Presseschau, 18. Kalenderwoche 2020

AfD in Riesa, Tharandt, Leipzig, Lossatal, Neukieritzsch, Chemnitz, Görlitz und Roßwein, Vorwürfe gegen Parteisprecher Lüth, Rückschlag für Dörr, Ermittlungen gegen Czuppon und Weidel, Ausschluss von Lange, Erbschaft für Parteizentrale, Neonazi in thüringischer Fraktion, „Schlussstrich“ unter NS-Vergangenheit, ehemalige DDR-Oppositionelle, Wandlung zur Anti-Shutdown-Partei, „Zentrum Automobil“, Hampel und die Medien. Das war diese Woche wichtig:


In der Presseschau informiert idas jeden Sonntag über lesenswerte Medienberichte und Recherchen rund um die AfD, die im Laufe der Woche erschienen sind.


AfD in Sachsen

Die AfD hat im Stadtrat von Riesa (Landkreis Meißen) versucht, die Sanierung des Offenen Jugendhauses (OJH) zu verhindern. Im Bauausschuss beantragte die Fraktion, die Arbeiten auf die Zeit nach der Pandemie zu verschieben und die jetzt anstehende Bauaufträge nicht zu vergeben. Es gebe derzeit eine angespannte finanzielle Situation und andere, wichtigere Projekte, so Fraktionschef Joachim Wittenbecher. Um welche Projekte es sich handelt, sagte er nicht. Die Sanierung des Hauses ist ein bereits länger geplantes Vorhaben der Stadt und erforderlich, um Brandschutzanforderungen zu erfüllen. Dafür stehen Fördermittel in Höhe von mehr als 400.000 Euro bereit, die bis Ende September ausgegeben werden müssen. Eine Verschiebung hätte den Verfall dieser Mittel und voraussichtlich die Schließung des Objekts zur Folge. Möglicher Hintergrund des AfD-Vorstoßes: Sie kritisiert den freien Träger des OJH, zu dem sie bereits mehrere Landtagsanfragen gestellt hat. Der Riesaer Bauausschuss votierte letztlich geschlossen gegen den Antrag zur Verschiebung. Die Gegenstimmen kamen versehentlich auch von der AfD, wo man „einen Moment geschlafen“ habe. (↪ Sächsische, 26.04.)


Der Stadtrat von Tharandt (Landkreis Sächsische Schweiz-Osterzgebirge) hat Bauaufträge für die Errichtung einer neuen Kindertagesstätte vergeben. Den Zuschlag für die Baustelleneinrichtung, den Tiefbau und das Fundament erhielt die Firma Döhnert aus Hartha (Landkreis Mittelsachsen). Deren Chef Ronny Döhnert ist zugleich für die AfD Mitglied des Tharandter Stadtrates. Wert des Auftrags zu seinen Gunsten: rund 314.000 Euro. (↪ Sächsische, 27.04.)


Die AfD im Stadtrat von Leipzig hat gefordert, aus dem kommunalen Budget zur Demokratieförderung künftig jedes Jahr mindestens zwei Initiativen zu fördern, „die sich mit linksextremistischen Tendenzen in Stadtteilen und Sozialräumen“ auseinandersetzen. „Rechts- und Linksextremismus“ sollten „gleichermaßen“ bekämpft werden, heißt es in dem AfD-Antrag. Aus ihm ergibt sich allerdings nicht, welche Projekte gefördert werden sollen. Naheliegender Grund: Projektanträge, die sich „mit linksextremistischen Tendenzen“ befassen und gefördert werden könnten, liegen gar nicht vor. Die AfD will daher den Oberbürgermeister verpflichten, sich für die Gewinnung von Trägern entsprechender Projekte einzusetzen. (↪ LVZ, 28.04.)


Nach einer aktuellen Prognose könnte die CDU im kommenden Bundestagswahljahr alle 16 sächsischen Wahlkreise gewinnen. Zur vergangenen Wahl 2017 waren es nur zwölf gewesen, einer ging an die LINKE, drei an die AfD. Die Erststimmenergebnisse der Union könnten künftig deutlich besser ausfallen, so die Einschätzung der Plattform Wahlkreisprognose.de. Bei den Zweistimmen liegt die CDU demnach sachsenweit bei 37 Prozent, rund zehn Punkte mehr als zur letzten Bundestagswahl. Die AfD wird gegenwärtig bei 28 Prozent gesehen, das wäre ein Punkt mehr als bisher. Alle anderen Parteien verlieren dagegen an Zustimmung. Genauer ausgewertet wurde der Kreis Meißen: Dort sind gegenwärtig alle Parteien einstellig, außer CDU (38,5 Prozent) und AfD (35 Prozent). In dem Landkreis wird voraussichtlich am 20. September eine neue Landrät*in gewählt. (↪ Sächsische, 28.04.)


