Chemnitzer AfD-Politikerin tritt Neonazi-Fraktion bei

Diana Rabe sitzt für die AfD im Chemnitzer Stadtrat. Jetzt hat sie überraschend ihrer Fraktion den Rücken gekehrt und sich der extrem rechten Vereinigung „Pro Chemnitz“ angeschlossen. Der Partei gehört sie jedoch weiterhin an, sogar als Funktionärin – trotz Unvereinbarkeitsbeschluss. Das könnte zum Problem werden.

 


Beitrag vom 13.01.2021, 15:30 Uhr │ Im Bild: Diana Rabe, Mitglied des Chemnitzer Stadtrats.


Wechsel kam überraschend

Die AfD-Kommunalpolitikerin Diana Rabe ist der Stadtratsfraktion von „Pro Chemnitz“ beigetreten. Am Dienstagvormittag informierte die extrem rechte Lokalpartei um den Szeneanwalt Martin Kohlmann und den Neonazi-Aktivisten Robert Andres über den Wechsel der 31-Jährigen, die „aus eigenem Entschluß auf uns zukam“, man passe „inhaltlich gut“ zueinander. Kurz darauf bestätigte die AfD den Abgang. Grund dafür seien „andauernde unterschiedliche Auffassungen“ über die Ausrichtung der Stadtratsarbeit. „Hier konnte aus ihrer Sicht kein Konsens für eine gemeinsame Zusammenarbeit gefunden werden“, sagte der Fraktionsvorsitzende Volker Dringenberg, der zugleich Landtagsabgeordneter ist.

Offensichtlich kam Rabes Schritt überraschend. Zur zurückliegenden Stadtratssitzung im Dezember fehlte sie, war aber noch Teil der AfD-Fraktion. Zuletzt bot man sogar Gesprächstermine mit ihr an, die bis weit ins Frühjahr reichen. Der Freien Presse sagte sie, dass sie in den Reihen der „Pro Chemnitz“-Fraktion eigenständiger agieren könne als bisher, es gebe dort „weniger Scheu vor deutlichen Worten in der öffentlichen Debatte“. Gegenüber der Chemnitzer Morgenpost deutete Rabe zudem an, auf eine stärkere Kritik an der Pandemieeindämmung zu setzen.

Mitglied der AfD ist Rabe unverändert, ihren Parteiausweis mit der Nummer 10641271 will sie nach eigenen Angaben behalten. Die gebürtige Plauenerin engagierte sich zunächst in der Jungen Alternative, dem AfD-Nachwuchsverband. Bei den Kommunalwahlen im Mai 2019 zog die Germanistin für die Partei in den Ortschaftsrat von Grüna sowie in den Chemnitzer Stadtrat ein. Geworben hatte sie mit der Forderung nach einer „Obergrenze für Migranten in Schulklassen“ – die AfD schickte sie dann in den Migrationsbeirat und den Sozialausschuss. Im Stadtrat war Rabe die einzige Frau in den Reihen der AfD, die zunächst eine elfköpfige Fraktion bilden konnte. Jetzt verfügt sie noch über neun Mitglieder, schon zuvor war sie von der zweit- zur drittstärksten Kraft abgestiegen.

Rabe ist AfD-Funktionärin

Bereits im April vergangenen Jahres wandte sich Paul Günter Steuer von der Fraktion ab, er verließ kurz darauf die Partei. Ähnlich wie Rabe hatte er zu große Zurückhaltung bei der kommunalpolitischen Arbeit kritisiert. Und auch der Rückzug Steuers, der aktuell partei- und fraktionslos ist, war überraschend gekommen. Nach Informationen der Freien Presse kann er sich einen Wechsel zu „Pro Chemnitz“ inzwischen ebenfalls vorstellen.

Doch der Fall Rabe wiegt schwerer, ihr zweigleisiges Vorgehen könnte der AfD zur Last fallen. Grund: Die als rechtsextremistisch eingestufte Vereinigung „Pro Chemnitz“ steht nicht nur im Verfassungsschutzbericht, sondern auch auf der offiziellen Unvereinbarkeitsliste der Partei. Die Abtrünnige ist zudem kein einfaches AfD-Mitglied, bis vor kurzem saß sie als Schriftführerin im Vorstand des Chemnitzer Kreisverbandes. Erst im November gab sie diesen Posten ab.

Doch nach idas-Recherchen ist Rabe dennoch eine Funktionärin der AfD. Ihr Kreisverband wählte sie zur Delegierten, sie vertritt seit geraumer Zeit gemeinsam mit dem Noch-Bundestagsabgeordneten Ulrich Oehme die rund 130 Chemnitzer Mitglieder bei Bundesparteitagen. Beim jüngsten Bundestreffen im nordrhein-westfälischen Kalkar wurde übrigens diskutiert, welche Konsequenzen es geben sollte, wenn Mandatsträger*innen der AfD aus Fraktionen ausscheren. Einen Automatismus sieht die Satzung bislang nicht. Großen Zuspruch gab es aber für die härteste mögliche Sanktion – den Ausschluss aus der Partei.