Presseschau, 42. Kalenderwoche 2020

Sozialparteitag in Kalkar, Ost-Fraktionschefs gegen Beobachtung, Kumpfs Unterstellungen, Drohungen in Freital, kein Posten in Chemnitz, Stadtrat Olbernhau ist AfD-frei, weitere Direktkandidat*innen nominiert, Pasemann aufgestellt, BaWü-Parteitag auf der Wiese, Zusammenarbeit mit der NPD, Glasbruch in München, Lucassen trifft Höcke, Abgeordnete in Bergkarabach, Beck bleibt Chef in Bremen. Das war diese Woche wichtig:


In der Presseschau informiert idas jeden Sonntag über lesenswerte Medienberichte und Recherchen rund um die AfD, die im Laufe der Woche erschienen sind.


Top Stories

Die AfD will ihren sogenannten Sozialparteitag, der im April pandemiebedingt ausfallen musste, am 28. und 29. November in einer Messehalle im nordrhein-westfälischen Kalkar nachholen. Bei dem bundesweiten Treffen will sich die Partei auf ein lange diskutiertes Rentenkonzept einigen und im Vorfeld der Bundestagswahl ihr sozialpolitisches Profil schärfen. Zu den Beratungen sind rund 600 Delegierte eingeladen. (↪ Zeit, 15.10., ↪ t-online.de, 15.10.)


Die amtierenden ostdeutschen Landtagsfraktionschefs der AfD haben sich mit einer gemeinsamen Erklärung, die am Freitag veröffentlicht wurde, gegen die Beobachtung ihrer Partei durch Verfassungsschutzbehörden gewandt. Man werde sich „parlamentarisch und mit allen zur Verfügung stehenden juristischen Mitteln gegen die unterschiedlichen Grade der Einstufung unserer Parteifreunde“ wehren, heißt es in der sogenannten Schweriner Erklärung. Zur Begründung wird angegeben, der Verfassungsschutz werde als Machtinstrument missbraucht und regierungsseitig „gegen parteipolitische Konkurrenten eingesetzt“. Unter den Unterzeichnern der Erklärung sind mit Björn Höcke (Thüringen), Dennis Hohloch (Brandenburg), Oliver Kirchner (Sachsen-Anhalt), Nikolaus Kramer (Mecklenburg-Vorpommern) und Jörg Urban (Sachsen) mehrere führende AfD-Politiker, die bereits offiziell als „Rechtsextremisten“ eingestuft wurden. (↪ Nordkurier, 17.10.)

AfD in Sachsen

Der AfD-Landtagsabgeordnete Mario Kumpf hat Ermittlungsbehörden offenbar zu Unrecht unterstellt, eine schwere Straftat verschwiegen und damit die Öffentlichkeit gefährdet zu haben. Kürzlich veröffentlichte Kumpf einen Facebook-Beitrag, dem zufolge erst durch eine Gerichtsverhandlung bekannt geworden sei, „dass ein Türke ein 15-jähriges Mädchen in Löbau vergewaltigt hatte.“ Zum Zeitpunkt der Veröffentlichung hatte die Hauptverhandlung noch nicht begonnen. Kumpf zufolge sei die Tat verschwiegen worden, dadurch „hätte es zu weiteren schweren Straftaten kommen können“. Dem widerspricht die Polizei: Der Beschuldigte saß demnach schon seit längerer Zeit in Untersuchungshaft, von Maßnahmen der Öffentlichkeitsarbeit habe man außerdem zum Schutz des Opfers abgesehen. Auch die zuständige Staatsanwaltschaft erklärte, aus Gründen des Jugendschutzes den Fall nicht selbst publik gemacht zu haben. Das geschah erst durch die Prozessankündigung des Gerichts, auf die sich Kumpf beruft. Inzwischen weist auch das sächsische Innenministerium die Behauptung des Abgeordneten zurück, man habe eine Anweisung erteilt, über den Fall nicht zu berichten, und ihn damit zu „vertuschen“ versucht. (↪ Sächsische, 13.10., ↪ Sächsische, 16.10.)