Jens Zaunick hat sein Mandat im Gemeinderat von Lossatal (Landkreis Leipzig) niedergelegt. Hintergrund ist ein Rechtsstreit mit dem Wirtschaftsbetrieb Lossatal, in den Zaunick verwickelt ist. Der kommunale Eigenbetrieb wirft ihm die unerlaubte Einleitung von Abwasser ins öffentliche Netz vor. Zaunick erklärte daraufhin, die Kommune nicht mehr vertreten zu können. Das Gremium folgte nun seinem Wunsch und entließ ihn aus dem Ehrenamt. Er war bereits bei zurückliegenden Sitzungen des Gremiums unentschuldigt ferngeblieben, ihm drohte deshalb ein Ordnungsgeld. Als Nachrücker wird für die AfD René Falk in den Gemeinderat einziehen. (↪ LVZ, 29.04.)


Der Gemeinderat von Neukieritzsch (Landkreis Leipzig) hat es mit den Stimmen der AfD abgelehnt, eine Gemeindepartnerschaft mit dem niederländischen Beverwijk einzugehen. Beide Orte sind historisch verbunden: Rund 500 Niederländer*innen waren im April 1944 in Beverwijk gefangen genommen und unter anderem auf das heutige Neukieritzscher Gemeindegebiet verschleppt worden, wo sie Zwangsarbeit leisten mussten und teils getötet wurden. Die Geschichtswerkstatt Neukieritzsch pflegt den Kontakt in die Niederlande bereits seit längerem, er sollte nun um eine formale Partnerschaft ergänzt werden. Als Grund, warum er das ablehnt, sagte AfD-Ratsmitglied Michael Schwitalla, dass eine Partnerschaft „auf Augenhöhe“ nicht möglich sei, da das Verhältnis beider Orte zu sehr belastet sei. (↪ LVZ, 29.04.)


Mitglieder der Chemnitzer Stadtratsfraktionen von AfD und „Pro Chemnitz“ haben am Mittwoch eine Ratssitzung verlassen, um zu verhindern, dass über die Aufnahme von Kindern aus Flüchtlingslagern in Griechenland abgestimmt werden kann. Ohne die insgesamt acht Mitglieder der beiden Rechtsaußen-Fraktionen war der Stadtrat nicht mehr beschlussfähig, so dass die Sitzung unterbrochen werden musste. Die Situation trat ein, weil der Stadtrat derzeit aus Gründen des Infektionsschutzes nur in reduzierter Besetzung tagt. Die Sitzung konnte jedoch fortgesetzt werden, nachdem die anderen Fraktionen einige Ratsmitglieder hinzuholten. Der dadurch wieder beschlussfähig gewordene Stadtrat stimmte dann einstimmig dafür, dass die Stadt sich bereiterklärt, im aktuellen Jahr zwölf unbegleitete minderjährige Geflüchtete aus griechischen Unterkünften aufzunehmen. Im Nachgang bestritt der AfD-Fraktionsvorsitzende Volker Dringenberg, der auch Landtagsmitglied ist, eine Absprache mit „Pro Chemnitz“ getroffen zu haben. Das steht jedoch in Zweifel: „Mitglieder beider Fraktionen berieten sich kurz vor dem Verlassen des Raumes“, beobachtete die Freie Presse. (↪ FP, 29.04., ↪ MDR, 30.04., ↪ FP, 02.05.)


Im Stadtrat von Görlitz hat die CDU-Fraktion einem Antrag der AfD zugestimmt, der „Ballsport mit Mannschaftscharakter“ auf dem Wilhelmsplatz – einer großen innerstädtischen Grünfläche – verbietet. Die Regelung wird in die neue Grünanlagensatzung der Stadt eingehen. Für diese Einschränkung sah die Stadtverwaltung keinen sachlichen Grund. (↪ Sächsische, 01.05.)


