Mehr als ein halbes Jahrzehnt nach Beginn der rassistischen Protestserie hat Sachsens Landesregierung den Pegida-Anführer Lutz Bachmann erstmals offiziell als „Rechtsextremist“ bezeichnet. Der AfD könnte das bald Probleme bereiten.
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Entdeckt hat das unscheinbare Detail die Linken-Abgeordnete Kerstin Köditz. Monatlich fragt sie beim Innenministerium nach Aktivitäten der rechten Szene im Freistaat. Pegida taucht in den Antworten häufig auf – als „nicht-extremistische Veranstaltung“, an der sich aber regelmäßig Anhänger*innen der extremen Rechten beteiligen. Einen davon benannte das Innenministerium jetzt namentlich und bezeichnete ihn erstmals öffentlich als „Rechtsextremisten“: Lutz Bachmann. Er ist Gründer und Anführer der „Patriotischen Europäer“.
Die sind der AfD zwar stark zugeneigt, wie mehrere wissenschaftliche Erhebungen belegen. Auch nahmen bekannte Parteianhänger*innen von Anbeginn an den Dresdner Demonstrationen teil und tun das bis heute. Doch nach anfänglichen Sondierungen blieb die Partei jahrelang auf Halbdistanz, scheute einen offenen Schulterschluss. Die frühere Landes- und Bundesvorsitzende Frauke Petry verteidigte die Abgrenzung unter anderem im Hinblick auf die kriminelle Vergangenheit Bachmanns und lancierte einen faktischen Unvereinbarkeitsbeschluss.
Doch der gilt wenig, seitdem Petry gestürzt worden ist. Als Nachfolger im Landesverband setzte sich Jörg Urban duch: Er warb unter den Mitgliedern vor allem mit dem Ziel, mit Pegida zu kooperieren, gar gemeinsam Wahlkämpfe zu bestreiten. Als er im Februar 2018 beim Landesparteitag zum Vorsitzenden gekürt wurde, drehte sich seine Rede nicht nur um Pegida. Sondern im Anschluss gratulierten ihm Bachmann und dessen rechte Hand Siegfried Daebritz vor Ort persönlich zur Wahl. Kurz darauf, Anfang März 2018, sprach Urban als erster AfD-Spitzenfunktionär bei einer Pegida-Kundgebung. „Pegida und die AfD sind dieselbe Bewegung“, sagte er dort.
Anzeichen einer Zusammenarbeit häufen sich seitdem. Zuletzt nahm Urban Anfang Oktober 2019, also kurz nach der für die AfD erfolgreichen Landtagswahl, an einem Pegida-Aufmarsch teil, gemeinsam mit seinem Fraktionskollegen André Wendt, der da gerade zum Vizepräsidenten des Landtags gewählt worden war. Bei dieser Versammlung bezeichnete Bachmann Teilnehmende des Gegenprotests unter anderem als „Volksschädlinge“, „Parasiten“ und „miese Maden“, die man „in den Graben“ werfen werde.
Urban hatte wiederholt erklärt, Pegida sei keineswegs rechtsextrem, werde auch nicht von derart gesonnenen Personen besucht. Diese eigenwillige Einschätzung könnte der Partei schon bald Probleme bereiten: Sie muss sich auf eine Beobachtung durch Verfassungsschutz-Behörden einstellen, die nach wie vor prüfen, ob die AfD insgesamt „rechtsextremistisch“ ist. In einem dazu gefertigten Dossier des Bundesamtes für Verfassungsschutz, das vor rund einem Jahr publik wurde, sind die problematischen Pegida-Bezüge der Partei ein wichtiges Thema. Bei der Gelegenheit wurde bereits Däbritz als „Rechtsextremist“ bezeiechnet.