Auf der Facebook-Seite von René Seyfried, AfD-Stadtrat in Freital (Sächsische Schweiz-Osterzgebirge), ist die Grünen-Kommunalpolitikerin Lydia Engelmann beleidigt und bedroht worden. Die angehende Lehrerin hatte auf ihrem Twitter-Profil eine Dokumentation über den entlassenen AfD-Bundestagsfraktionssprecher Christian Lüth kommentiert. Seyfried schrieb dazu: „Da sabbelt die Kommunistin der Grünen und Kämpferin der Antifa wieder ihren Müll ab.“ Er nannte die Kommunalpolitikerin „eigentlich untragbar und schon gar nicht als Lehrerin.“ Ein anderer Nutzer ergänzte: „Es wird ja bald wieder Winter und das ist zeitig dunkel und glatt…. ups hingefallen.“ (↪ Sächsische, 15.10.)


Im Stadtrat von Chemnitz erwägt die AfD, einen Personalvorschlag zur anstehenden Besetzung des für die städtischen Finanzen zuständigen Kämmererpostens zu machen. „Sollten wir einen geeigneten Bewerber finden, stellen wir ihn auf“, sagte der Fraktionsvorsitzende Volker Dringenberg, der auch Landtagsabgeordneter ist. Einen AfD-Vorschlag in Betracht zu ziehen diene der „Abbildung des Wählerwillens“. Bisher stellt die AfD keinen Beigeordneten. Die freiwerdende Stelle hatte Sven Schulze (SPD) inne, der kürzlich zum neuen Oberbürgermeister gewählt wurde. Einer AfD-Kandidat*in erteilte er inzwischen eine Absage: „Der Kämmerer wird zwar vom Stadtrat gewählt, aber als Oberbürgermeister muss man der Wahl zustimmen. Da kann ich schon heute sagen, dass ich einem Bewerber der AfD keine Zustimmung geben werde“, sagte er gegenüber der Freien Presse. Generell könnte er sich eine inhaltliche Zusammenarbeit mit der Chemnitzer AfD „nicht vorstellen“. Dort fehle eine „Distanzierung vom rechten Rand der Partei“, es gäbe zu viele Mitglieder der Partei, „die für Ausgrenzung stehen und die unsere grundsätzlichen Werte ablehnen.“ (↪ FP, 15.10., ↪ FP, 16.10.)


Die AfD ist ab sofort nicht mehr im Stadtrat von Olbernhau (Erzgebirgskreis) vertreten. Mit Christian Wendler ist das einzige Ratsmitglied der Partei auf eigenen Wunsch aus dem Gremium ausgeschieden, er kündigte zudem an, aus der AfD auszutreten. Als Grund nannte Wendler wiederholte Bedrohungen. Bei der Kommunalwahl im vergangenen Jahr hatte die AfD vor Ort drei Sitze erhalten, aber nur einen davon besetzen können, da es außer Wendler keine anderen Kandidierenden gab. Daher stehen nun auch keine Nachrücker*innen zur Verfügung. Irritierend: Wendler will seinen Sitz im Kreistag behalten, in den er ebenfalls für die Partei eingezogen war – und dort auch Mitglied der AfD-Fraktion bleiben. (↪ FP, 16.10.)


Im vogtländischen Oelsnitz ist eine Gedenktafel enthüllt worden, die an den Kommunisten und Antifaschisten Georg Dittmar erinnert, der aus dem Ort stammt und 1945, kurz vor Kriegsende, im KZ Bergen-Belsen starb. Die Tafel hatte bis 1990 an Dittmars einstigem Wohnhaus gehangen und galt seitdem als verschollen. Inzwischen tauchte sie wieder auf, notiert die Freie Presse – „beim langjährigen Oelsnitzer Kommunalpolitiker und jetzigen AfD-Landtagsabgeordneten Ulrich Lupart.“ (↪ FP, 16.10.)


Im Kreistag von Nordsachsen wurde Roberto Nacken als neues Mitglied der AfD-Fraktion aufgenommen. Er ersetzt den verstorbenen Ralf Krause. Als Nachrücker wäre zunächst Peter Wittenberg zum Zuge gekommen, der aber verzichtete. Im Jugendhilfeausschuss des Landkreises wird künftig der AfD-Kreisrat Rico Winterlich den bisher durch Krause besetzten Platz einnehmen. (↪ LVZ, 16.10.)