Jens Tamke, für die AfD im Stadtrat von Roßwein (Landkreis Mittelsachsen) sitzt, ist in den Vorstand der kommunalen Grafe-Stiftung gewählt worden. Die Stiftung fördert soziale Belange, der ehrenamtlich tätige Vorstand wird durch den Stadtrat berufen. Für Tamke stimmten zwölf der 19 Mitglieder des Stadtrats, in dem die AfD lediglich vier Sitze hat. Tamke wurde vor einigen Jahren als Anti-Asyl-Aktivist bekannt, er hielt eine Rede bei Pegida und wollte mit Unterstützung von Legida selbst Bürgermeister in Roßwein werden. (↪ LVZ, 01.05.)

AfD rundherum

Nach der Beurlaubung des langjährigen AfD-Partei- und Fraktionssprechers Christian Lüth in der Vorwoche sind neue Hintergründe zu der überraschenden Personalentscheidung bekannt geworden. Demnach stand Lüth zurückliegend in einem offenbar teils dienstlichen, teils privaten Chatkontakt mit einer jungen Frau, die dem konservativen Rand der CDU angehört. Auf deren Nachfrage nach seinem politischen Standpunkt soll der Parteisprecher mit „Faschist“ geantwortet und das später mehrfach bekräftigt haben. Zudem soll er auf seine „arische“ Abstammung verwiesen und in dem Zusammenhang seinen Großvater erwähnt haben, den NS-Korvettenkapitän Wolfgang Lüth. Ironisch gemeint war die Darstellung den Chatnachrichten zufolge, die der Zeit vorliegen, offenbar nicht. Allerdings waren Lüths Angaben teils unrichtig: Bei Wolfgang Lüth handelt es sich nicht um seinen Großvater. Die Chatpartnerin soll die Nachrichten später auszugsweise an den AfD-Fraktionsvorsitzenden Alexander Gauland – Lüth galt bisher als dessen Vertrauter – weitergereicht und mit einer Veröffentlichung gedroht haben. Nach längerer interner Prüfung entschied Gauland, Lüth zunächst freizustellen; formell wurde ihm noch nicht gekündigt. Offenbar wurde gehofft, das Thema intern behandeln zu können, ohne eine endgültige Trennung herbeizuführen. Die Lage sieht anders aus, seitdem die Personalie öffentlich geworden ist. Jetzt wird in der AfD spekuliert, auf welche Weise das geschehen sein könnte. Im Spiel ist demnach der Parteivorsitzende Tino Chrupalla, der einen Nutzen aus einem Rauswurf ziehen könnte: „Lüth ist mit allen verbandelt, gegen die Chrupalla sich überhaupt erst profilieren muss“, berichtet die Welt. (↪ Spiegel, 26.04., ↪ Welt, 27.04., ↪ TAZ, 27.04., ↪ Zeit, 01.05.)


Das Bundesschiedsgericht der AfD hat einen Eilantrag des abgesetzten saarländischen Landesvorstands abgelehnt, vorläufig in das Amt zurückkehren zu können. Ende März hatte der Bundesvorstand die komplette saarländische Parteispitze um Josef Dörr abgesetzt und einen Notvorstand beauftragt, die Amtsgeschäfte fortzuführen und Neuwahlen vorzubereiten. Dörr verlangte nun, bis zur Aufklärung aller Vorwürfe wieder als Landesvorsitzender eingesetzt zu werden. Das Parteigericht folgte seiner Argumentation nicht, wonach aus der Arbeit des Notvorstands Nachteile für den gesamten Landesverband entstehen würden. Dörr und einigen seiner Mitstreiter liegen „schwerwiegenden Verstöße“ gegen die Grundsätze und Ordnung der Partei zur Last, unter anderem auch Bezüge zur extremen Rechten. Er bestreitet die Vorwürfe und kündigte bereits an, sich auch vor einem staatlichen Gericht zu wehren. (↪ SR, 27.04., ↪ DRR, 28.04., ↪ SaarZ, 30.04.)


