlich

Innerhalb der DPolG war Kuppi zuvor bis an die Landesspitze aufgestiegen, fungierte von 2015 bis 2017 gar als stellvertretender Landesvorsitzender an der Seite von Cathleen Martin. „Ich bin erschrocken, in welche Richtung seine Entwicklung geht, das kann ich menschlich nicht mittragen“, sagte sie heute der Sächsischen Zeitung. Wie eine idas-Recherche zeigt, hatte der Verband unter Martin und Kuppi jedoch auch aktiv die Nähe zur AfD gesucht. So lud die sächsisch AfD-Fraktion mehrfach DPolG-Funktionär*innen als Sachverständige in den Landtag ein, darunter Martin. Sie konkurriert inzwischen mit der AfD, trat zur Landtagswahl als Spitzenkandidatin der Freien Wähler (FW) an, in deren Landesvorstand sie sitzt.

Dort gibt es derzeit Ärger, denn der FW-Bundesvorstand schritt kürzlich gegen den Landeschef Steffen Große ein, enthob ihn seiner Funktion und verhängte einer Ämtersperre. Vorwurf: „Verbindungen und Überschneidungen mit dem rechtsextremen Milieu“. Widersprüchlich erscheint zudem die aktuelle Haltung des DPolG-Chefs Rainer Wendt. Er sieht eine „rote Linie“ überschritten, wenn sich DPolG-Mitgliedern Vereinigungen zuwenden, „die vom Verfassungsschutz beobachtet werden.“ Eine bloße Mitgliedschaft in der AfD sei dagegen unproblematisch, es gäbe sogar mehrere Funktionär*innen der Partei, die zugleich dem Polizeiverband angehören. Vor rund vier Jahren hatte er noch behauptet, in der DPolG seien „keine weiteren AfD-Mitglieder oder Funktionsträger“.

Einziger öffentlich bekannter Fall war damals Sebastian Wippel, ebenfalls ein sächsischer Landtagsabgeordneter. Doch zu der Zeit war auch Kuppi bereits in der AfD aktiv. Er will sich nun gegen seinen Ausschluss wehren und hat Widerspruch gegen die Entscheidung eingelegt. Damit wird sich der sogenannte Landeshauptvorstand der DPolG befassen, ein rund 50-köpfiges Gremium, dem auch Delegierte der einzelnen Kreisverbände angehören. Die nächste Tagung soll turnusgemäß erst Anfang 2021 stattfinden, bis dahin ruhen die Mitgliedsrechte. Die DPolG hatte die Trennung nicht von sich aus publik gemacht.

„Versagen der AfD als Partei“

Auch der 48-Jährige äußerte sich bislang nicht zu seinem Ausschluss. Auf seinem Facebook-Profil ist dagegen klar zu erkennen, auf welcher Seite er im Machtkampf der Partei steht. Erst gestern verwies er auf einen „Offenen Brief“, in dem der AfD-Bundesvorsitzende Jörg Meuthen scharf angegriffen wird, weil er sich skeptisch über Corona-Proteste geäußert hatte. Ihm wird die „Zerstörung und Vernichtung“ der AfD vorgeworfen und ein Rückzug von der Bundesspitze nahegelegt. Die Rede ist darüber hinaus von einem „Versagen der AfD als Partei“, von Teilen der Bundestagsfraktion und einer Mehrheit des Bundesvorstands. Inzwischen sei die Partei „mehr und mehr unwählbar“ geworden.

Das ist ein erstaunlich direktes Unwerturteil. „Bitte fleißig unterschreiben und weiterverbreiten“, heißt es von Kuppi dazu. Einer der Mitautoren des Schreibens ist Paul Traxl, ein bayrischer AfD-Funktionär aus dem Kreisverband Aichach-Friedberg. Er gilt als einer der Initiatoren eines geplanten Mitgliederentscheids, mit dem Flügel-treue Parteikreise ihre Ikone Kalbitz zurück in die Partei holen wollen.

Im innerparteilichen Ringen, das sich aktuell auf den Umgang mit Kalbitz fokussiert, galt Kuppi lange als wenig profiliert. Im vergangenen Jahr holte er sich im Landtagswahlkampf Unterstützung von Björn Höcke, im April war er unter den Erstunterzeichner*innen der sogenannten Dresdner Erklärung. Damit wandten sich teils namhafte AfD-Mitglieder – darunter auch Kalbitz – gegen die Abwicklung des verfassungsfeindlichen Flügels.