Der Stadtrat von Oelsnitz (Vogtlandkreis) hat es mehrheitlich abgelehnt, das AfD-Ratsmitglied Frank Burkhardt in den Aufsichtsrat der Kommunale Holding GmbH zu entsenden. Diese Position hatte bislang Jeannine Rockser inne, die aber vor kurzem aus der AfD-Fraktion ausgetreten ist und daraufhin von dem Posten abberufen wurde. Als designierter Nachfolger erhielt Burkhardt lediglich drei Ja-Stimmen aus den eigenen Reihen, ferner fünf Nein-Stimmen und elf Enthaltungen. Der AfD-Fraktion steht nun offen, ein anderes Mitglied vorzuschlagen. (↪ FP, 17.10.)


Der AfD-Kreisverband Mittelsachsen hat am Samstag bei einem Kreisparteitag in Niederbobritzsch Carolin Bachmann als Direktkandidatin zur Bundestagswahl im kommenden Jahr nominiert. Knapp und überraschend setzte sich Bachmann gegen Heiko Heßenkemper durch, der seit 2017 im Bundestag sitzt. Bereits in einem ersten Wahlgang durchgefallen waren das Kreistagsmitglied Jörg Bretschneider und Thomas Goebel, der im Stadtrat von Frankenberg sitzt. Die sächsische AfD hat inzwischen zehn ihrer insgesamt 16 Direktkandidat*innen aufgestellt, zuletzt für Meißen Barbara Lenk, für Dresden I Jens Maier, für Dresden II/Bautzen II Andreas Harlaß und für den Erzgebirgskreis Thomas Dietz. (↪ FP, 18.10.)

AfD rundherum

Trotz eines Beschlusses des Landesschiedsgerichts der sachsen-anhaltischen AfD, wonach er der Partei nicht mehr angehört, ist Frank Pasemann am Samstag der Vorwoche als Direktkandidat zur Bundestagswahl im Wahlkreis 69 (Magdeburg und Umgebung) aufgestellt worden. Die Entscheidung für Pasemann, der bereits seit 2017 Bundestagsabgeordneter ist, soll einstimmig gefallen sein. Es habe sich um eine „legitime und demokratische Entscheidung der Mitglieder im Wahlkreis“ gehandelt, sagte der Landesvorsitzende Martin Reichhardt der Deutschen Presse-Agentur. Erst im August war das Landesschiedsgericht einem Antrag des Vorstands gefolgt, Pasemann aus der Partei auszuschließen. Ihm liegt unter anderem zur Last, Schulden bei der Partei angehäuft, den verfassungsfeindlichen Flügel bei der möglicherweise rechtswidrigen Verschleierung von Spendeneinnahmen unterstützt und sich bei Twitter antisemitisch geäußert zu haben. Inzwischen wurde der Landesvorstand neu gewählt, auch mit Stimmen Pasemanns, der neulich am Landesparteitag teilnahm. Damals sagte er, dass ihm das Ausschluss-Urteil noch nicht zugestellt worden sei und er sich daher weiter als Mitglied betrachte. Der neue, Flügel-treue Vorstand schuf inzwischen Tatsachen und beschloss, den Ausschluss zurückzunehmen. Doch das Verfahren läuft weiter und liegt jetzt dem Bundesschiedsgericht zur abschließenden Entscheidung vor, dafür soll der AfD-Bundesvorstand gesorgt haben. Dort fürchtet man, dass ein Verbleib Pasemanns der gesamten Partei zum Nachteil gereichen könnte. In absehbarer Zeit will das Bundesamt für Verfassungsschutz entscheiden, ob die AfD insgesamt zum Verdachtsfall erklärt wird. (↪ RND, 11.10., ↪ Zeit, 12.10., ↪ Tagesspiegel, 12.10., ↪ Volksstimme, 13.10.)


Nach mehreren Absagen in anderen Orten will die baden-württembergische AfD zwei kommende Landesparteitage in der Kleinstadt Haigerloch abhalten. Geplant ist die Aufstellung von Kandidierenden zur Bundestagswahl und die Verabschiedung eines Programms zur nächsten Landtagswahl. Da angefragte Tagungsstätten nicht zur Verfügung stehen, soll nun auf ein Privatgrundstück ausgewichen und in einem Zelt getagt werden. Für den Haigerlocher Ortsteil Owingen liegen Presseberichten zufolge Anfrage für vier Wochenenden im November und im Dezember vor. Die Partei rechnet mit rund 1.000 Teilnehmenden, die dafür nötige Freifläche stellt ein Parteimitglied zur Verfügung. Die Stadt prüft derzeit, ob einer Durchführung Bedenken zum Umwelt- und Hochwasserschutz entgegenstehen könnten, denn die Fläche befindet sich in einem Überschwemmungsgebiet. (↪ SWP, 13.10., ↪ BNN, 13.01., ↪ Zeit, 15.10.)


