Presseschau, 52. Kalenderwoche 2020

Wechsel in der „Arbeitsgruppe Verfassungsschutz“, Angriff auf Kulturförderung in Dresden, Grimmaer AfD will NSDAP-Mann ehren, Absturz in Brandenburg, Parteitag in Sachsen-Anhalt, Schiedsrichter kritisiert Gauland, geringe Impfbereitschaft, Zittauer Linke distanziert sich, Maaßen will in die Hayek-Gesellschaft, Zugriff im Neukölln-Komplex. Das war diese Woche wichtig:


In der Presseschau informiert idas jeden Sonntag über lesenswerte Medienberichte und Recherchen rund um die AfD, die im Laufe der Woche erschienen sind.


Top Stories

Vor der befürchteten Einstufung der Gesamtpartei als rechtsextremistischer Verdachtsfall wächst die Nervosität an der Spitze der AfD. In einer Telefonkonferenz hat der Bundesvorstand am Montag überraschend beschlossen, den Bundestagsabgeordneten Roland Hartwig als Leiter der parteiinternen „Arbeitsgruppe Verfassungsschutz“ mit sofortiger Wirkung abzuberufen und durch den Bochumer Anwalt Knuth Meyer-Soltau zu ersetzen, der im NRW-Landesvorstand sitzt. Der Vorschlag geht auf den Parteivorsitzenden Jörg Meuthen zurück, der die Personalie kurzfristig auf die Tagesordnung setzen ließ, ohne die Arbeitsgruppe vorher anzuhören. Dem Vernehmen nach stimmte im Bundesvorstand lediglich der Co-Vorsitzende Tino Chrupalla gegen diesen Schritt, den er im Nachgang öffentlich kritisierte. Von der Entscheidung distanzierten sich auch Alice Weidel und Stephan Brandner, die ebenfalls dem Vorstand angehörten, an der Schaltkonferenz aber nach eigenen Angaben nicht oder erst später teilnahmen. Nachdem die Absetzung bekannt wurde, erklärte der Abgeordnete Roman Reusch seinen freiwilligen Austritt aus der ursprünglich fünfköpfigen Arbeitsgruppe.

Sie war im September 2018 einberufen worden als Reaktion auf damals gehäufte Forderungen, die AfD durch Verfassungsschutzbehörden überprüfen zu lassen. Unter Hartwigs Leitung erarbeitete das Gremium interne Handreichungen, darunter Empfehlungen, welche Äußerungen in der Öffentlichkeit besser unterlassen werden sollten. Ziel war von Anbeginn die Abwendung einer Beobachtung der Gesamtpartei. Dieses Ziel habe Hartwig jedoch aufgegeben, soll Meuthen nach Informationen der FAZ in der Vorstandssitzung geäußert haben. Kurz zuvor hatte Hartwig innerhalb der Bundestagsfraktion die Auffassung vertreten, dass eine Beobachtung kaum noch verhindert werden könne und eine Abwehr durch das Vorgehen Meuthens, der die Radikalisierung von Teilen der Partei wiederholt offen kritisiert und damit die Existenz verfassungsfeindlicher Bestrebungen indirekt eingeräumt hat, erschwert werde. Nach Angaben der Süddeutschen Zeitung soll Hartwig zudem empfohlen haben, den Verfassungsschutz zu ignorieren, statt etwa Protagonist*innen des Flügels „in die Schranken zu weisen“. In diesem Spektrum wird bereits seit längerer Zeit argumentiert, dass eine Beobachtung der AfD so oder so anstehe.