Die Staatsanwaltschaft Erfurt hat gegen den thüringischen AfD-Landtagsabgeordneten Torsten Czuppon ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der Verleumdung eingeleitet und die Aufhebung seiner parlamentarischen Immunität beantragt. Der Verdacht geht auf ein Disziplinarverfahren zurück, das ruht, seitdem Czuppon im vergangenen Jahr in den Landtag eingezogen ist. Zuvor hatte er als Beamter der Bereitschaftspolizei gearbeitet und war mehrfach damit aufgefallen, Bekleidung der Marke „Thor Steinar“ zu tragen, die in der rechten Szene beliebt ist. Einmal soll er das auf dem Gelände der Gedenkstätte Buchenwald getan haben. Bei einer dazu durchgeführten Anhörung durch seinen Dienstherrn soll er einer anderen Person eine Straftat vorgeworfen haben – mutmaßlich zu Unrecht. (↪ Freies Wort v. 28.04., S. 2)


Die AfD im sachsen-anhaltischen Landkreis Mansfeld-Südharz hat Jens Lange aus ihrer Kreistagsfraktion ausgeschlossen und verlangt von ihm, das Mandat niederzulegen. Offiziell begründet wird das mit langanhaltender Inaktivität Langes – bei dem es sich um den Leiter des Wahlkreisbüros des thüringischen AfD-Vorsitzenden Björn Höcke in Heiligenstadt handelt. Lange kritisiert, dass die Partei in seinem Landkreis zu „links“ sei. Er liegt mit dem Landtagsabgeordneten Robert Farle über Kreuz, der auch Vorsitzender des Kreisverbandes ist. (↪ MZ, 29.04.)


Die Schweiz wird der Staatsanwaltschaft Konstanz Rechtshilfe gewähren und demnächst Kontodaten zu einer dubiosen Parteispende übersenden, die im Bundestagswahlkampf vor knapp drei Jahren an Alice Weidel geflossen war. Unter dem Verwendungszweck „Wahlkampfspende Alice Weidel“ war damals ein Gesamtbetrag in Höhe von 132.000 Euro, aufgeteilt in 18 Tranchen, auf einem Parteikonto in Weidels AfD-Kreisverband am Bodensee eingegangen. Ein Teil des Geldes wurde ausgegeben, ein anderer Teil zurücküberwiesen, nachdem Zweifel an der Herkunft aufgekommen waren. Die Bundestagsverwaltung geht von einer illegalen Parteispende aus und fordert von der AfD eine Strafzahlung in Höhe von rund 400.000 Euro. Strafrechtliche Ermittlungen richten sich in dem Zusammenhang gegen Weidel und einige Verantwortliche ihres Kreisverbandes. Bislang gelang es aber nicht, den Geldstrom komplett aufzuklären. Absender der Spende waren zwei Firmen eines Züricher Pharmaunternehmers, der später behauptete, dass er das Geld in fremdem Auftrag überwiesen habe. Die angeblichen Gönner, die man in der Schweiz benannt hat, erwiesen sich als Strohleute, die teils dafür bezahlt wurden, ihren Namen herzugeben. Tatsächlich könnte das Geld von dem Immobilienmilliardär Henning Conle Junior stammen, wie Medienrecherchen nahelegen. Schweizer Kontodaten könnten das klären helfen – und auch, ob die AfD um die Herkunft des Geldes wusste. Der Anwalt des Pharmaunternehmers versuchte die Übergabe der Unterlagen über mehrere Instanzen hinweg zu verhindern. Nun liegt eine abschließende Entscheidung des Schweizer Bundesstrafgerichts vor. (↪ Tagesschau, 29.04., ↪ Tagesanzeiger, 29.04.)


Die Verwunderung war groß, als Anfang des Jahres bekannt wurde, dass der AfD aus einer Erbschaft mehr als sieben Millionen Euro zufließen werden – die größte Einzelzuwendung, die je eine deutsche Partei erhalten hat. Auch die AfD war darüber erstaunt, denn den Verstorbenen kannte sie nicht. Es handelt sich um Reiner Strangfeld, der als Erfinder mit Patenten ein Vermögen gemacht und im Sommer 2018 Suizid begangen hat, indem er sich selbst verbrannte. Der Spiegel rekonstriert das Leben des Mannes, der offenbar ein Eigenbrötler mit psychischen Problemen und extrem rechten Ansichten war. Die AfD machte er bewusst zur Alleinerbin, weil er sie für die Partei hielt, „die sich am ehesten gegen den Zuzug von Ausländern wendet“. Die AfD erwägt nun, mit dem Geld ein Bürogebäude zu erwerben und dort ihre Parteizentrale einzurichten. (↪ Spiegel, 01.05.)