Die mit der Kontrolle des dortigen Verfassungsschutzes betraute Parlamentarische Kontrollkommission (PKK) des thüringischen Landtags darf sich nicht ohne Einbeziehung der AfD konstituieren. Das hat das Thüringer Verfassungsgericht am Mittwoch bekannt- und damit einem Eilantrag der AfD-Fraktion stattgegeben. Für deren Abgeordnete sind zwei Plätze in dem Gremium vorgesehen, das geheim tagt. Die Wahl von AfD-Abgeordneten scheiterte jedoch in der Vergangenheit immer wieder, weil bislang niemand die erforderliche Parlamentsmehrheit erhielt. Zuletzt war beabsichtigt gewesen, dass die PKK die Arbeit zunächst ohne die AfD aufnimmt. Über das weitere Vorgehen will der Landtag beraten, so bald eine schriftliche Urteilsbegründung vorliegt. (↪ MDR, 14.10., ↪ Zeit, 14.10.)


Der kürzlich aus der AfD-Kreistagsfraktion in Ludwigslust-Parchim ausgetretene Ex-Landesvorsitzende Dennis Augustin hat eine neue Fraktion („Bürger und Identität“) gebildet und den NPD-Politiker Stefan Köster als Mitglied aufgenommen. Augustin war im vergangenen Jahr aus der AfD ausgeschlossen worden, weil er frühere Kontakte zur NPD verschwiegen hat. Für diese ist Köster Landesvorsitzender in Mecklenburg-Vorpommern sowie Schatzmeister im Bundesvorstand. (↪ Nordkurier, 14.10., ↪ Endstation Rechts, 14.10.)


Zu einer handfesten Auseinandersetzung ist es am Dienstag bei einer internen Sitzung der bayrischen AfD-Landtagsfraktion gekommen. Teilnehmende sprechen von einem „hitzigen Wortwechsel“ zwischen der Fraktionsvorsitzenden Katrin Ebner-Steiner und dem Abgeordneten Ulrich Singer. Dabei soll Ebner-Steiner eine Trennscheibe aus Plexiglas zerstoßen haben. Sie selbst berichtet, sich „bedrängt und verbal attackiert gefühlt“ zu haben: Als Singer aufstand, sei sie zurückgewichen und „ruckartig an den Kasten gestoßen“, der daraufhin zerbrach. Singer wurde offenbar leicht verletzt, trug danach einen Verband um die Hand. Er sagte, dass er Ebner Steiner, die „in letzter Zeit gesundheitlich angeschlagen und angespannt wirkt“, keinen „bösen Willen“ unterstellen will. In den vergangenen Monaten hatten die Spannungen in der Fraktion immer weiter zugenommen, eine Mehrheit der Abgeordneten, zu der auch Singer gehört, fordert den Rücktritt des Fraktionsvorstands. (↪ SZ, 14.10., ↪ BR, 15.10.)


Im Vorfeld einer Parteiveranstaltung, bei der am 5. Dezember in Höxter auch Björn Höcke auftreten soll, regt sich Unmut im AfD-Landesverband Nordrhein-Westfalen. Grund ist die Ankündigung, dass sich der Landesvorsitzende Rüdiger Lucassen, der als vergleichsweise gemäßigt gilt, mit Höcke die Bühne teilen und zum Thema „30 Jahre Wiedervereinigung – Opposition in Ost und West“ diskutieren wird. Wie der WDR berichtet, wird in internen Chatgruppen der NRW-AfD „heftige Kritik“ geäußert. Bereits für März war ein gemeinsamer Auftritt von Lucassen und Höcke geplant gewesen, musste aber pandemiebedingt abgesagt werden. Zwischenzeitlich hatte sich Lucassen, der als Unterstützer des Parteivorsitzenden Jörg Meuthen gilt, für die Auflösung des völkisch-nationalistischen Flügels ausgesprochen. Aus dem Landesvorstand heißt es jetzt, Lucassen nehme die Kritik ernst. Indes komme Höcke nicht als Flügel-Vertreter, es gehe vielmehr um die „öffentliche Diskussion mit einem Vertreter eines ostdeutschen Landesverbandes“ – und „gegebenenfalls“ auch um „unterschiedliche parteiinterne Zustandsbeschreibungen“. (↪ WDR, 14.10., ↪ BNR, 15.10., ↪ Westfalen-Blatt, 16.10.)


