Exklusiv │ Ein geplanter Immobiliendeal im Landkreis Zwickau sorgt für Aufsehen: Hartmut Pfau und Karsten Pfau, Kommunalpolitiker und Großspender der AfD, wollen für eine halbe Million Euro ein ehemaliges Ausflugslokal kaufen – es könnte der Partei in die Hände fallen. Jetzt kommt raus: Auf einem Grundstück des Unternehmens der beiden Brüder trafen sich jahrelang berüchtigte Chemnitzer Neonazis.
Beitrag vom 28.01.2021, 13:30 Uhr │ Im Bild: Hartmut Pfau, AfD-Fraktionschef in Hohenstein-Ernstthal.
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Spur zu militanten Neonazis
Die beiden AfD-Kommunalpolitiker Hartmut Pfau und Karsten Pfau aus Hohenstein-Ernstthal (Landkreis Zwickau) waren in der Vergangenheit mit der extrem rechten Szene offenbar enger verknüpft als bisher bekannt. Die Freie Presse hatte kürzlich berichtet, dass die Brüder, die für ihre Partei im Stadtrat und im Kreistag sitzen, ein derzeit ungenutztes Ausflugslokal erwerben wollen, das traditionsreiche Berggasthaus. Aufgerufen wird ein Kaufpreis in Höhe von 500.000 Euro.
Nicht abwegig sind aktuelle Befürchtungen im Ort, das Objekt könnte in die Hände der AfD gelangen, denn die sucht derzeit tatsächlich nach verschiedenen Immobilien, bundesweit. Hinzu kommt: Die Pfaus sind bekannt als Großspender der Partei, 2017 überwiesen sie ihr 10.415 Euro, wie sich aus dem Rechenschaftsbericht der AfD ergibt. Diese Summe kam von einer Firma, der in Chemnitz ansässigen LST Luft-, Sanitär-, Klimatechnik GmbH. Die beiden heutigen Politiker sind seit langem die Geschäftsführer des Unternehmens.
Offenbar war die Zuwendung an die AfD nicht die erste Gelegenheit, bei der über diese Firma das extrem rechte Spektrum gepäppelt wird, wie idas-Recherchen zeigen. Eine neue Spur führt geradewegs in die militante Neonaziszene, zu den Nationalen Sozialisten Chemnitz (NSC). Im März 2014 wurde diese sogenannte Kameradschaft verboten. Mehrere ihrer einst führenden Mitglieder werden dem Umfeld des rechtsterroristischen „Nationalsozialistischen Untergrunds“ (NSU) zugerechnet, der zunächst in Chemnitz untergetaucht war und dort mehrere Überfälle begangen hat.
Pfau-Firma als Eigentümer
Seit spätestens 2007 hatten die NSC-Mitglieder einen festen Treffpunkt in Chemnitz, ein Gewerbeobjekt im Stadtteil Altchemnitz, die Straßburger Straße 32. Der Gruppe gehörte dieses Objekt nicht, mit Wohnsitz gemeldet war dort niemand, man war zu Gast – und zwar bei der Firma LST. Denn seit Ende der Neunzigerjahre war das Unternehmen von Hartmut Pfau und Karsten Pfau, das seinen Sitz in direkter Nachbarschaft hat, offizieller Eigentümer des Areals und vermietete Räume an andere Firmen weiter.
Doch auch Neonazis führten vor Ort interne Treffen durch, luden Gleichgesinnte dorthin zu Vorträgen und regelrechten Schulungen ein, lange ungestört. Diese Nutzung ist eindeutig belegt, in der Verbotsverfügung des sächsischen Innenministeriums wurde der ehemalige NSC-Szenetreffpunkt in der Straßburger Straße sogar erwähnt.
Spätestens 2011 zog die Gruppe dort wieder aus. Doch offenbar nicht, weil die Eigentümer interveniert hätten – sondern nachdem im Sommer 2010 die Polizei angerückt war. Sie durchsuchte die NSC-Räume im Zuge von Ermittlungen wegen des Verdachts der Volksverhetzung und des öffentlichen Billigens von Straftaten. Grund war ein einschlägiges Flugblatt, Aufschrift: „Jagt das Pack! Vertreibt die Hunde!“
Gruppe steht auf Unvereinbarkeitsliste
Die Neonazis konnten danach einen neuen Treffpunkt in einem anderen Stadtteil erschließen, die Aktivitäten fast nahtlos fortsetzen. Dazu gehörte die „Verbreitung der nationalsozialistischen Ideologie“ mit dem Ziel der „Wiedererrichtung eines Staates, der im Wesen dem historischen Nationalsozialismus entspricht“, wie es im Verbotsbescheid heißt.
Zudem waren die Nationalen Sozialisten Chemnitz „eine Adresse an die man sich wendet, wenn es um Gewalt gegen Ausländer oder um eine Auseinandersetzung mit anderen politischen Gegnern geht.“ Darauf bereiteten sich Mitglieder gezielt vor, durch Kampfsporttraining und Schießübungen mit scharfen Waffen.
Bei der AfD kennt man die NSC übrigens – die Partei hat die Neonazi-Vereinigung auf ihre offizielle Unvereinbarkeitsliste gesetzt. „In der AfD gibt es keine Rechtsextremisten“, behauptete der Landesvorsitzende Jörg Urban erst vor wenigen Tagen.