Gegenüber verschiedenen Medien erklärte Hartwig inzwischen, dass Meuthen aus machtpolitischem Kalkül gegen ihn vorgegangen sei. Tatsächlich gilt der Abgeordnete als Anhänger der Fraktionsvorsitzenden Alice Weidel, der nachgesagt wird, selbst Parteichefin werden zu wollen. Gerüchte über eine bevorstehende Absetzung Hartwigs hatte es bereits vor Monaten gegeben. Nachdem er für seine Rolle in der Arbeitsgruppe zunächst aus Flügel-Kreisen heraus angefeindet wurde, nahm er im Sommer den aus der Partei ausgeschlossenen Neonazi Andreas Kalbitz in Schutz und behauptete, dieser sei „kein Rechtsextremist“. Inzwischen hat Hartwig, der 2017 über die NRW-Landesliste in den Bundestag gewählt wurde, Wohnsitz und Landesverband gewechselt, nach Bandenburg. Als denkbar gilt, dass er bei der kommenden Bundestagswahl auf der brandenburgischen Landesliste antreten will, also für Kalbitz‘ Ex-Verband – der bereits unter Verfassungsschutz-Beobachtung steht. (↪ RND, 21.12., ↪ t-online.de, 21.12., ↪ FAZ, 21.12., ↪ Spiegel, 21.12., ↪ SZ, 21.12., ↪ BNR, 22.12., ↪ Welt, 25.12.)

AfD in Sachsen

Im Kulturausschuss des Dresdner Stadtrats haben AfD und Freie Wähler die kommunale Kulturförderungen vorläufig gestoppt und damit den Fortbestand von 75 Vereinen und Institutionen in Gefahr gebracht. Am vergangenen Montag hätte das Gremium über die Vergabe von Zuschüssen in einer Gesamthöhe von rund fünf Millionen Euro beschließen können, die in den städtischen Haushalt eingestellt wurden. Zuvor hatten sich die demokratischen Fraktionen verständigt, den Kulturetat in der Landeshauptstadt nicht zu kürzen und über die Vergabe noch vor dem Jahreswechsel zu entscheiden, auch um Auswirkungen der Coronakrise abzufedern. Doch die AfD-Ausschussmitglieder Wolf Hagen Braun, Silke Schöps und Matthias Rentzsch sowie die neurechte Buchhändlerin Susanne Dagen von den Freien Wählern nutzten mit einem Antrag ein Minderheitenrecht, wonach die Vorlage zur Kulturförderung zunächst in einer Stadtratssitzung beraten werden muss. Sie wird frühestens am 28. Januar stattfinden, falls das angesichts der Pandemie überhaupt möglich sein wird. Schon zuvor hatte die AfD im Stadtrat einen Änderungsantrag eingebracht, um die Kulturförderung praktisch auf Null zu reduzieren. Das Vorgehen im Kulturausschuss hat bereits jetzt konkrete Folgen. So muss etwa ein durch etliche Initiativen genutzter Stadtteilladen in Dresden-Löbtau schließen – ohne Zuschüsse kann der Trägerverein die Miete nicht mehr tragen. (↪ Sächsische, 22.12., ↪ Sächsische, 22.12., ↪ DNN, 23.12., ↪ TAG24, 23.12.)


Der Großunternehmer Ferdinand Walther (1872-1948), an den die AfD im Stadtrat von Grimma (Landkreis Leipzig) mit einem Straßennamen erinnern will, stand den Nationalsozialisten näher als bislang bekannt. Vor rund einem Jahr hatte das AfD-Ratsmitglied Helmut De Vecchis angeregt, eine Straße nach dem Fabrikanten zu benennen, eventuell die bisherige Karl-Marx-Straße oder einen Weg im neuen Wohngebiet auf dem Rappenberg. „Er hat viel für Grimma getan, es wird nur Gutes von ihm gesagt“, hatte De Vecchis im Stadtrat argumentiert. Zwar sei Walther am 1. Mai 1933 in die NSDAP eingetreten, er habe „aber nie Uniform oder Parteiabzeichen getragen“. Nachforschungen des Historikers Peter Fricke, Vorsitzender im Förderkreis des Kreismuseums Grimma, zeigen jetzt, dass Walther keineswegs genötigt worden war, der Partei beizutreten. Vielmehr mehren sich Anhaltspunkte, dass er „den Führer bewunderte“, der NSDAP bereits vor 1933 nahestand und er sich von einem Beitritt geschäftliche Vorteile versprach. So bereicherte er sich ab 1934 persönlich – als „Sachverständiger für Enteignungsfälle“ im Bezirk Grimma. (↪ LVZ, 27.12.)

