Erst verbreitete er einen Haftbefehl und wurde in der rechten Szene als Held gefeiert, dann landete er vor Gericht und in der AfD. Inzwischen sitzt Daniel Zabel im Landesvorstand der Partei – und wird nun erneut angeklagt. Er soll in der JVA Dresden einen Gefangenen schwer misshandelt haben.
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Die Staatsanwaltschaft Dresden hat Anklage gegen den sächsischen AfD-Landesfunktionär Daniel Zabel erhoben. Dem 40-jährigen Justizbeamten wird gefährliche Körperverletzung im Amt vorgeworfen, weil er während seines Dienstes in der JVA Dresden einen tunesischen Gefangenen gezielt misshandelt haben soll. Nach den Erkenntnissen der Anklagebehörde soll er gemeinsam mit zwei weiteren Beschuldigten am 18. Juli 2018 den Mann „zu Boden gebracht, an den Händen gefesselt und mehrfach gegen den Oberkörper getreten und geschlagen“ haben. Der Betroffene erlitt dadurch Hämatome im Bereich des Oberkörpers.
Rechtsmotivierter Straftäter
Der Fall soll vor dem Amtsgericht Dresden verhandelt werden. Ein Prozesstermin steht noch nicht fest, über die Zulassung der Anklage entscheidet zunächst das Gericht. Neben Zabel wurden fünf weitere Justizvollzugsbedienstete angeklagt, die in derselben Einrichtung und ebenfalls im Sommer 2018 jeweils ausländische Gefangene angegriffen und teils schwer verletzt haben sollen. Die Taten wurden durch frühere Ermittlungen gegen den heutigen AfD-Politiker bekannt.
Zabel hatte vor knapp zwei Jahren, nach der Tötung des Chemnitzers Daniel H., unbefugt einen Haftbefehl gegen einen Verdächtigen veröffentlicht, der aus dem Irak stammt und dessen Unschuld sich später herausstellte. Das Dokument wurde unter anderem durch Pegida und einzelne AfD-Politiker*innen verbreitet, die Stimmung in Chemnitz dadurch zusätzlich angefacht. Zabel bekannte sich kurz darauf öffentlich als Urheber des „Leaks“ und wurde in der rechten Szene als Held gefeiert. Das Amtsgericht Dresden verurteilte ihn im Oktober vergangenen Jahres wegen der Verletzung von Dienstgeheimnissen zu einer Freiheitsstrafe von elf Monaten, ausgesetzt zu Bewährung, sowie zur Ableistung von 150 Arbeitsstunden.
Die Staatsanwaltschaft ging von einem klar rassistischen Motiv aus. Das lag auch an Inhalten einer Chatgruppe namens „G1“, die auf Zabels Telefon gefunden und die in der Verhandlung auszugsweise verlesen wurde. Enthalten waren eindeutige Neonazi-Parolen, zudem war – O-Ton Zabel – von „Kanacken-Klatschen wie in den 90ern“ die Rede. Offenbar tauschten sich in der Gruppe mehrere Kollegen aus, die gemeinsam mit Zabel ihren Dienst versahen. Daraus ergaben sich Hinweise auf mehrere mutmaßlich gezielte Übergriffe auf Gefangene. Zabel ist nach wie vor Beamter, jedoch suspendiert. Gegen ihn ist ein Disziplinarverfahren anhängig.
AfD distanziert sich nicht
Der AfD trat Zabel Ende 2018 bei, im Frühjahr 2019 kandidierte er für die Partei erfolglos zur Dresdner Stadtratswahl. Vor einem knappen halben Jahr zog er dann überraschend in den Vorstand des AfD-Landesverbandes Sachsen ein, gewählt von knapp 53 Prozent der rund 400 Delegierten beim Parteitag in Weinböhla. Seither ist er Beisitzer. Die Partei hat sich von dem rechtsmotivierten Straf- und mutmaßlichen Gewalttäter in ihren Reihen bis heute nicht distanziert.
Im Gegenteil: Im Mai nahm er als Sachverständiger an einer Anhörung des Justizausschusses im Bayrischen Landtag zu Arbeitsbedingungen im Justizvollzug teil. Eingeladen hatte ihn die dortige AfD-Fraktion. Mitte Juni war er außerdem Teilnehmer einer AfD-Kundgebung in Sebnitz (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge). Einer der dortigen Redner war der Neonazi Andreas Kalbitz. Die gesamte Versammlung wird inzwischen dem verfassungsfeindlichen Flügel zugerechnet.