Mehrere AfD-Politiker sind am Freitag zu einer Reise nach Armenien und in die Kriegsregion Bergkarabach aufgebrochen. Beteiligt sind die Bundestagsabgeordneten Steffen Kotré und Stefan Keuter sowie die Brandenburger Landtagsabgeordneten Andreas Galau und Andreas Kalbitz. Kotré sagte, man habe die Reise auf „Einladung des Präsidenten der Nationalversammlung von Berg-Karabach und von armenischer Seite“ angetreten, um sich „vor Ort ein Bild über den Konflikt zu machen“. Offen ist, mit wem genau sich die AfD treffen will. Bereits im Frühjahr 2019 hatte es eine Delegation in gleicher Besetzung gegeben, Kalbitz wiederum war bereits 2015 als „Wahlbeobachter“ in der Region gewesen. Zu den Konfliktparteien Armenien und Aserbaidschan verfolgt die AfD bislang keine einheitliche Linie, überwiegend steht man aber auf der Seite des „christlichen“ Armenien gegen das „islamische“ Aserbaidschan. Kontakte bestehen offenbar zu der armenischen nationalistischen Oppositionspartei „Adekvad“, mit der jüngst der AfD-Europaabgeordnete Maximilian Krah ein Interview führte. (↪ Tagesschau, 15.10., ↪ RND, 16.10.)


Bei Peter Pichl, einem Mitarbeiter des thüringischen AfD-Landtagsabgeordneten Dieter Laudenbach, handelt es sich um ein früheres Mitglied der NPD. Nach Recherchen des Spiegel war Pichl „mit dem ‚Thüringer Heimatschutz‘ verbandelt, in dessen Dunstkreis die rechtsextreme Terrorzelle ‚Nationalsozialistischer Untergrund‘ (NSU) entstand.“ Laudenbach sagte, er habe sich aufgrund der „fachlichen und persönlichen Befähigungen“ für eine Anstellung Pichls entschieden. Dieser sei vor allem für die Betreuung seines Wahlkreisbüros in Gera zuständig. Die AfD-Landtagsfraktion teilte dazu mit, Laudenbach habe versichert, seinen Mitarbeiter „eingehend geprüft“ zu haben. Der Abgeordnete war neulich bereits wegen einer mutmaßlichen Zusammenarbeit mit der Stasi in die Kritik geraten. (↪ Spiegel, 16.10., ↪ MDR, 16.10.)


Die Fraktion „AfD – Die Aufrechten“ im Kreistag des sachsen-anhaltischen Burgenlandkreises hat den bekannten Neonazi und langjährigen NPD-Aktivisten Lutz Battke als Mitglied aufgenommen. Damit wächst die Fraktion auf fünf Mitglieder und ist stärker als die offizielle AfD-Fraktion, von der man sich im Streit abgespalten hatte. Battke wurde für die neue Fraktion bereits in den Innenausschuss des Burgenlandkreises entsandt. Dieselbe Funktion hatte er bereits früher inne, als er noch für die NPD im Kreistag saß. Heute ist er nach eigenen Angaben parteilos. Das sei auch der Grund, warum man Battke aufgenommen hat, sagte der „Aufrechten“-Fraktionssprecher Ulrich Aubele. Battke habe der Fraktion „versichert, dass er sich verfassungskonform verhält“, es gebe zudem „keine Belege für Rassismus oder Antisemitismus seitens Herrn Battke“. Bislang galten die „Aufrechten“ als vergleichsweise gemäßigt, ihre Anhänger*innen hatten den Flügel-Kurs der Landespartei sowie „monarchistisches Verhalten“ im Kreisverband und der bisherigen Kreistagsfraktion kritisiert. Gegen die vier „Aufrechten“-Mitglieder, die nach wie vor der AfD angehören, wurden bereits im September Parteiausschlussverfahren beantragt, weil sie für ihre Fraktion das Kürzel „AfD“ nutzen. (↪ MZ, 16.10., ↪ MZ, 16.10.)


