Das Landtagsmitglied Ivo Tilo Teichmann hat sich in Dresden mit zwei Polizeibeamten angelegt. Für den 52-Jährigen ist das „keine große Sache“. Doch laut Polizeiprotokoll nannte er die Beamten eine „Schande“.
↓
Der Vorfall hat sich am Donnerstagabend vergangener Woche abgespielt. Das berichtet die „Bild“ in ihrer heutigen Regionalausgabe für Dresden. Die Zeitung stützt sich auf einen internen Polizeibericht, der den Ablauf schildert: Demnach haben zwei Zivilfahnder der Gemeinsamen Fahndungsgruppe der sächsischen und der Bundespolizei ihr Auto an einer Tankstelle in der Hansastraße in Dresden betankt. Hinter ihnen wartete ein SUV, dessen Fahrer das nicht schnell genug ging. Er hupte die Beamten mehrmals an.
„Keine große Sache“
Die Polizisten gingen auf den Audi Q5 (Neupreis: ab 45.000 Euro) zu um sich erkundigen, was los ist. Der Fahrer, Ivo Teichmann, wies sich als Abgeordneter aus. Nach den Polizeiangaben soll er gesagt haben, dass er es eilig hat – und die Beamten als „Schande“ für ihren Berufsstand bezeichnet haben. Darüber hinaus habe er mit einer Dienstaufsichtsbeschwerde gedroht. Auf Nachfrage der Zeitung bestätigt Teichmann, dass er gehupt hat. Das sei aber „keine große Sachse gewesen“, ausfällig sei er nicht geworden.
Inzwischen erklärt sich Teichmann auch öffentlich in einem Facebook-Beitrag. Demnach seien die Polizisten „völlig uneinsichtig“ gewesen und „sehr dominant“ aufgetreten. Zudem hätten sie „demonstrativ“ sein Kennzeichen notiert. Dafür revanchiert sich der Abgeordnete jetzt und nennt das komplette Pirnaer Kennzeichen des Polizeifahrzeugs, das nicht als Dienstwagen erkennbar ist. Nach seiner Darstellung habe er das Verhalten der Polizei vor Ort lediglich als „beschämend“ bezeichnet. Er habe sich ansonsten „nichts vorzuwerfen“. Der Bild-Zeitung wirft er jedoch vor, die Fakten zu verdrehen.
Allerdings musste sich Teichmann schon einmal vor Gericht verantworten, weil er im Straßenverkehr ausfällig geworden ist. So soll er im August 2017 einen erst 16-jährigen Radfahrer mit dem Auto von der Fahrbahn gedrängt und dann beleidigt sowie mit den Fäusten geschlagen haben. Einen Strafbefehl wegen des Vorwurfs der Körperverletzung und der Beleidigung akzeptierte der Politiker nicht. Der Fall wurde deshalb vor knapp zwei Jahren am Amtsgericht Pirna verhandelt. Dort wurde das Verfahren gegen eine Geldauflage eingestellt, Teichmann blieb straffrei. Zum Abschluss der Verhandlung sagte er: „Ich beleidige niemanden. Sollte dieser Eindruck entstanden sein, entschuldige ich mich.“
Langjähriger Kontakt zur NPD
Teichmann, der in Königstein (Sächsische Schweiz) lebt, ist im vergangenen Jahr als Direktkandidat der AfD in den Landtag gewählt worden. Vorher hat er als Verwaltungsbeamter in mehreren Dresdner Behörden gearbeitet, unter anderem im Innen- und im Wirtschaftsministerium. Außerdem war er sieben Jahre lang beim Polizeipräsidium Dresden und bei der Polizeidirektion Oberes Elbtal-Osterzgebirge für das Rechnungswesen zuständig.
Heute ist er der für die AfD ein gefragter Experte für die Kommunalpolitik, in der er sich seit der Wendezeit engagiert. Seit 2004 sitzt er im Kreistag des Landkreises Sächsische Schweiz-Osterzgebirge – lange für die SPD. Im Jahr 2014 wechselte er zur AfD, ist Mitglied im aktuellen Landesvorstand und schult Kreisverbände zu kommunalpolitischen Themen. Nach wie vor ist er Vorsitzender des Tourismusvereins Elbsandsteingebirge.
Seit Ende der 1990er Jahre war Teichmann, damals noch als Sozialdemokrat, immer wieder mit irritierenden Äußerungen über eine mögliche Zusammenarbeit mit der NPD aufgefallen. Unter anderem zollte er dem NPD-Politiker Uwe Leichsenring, der ebenfalls im Kreistag saß, seine „Hochachtung“. Nachdem der Neonazi 2006 tödlich verunglückt ist, nahm Teichmann an einer Beerdigungszeremonie teil, die einem Aufmarsch der rechten Szene glich. Es beteiligten sich rund 300 Neonazis, viele aus dem Umfeld der verbotenen „Skinheads Sächsische Schweiz“, und sangen ein SS-Lied.