Der sächsische Landtagsabgeordnete Carsten Hütter ist neuer Bundesschatzmeister der AfD und damit gesamtverantwortlich für die Finanzen der Partei. Er war bisher stellvertretender Schatzmeister und rückt auf, weil der Amtsinhaber Klaus-Günther Fohrmann seinen Rücktritt erklärt hat.
↓
Fohrmanns Schritt, für den lediglich „persönliche Gründe“ angeführt wurden, kam überraschend und wurde am Samstagabend bekannt. Der Steuerberater, Jahrgang 1952, kommt aus Hamburg. Er trat der AfD in der Zeit ihrer Gründung bei und wurde beim ersten Parteitag als Bundesrechnungsprüfer gewählt. Seit 2015 war er ununterbrochen der oberste Kassenwart der Partei.
In Spendenaffären verstrickt
In dieser Rolle ist Fohrmanns Name eng verknüpft mit den Spendenaffären der AfD. Im Frühjahr vergangenen Jahres wurde bekannt, dass die Staatsanwaltschaft Berlin gegen ihn wegen des Verdachts des Verstoßes gegen das Parteiengesetz ermittelt. Hintergrund sind verdeckte Wahlkampfhilfen, die der Stuttgarter „Verein zur Erhaltung der Rechtsstaatlichkeit und der bürgerlichen Freiheiten“ leistete. Der Verein soll mithilfe der Werbeagentur Goal AG aus der Schweiz unter anderem in den Bundestagswahlkampf eingegriffen und durch eine gratis verteilte Zeitschrift zur Wahl der AfD aufgerufen haben. Die Unterstützungsleistung, um die es in Fohrmanns Fall geht, soll einen sechsstelligen Gegenwert haben.
Die Herkunft der Mittel, die durch den Einsatz von Strohleuten verschleiert wurde, ist nicht aufgeklärt. Der Partei und ihrem langjährigen Finanzchef liegt zur Last, diese Hilfen nicht ordentlich verbucht, sondern in mehreren Rechenschaftsberichten falsche Angaben gemacht zu haben. Wegen ähnlicher verdeckter Wahlkampfhilfen zugunsten des Parteichefs Jörg Meuthen und des heutigen Europaabgeordneten Guido Reil ist die AfD bereits zu Strafzahlungen in Höhe von insgesamt rund 400.000 Euro verpflichtet worden. In einem weiteren Fall, der Alice Weidel betrifft, droht eine Strafe in Höhe von weiteren knapp 400.000 Euro. Zur Sicherheit hatte Fohrmann aus dem Parteivermögen Rücklagen in Höhe von rund einer Million Euro gebildet, damit die AfD zahlungsfähig bleibt.
Rücktrittsgrund ist unklar
Das alles war weitgehend bekannt, als Fohrmann vor nicht einmal zwei Monaten beim AfD-Bundesparteitag in Braunschweig als Schatzmeister wiedergewählt wurde. Dort setzte er sich mit knapp 85 Prozent der Stimmen gegen einen Mitbewerber durch. Den Delegierten sagte er, dass er die Partei in finanziell ruhigem Fahrwasser halten wolle. Zudem berichtete er, dass die AfD in einem Testament bedacht worden sei und ihr daraus zukünftig eine erhebliche Geldsumme zufließen werde. Das geschah bisher offenbar nicht. Stattdessen wandte sich Fohrmann Ende Dezember in einer E-Mail an sämtliche Mitglieder, berichtete von einer „schweren finanziellen Notlage“ und bat dringend um Spenden, die in der jüngsten Zeit spärlicher als gewohnt eingegangen sind. Spenden würden vor allem benötigt für „einen juristischen Abwehrkampf“, hieß es in dem Rundschreiben.
Damit sind Klagen gegen die befürchtete Beobachtung durch den Verfassungsschutz gemeint. Ob der Spendenskandal oder andere Schieflagen mit dem jetzt erfolgten Rücktritt zusammenhängen, ist noch unklar, die Partei erklärte dazu bislang nichts. In einem kurzen Statement bedankte sich der neue Schatzmeister Hütter via Facebook bei Fohrmann für dessen „Aufbauleistung der Gesamtpartei“ und wünschte ihm „alles Gute“ für seinen weiteren Weg. Im aktuellen Bundesvorstand galt Fohrmann als eines der letzten Gegengewichte zum völkisch-nationalistischen Flügel sowie als eines der letzten Überbleibsel aus der Ära des Parteigründers Bernd Lucke und aus der nachfolgenden Phase unter Frauke Petry.
Hütter übernimmt
Carsten Hütter, Fohrmanns Nachfolger, stellte sich beim Braunschweiger Parteitag ebenfalls den Delegierten zur Wahl. Diese machten ihn mit knapper Mehrheit zum stellvertretenden Schatzmeister. Seitdem gehört Hütter dem Bundesvorstand an. Vorher war der 55-Jährige, der aus Unna in Nordrhein-Westfalen kommt, im Erzgebirskreis wohnt und für die AfD im Kreis Meißen aktiv ist, ein Co-Sprecher des Bundeskonvents, des höchsten Gremiums zwischen den Parteitagen. Als Schatzmeister ist Hütter erfahren, er ist der aktuelle Finanzchef des sächsischen Landesverbandes. Die gleiche Funktion hatte er bereits unter Frauke Petry, als deren Intimus er lange galt. Er selbst sieht sich als „gemäßigten Politiker“ und nimmt in der parteiinternen Entwicklung keinen eindeutigen Standpunkt ein.
Beides wird als Makel wahrgenommen, das schwächt seine Verankerung im sächsischen Landesverband. Es könnte sich für ihn als Glücksfall erweisen, jetzt auf Bundesebene mehr Verantwortung übernehmen zu dürfen, sofern er der Aufgabe gewachsen ist. Hütter war im vergangenen Jahr bereits zum zweiten Mal in den Sächsischen Landtag gewählt worden, wo er sich nicht als Haushalts-, sondern als Innenpolitiker profiliert. Er ist dort nicht der einzige Abgeordnete, der sich um die Parteifinanzen müht: Neu ins Parlament eingezogen ist Doreen Schwietzer aus Hoyerswerda. Die 48-Jährige ist seit 2018 erste Bundesrechnungsprüferin der AfD und kontrolliert die korrekte Buchführung der Bundesverbandes.