AfD rundherum

Die brandenburgische AfD hat in einer aktuellen Wahlumfrage massiv an Zuspruch verloren. Nur noch rund 16 Prozent der Wahlberechtigten würden sich für die Partei entscheiden, wenn heute Landtagswahl wäre. Das ist das Ergebnis einer repräsentativen Erhebung des Forsa-Instituts im Auftrag der Märkischen Allgemeinen. Die AfD büßt damit im Vergleich zu ihrem Abschneiden im Herbst 2019, bei der sie auf 23,5 Prozent gekommen war, fast ein Drittel der Stimmen ein und steigt von der zweit- zur drittstärksten Kraft ab. Es handelt sich um den schlechtesten Umfragewert der Landespartei seit dreieinhalb Jahren. Auch bei der nächsten Bundestagswahl würden derzeit nur 17 Prozent der brandenburgischen Wähler*innen ihr Kreuz bei der AfD machen. Sie hatte im September 2017 in dem Bundesland 20,2 Prozent erhalten. (↪ MAZ, 20.12.)


Mit der Aufstellung einer siebenköpfigen Liste zur Bundestagswahl hat die sachsen-anhaltische AfD am vorigen Sonntag ihren Parteitag auf dem Magdeburger Messegelände abgeschlossen. Zum Spitzenkandidaten wurde der Landesvorsitzende Martin Reichardt gewählt, der sich mit einer Zwei-Drittel-Mehrheit gegen die beiden Mitbewerber Robert Farle und René Vollmann durchsetzte. Auf dem zweiten Platz folgt der Landeschef der verfassungsfeindlichen Jungen Alternative, Jan Wenzel Schmidt, der den Vize-Parteichef Kay-Uwe Ziegler ausstach. Die weiteren Kandidierenden sind Arno Bausemer, Andreas Mrosek, Heinz-Peter Günther, Birgit Albrecht und Marvin Friese. Die rund 400 Teilnehmenden folgten bei der Nominierung weitgehend einem im Vorfeld ausgehandelten Vorschlag der Landesspitze und begünstigten dabei insbesondere Anhänger*innen des verfassungsfeindlichen Flügels. Bereits am vorigen Samstag waren die ersten fünf Kandidierenden für die Landesliste zur Landtagswahl am 6. Juni nominiert worden. Ursprünglich war vorgesehen gewesen, 35 weitere Listenplätze zu vergeben, was aus Zeitgründen nicht gelang. Eine Fortsetzung wird für den 23. und 24. Januar geplant. Für das zurückliegende Treffen galten strenge Hygienevorschriften, die nicht durchgängig eingehalten wurden. „Sitzungsleiter Krzysztof Walczak musste an beiden Tagen immer wieder Ermahnungen aussprechen, teils im Abstand von wenigen Minuten“, notiert die Mitteldeutsche Zeitung. (↪ Volksstimme, 20.12., ↪ MZ, 20.12., ↪ MZ, 21.12.)