Bei einem Landesparteitag der AfD Bremen sind an diesem Samstag Abwahlanträge gegen die Führungsspitze des Landesverbandes gescheitert. So war gefordert worden, dass Landeschef Peter Beck und Landesschatzmeister Mertcan Karakaya abberufen und die Spitzenposten neu vergeben werden. Für die Abwahl beider Funktionäre sprach sich zwar jeweils eine Mehrheit der anwesenden Mitglieder aus, die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit wurde jedoch verfehlt. (↪ buten un binnen, 17.10., ↪ Weser-Kurier, 17.10.)

Blauzone

Natalia Bodenhagen, die kürzlich aus der AfD und deren Fraktion in der Bremerhavener Stadtverordnetenversammlung ausgetreten ist, wechselt zur CDU. Der CDU-Fraktionschef Thorsten Raschen sagte, in einem ausführlichen Gespräch hätten sich „inhaltliche Übereinstimmungen gezeigt“. Durch die Abwendung Bodenhagens und des Abgeordneten Pascal Hiller von der AfD ist deren Fraktion zerfallen. Für Hiller, der sein Mandat niederlegte, zog Sven Lichtenfeld als Nachrücker in das Gremium ein, er schloss sich der bisherigen AfD-Fraktion aber nicht an. (↪ buten un binnen, 13.10.)


Kai Gniffke, ehemaliger Chefredakteur der Tagesschau und jetzt Intendant des Südwestdeutschen Rundfunks (SWR), hat in einem Streitgespräch in der Wochenzeitung Die ZEIT dafür geworben, die AfD stärker in die Berichterstattung der öffentlich-rechtlichen Sender einzubeziehen. Man müsse „das ganze Spektrum zulassen“ und „bis an die Schmerzgrenze“ gehen, was auch bereits geschehe. Gniffke widersprach dabei Ansätzen, bestimmte AfD-Vertreter*innen wie Alexander Gauland und Björn Höcke nicht mehr in Talksendungen einzuladen. „Ich halte nichts von einem Bann über einzelne Personen“, sagte er. „Die AfD ist die größte Oppositionspartei im Bundestag. Deswegen haben wir diese Leute nicht nur abzubilden, sondern auch mit denen zu reden.“ Vor rund zwei Jahren hatte Gniffke in Dresden an einer Podiumsdiskussion teilgenommen – auf Einladung der AfD. (↪ Zeit, 14.10.)

Hintergrund

Die radikalisierte Szene der Pandemie-Leugner*innen nähert sich in Teilen der AfD an. Bei einer Kundgebung im Rahmen seiner „Corona-Info-Tour“ sagte der umstrittene Arzt Bodo Schiffmann im brandenburgischen Frankfurt/Oder vor rund 100 Teilnehmenden, er habe die AfD „unterschätzt“. Er ziehe seinen „Hut vor den AfD-Politikern“, es seien diejenigen, „die im Moment um unsere Demokratie kämpfen“. Bereits am vergangenen Wochenende stand in Bühl (bei Baden-Baden) die baden-württembergische AfD-Landtagsabgeordnete Christina Baum auf der Bühne einer Kundgebung der für jüngste Protestaktionen maßgeblichen „Querdenken“-Initiative. Die AfD versucht schon länger, das Thema zu besetzen, inzwischen auch mit drastischer Rhetorik. Bei der „Konferenz Freier Medien“, die neulich durch die AfD-Bundestagsfraktion in Parlamentsräumen ausgerichtet wurde, behauptete die Abgeordnete Nicole Höchst, einzelne Bundesländer würden „wohl demnächst Corona-Schutzstaffeln“ aufstellen. (↪ MOZ, 12.10., ↪ Welt, 12.10., ↪ Kontext, 14.10.)


Das Leipziger Unternehmen Spreadshirt, das T-Shirts und Werbemittel mit Wunschmotiven bedruckt, will Druckvorlagen künftig genauer prüfen und häufiger zurückweisen. Unter anderem wolle man keine Aufträge mehr für die AfD erfüllen, erklärte das Unternehmen. Es war zuletzt wiederholt in die Kritik geraten, unter anderem wegen der Ermöglichung antisemitischer Motive und von Symbolen aus dem Bereich der „QAnon“-Verschwörungsideologie. (↪ MDR, 16.10.)