Die thüringische AfD-Landtagsfraktion beschäftigt seit kurzem mit Martin Schieck einen Mann, der lange Zeit in der Neonaziszene aktiv war. Recherchen des MDR belegen, dass Schieck bis mindestens 2018 „mit zahlreichen Personen in Kontakt stand, die rechtsextremen Organisationen angehörten. Darunter: Mitglieder der Neonazi-Organisation ‚Blood & Honour‘ (‚B&H‘), der NPD-Jugendorganisation JN, der so genannten Freien Kameradschaften sowie Akteure des neurechten Milieus.“ Für die AfD-Fraktion ist Schieck jetzt im Bereich der Öffentlichkeitsarbeit tätig, unter anderem als Fotograf. (↪ MDR, 02.05.)

Stimme & Haltung

Eine knappe Mehrheit der Deutschen befürwortet es, die NS-Vergangenheit als abgeschlossen zu betrachten. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Umfrage des Meinungsforschungsinstituts Policy Matters im Auftrag der Wochenzeitung Die Zeit. Demnach stimmen 53 Prozent der Befragten „voll und ganz“ oder „eher“ der Aussage zu, dass ein „Schlussstrich“ gezogen werden solle. Ebenso viele meinen, dass es nicht die „Masse der Deutschen“, sondern „nur einige Verbrecher“ gewesen seien, „die den Krieg angezettelt und die Juden umgebracht haben“. Zudem stimmen 58 Prozent der Aussage zu, wonach die Deutschen „nicht mehr Verantwortung für den Nationalsozialismus, für Diktatur, für Kriege und Verbrechen als andere Länder auch“ hätten. Zugleich ist aber eine deutliche Mehrheit von 77 Prozent der Auffassung, dass dafür gesorgt werden solle, „dass die Geschichte des Nationalsozialismus und der Holocaust nicht vergessen werden“. Ebenso viele halten die Auseinandersetzung mit der Geschichte des Nationalsozialismus für „so wichtig wie eh und je“. Deutliche Unterschiede zeigen sich bei den Parteipräferenzen: 80 Prozent der AfD-Wähler*innen befürworten einen „Schlussstrich“, 84 Prozent sehen bei der „Masse der Deutschen“ keine historische Schuld und auch heute keine keine überwiegende deutsche Verantwortung. Eine knappe Mehrheit von 51 Prozent meint, dass die Geschichte nicht vergessen werden dürfe. Nur 43 Prozent der AfD-Anhänger*innen hält die Auseinandersetzung mit dem Thema für wichtig. (↪ Zeit, 28.04., ↪ Umfragedaten)

Hintergründe

Eine ganze Reihe ehemaliger DDR-Oppositioneller und Bürgerrechtler*innen der Wendezeit sind nach rechtsaußen abgewandert und haben bei der AfD angedockt. Der telegraph, letztes überlebendes Medium der linken Ost-Opposition, diskutiert das Phänomen. (↪ telegraph, 28.04.)


In der Pandemiekrise hat die AfD eine gesundheitspolitische 180-Grad-Wende vollbracht: Von einer Partei, die sich zunächst überraschend nah an der Regierungslinie bewegte, hin zu gegenteiligen Forderungen, das öffentliche Leben trotz gesundheitlicher Gefahren schnellstmöglich wieder hochzufahren. Die AfD wird so zur „Anti-Shutdown-Partei“. (↪ Welt, 29.04.)


Um die rechte Pseudo-Gewerkschaft „Zentrum Automobil“ (ZA) des Neonazis Oliver Hilburger gab es vor zwei Jahren einen regelrechten Hype, als die AfD-nahe Gruppe zu Betriebsratswahlen antrat. Der Erfolg blieb überschaubar, bundesweit gibt es um die 20 ZA-Betriebsrät*innen. Für die Behauptung, inzwischen „Mitgliederzahlen im fünfstelligen Bereich“ zu haben, findet sich kein Beleg. Jetzt hofft man dort, angesichts einer anstehenden Rezession durch die Pandemiekrise neuen Zulauf zu erhalten. (↪ Frankfurter Allgemeine Woche, 01.05., S. 26/27)


Die AfD hat ein kompliziertes Verhältnis zu den Medien. Doch in ihren Reihen gibt es viele, die aus genau diesem Bereich kommen. Einer von ihnen ist Armin-Paul Hampel, ein ehemaliger Fernsehreporter, der zuletzt ARD-Auslandskorrespondent war, für einige Jahre sogar MDR-Chefreporter. Heute sitzt er für die AfD im Bundestag und ist außenpolitischer Sprecher seiner Fraktion. Wie passt das zusammen? (↪ Süddeutsche, 02.05.)