Parteirichter Stephan Wunsch, Mitglied im Bundesschiedsgericht der AfD, hat den Bundestagsfraktionschef und Ehrenvorsitzenden Alexander Gauland für jüngste Äußerungen kritisiert, wonach man sich um eine drohende Beobachtung durch Verfassungsschutzbehörden nicht zu sorgen brauche. Damit verkenne Gauland die Realität, schrieb Wunsch in einer Stellungnahme, die mehreren Mitgliedern des Bundesvorstands zugesandt wurde. „Wer eine bürgerliche Reputation zu verlieren hat, kann es nicht konfliktfrei akzeptieren, einer Partei anzugehören, die durch das Reden und Handeln einiger Mitglieder als verfassungsfeindlicher Beobachtungsfall eingestuft wird“, heißt es weiter. Gegenüber der Deutschen Presse-Agentur hatte Gauland kürzlich ausgeführt, die AfD könne einer Beobachtung „sowieso nicht entgehen“. Man solle die Auffassungen des Verfassungsschutzes „nicht zum Maßstab unseres Handelns machen“, sonst könne man „keine echte Opposition sein“. Die AfD sei aus seiner Sicht eine „Bewegungspartei, die auch Kontakt zu bestimmten Protestgruppen pflegen sollte.“ Als Beispiele nannte Gauland unter anderem „Querdenken“ und Pegida. Dem widersprach bereits Anfang der Woche der Bundesvorsitzende Jörg Meuthen, der beim Bundesparteitag in Kalkar vor einer Zusammenarbeit mit „Querdenken“-Initiativen gewarnt hatte. Ihm zufolge sei die AfD eine „konservativ-freiheitliche Bürgerpartei“, die Bezeichnung als Bewegungspartei sei daher „irreführend“. Der Streit um das Selbstverständnis der AfD während schon lange. Als ungewöhnlich gilt aber, dass sich Mitglieder des Bundesschiedsgerichts, die zur Neutralität angehalten sind, zu Wort melden. Das war im Juli zum ersten Mal in der Parteigeschichte geschehen. Damals hat das Schiedsgericht unter anderem Vorwürfe Gaulands zurückgewiesen, wonach man interessengeleitet vorgehe und ein „falsches“ Urteil gegen den Neonazi Andreas Kalbitz gefällt habe. (↪ Zeit, 21.12., ↪ SWR, 21.12.)


Das Bundesamt für Verfassungsschutz (BfV) geht weiterhin davon aus, dass der völkisch-nationalistische Flügel innerhalb der AfD trotz formeller Auflösung verdeckt fortbesteht. Dieses „Personennetzwerk“ wirke im Hintergrund weiter, bekräftigte BfV-Präsident Thomas Haldenwang im Interview mit der Deutschen Presse-Agentur. Zwar seien die Protagonist*innen dieser Strömung zurückhaltender geworden, die Behörde könne aber „auch wahrnehmen, was außerhalb der Öffentlichkeit gesprochen wird.“ Voraussichtlich Anfang 2021 will das BfV eine aktuelle Einschätzung zur AfD abgeben, möglicherweise wird dann die Gesamtpartei unter nachrichtendienstliche Beobachtung gestellt. Zu diesem möglichen Vorgehen äußerte sich Haldenwang nicht direkt. Er nannte es aber einen richtigen Schritt, die Öffentlichkeit zu informieren, „wenn wir verfassungsfeindliche Bestrebungen jeglicher Art wahrnehmen“. (↪ RND, 21.12.)


Trotz eines Corona-Falls in den eigenen Reihen haben die meisten Mitglieder der achtköpfigen AfD-Fraktion im Stadtrat von Dessau-Roßlau (Sachsen-Anhalt) auf einen Schnelltest verzichtet. Die freiwillige Möglichkeit dazu bestand im Vorfeld der jüngsten Stadtratssitzung am Mittwoch der Vorwoche. Zuvor war bekannt geworden, dass AfD-Ratsmitglied Lutz Büttner an Covid-19 erkrankt ist und bei der Sitzung eines Aufsichtsrats Kontakt mit weiteren kommunalen Mandatsträger*innen hatte. Der AfD-Fraktionsvorsitzende Andreas Mrosek erklärte, dass es ohne Symptome keinen Grund zum Testen gebe – obwohl bekanntlich Infizierte ansteckend sein können, ohne selbst Symptome zu zeigen. Mrosek nahm demnach ungetestet am AfD-Landesparteitag am vergangenen Wochenende in Magdeburg teil, gemeinsam mit mehr als 400 Mitgliedern. Sie wählten ihn auf Listenplatz vier für die kommende Bundestagswahl. (↪ MZ, 22.12.)


Unter Anhänger*innen der AfD ist die Bereitschaft, sich gegen das Corona-Virus impfen zu lassen, besonders gering ausgeprägt. Das zeigt eine aktuelle Umfrage des Instituts YouGov im Auftrag der Deutschen Presse-Agentur. Demnach wollen sich in der Gesamtbevölkerung 32 Prozent der Befragten so schnell wie möglich impfen lassen, weitere 33 Prozent beabsichtigen dies auch, wollen aber zunächst mögliche Nebenwirkungen bei anderen abwarten. Lediglich 19 Prozent haben sich gegen eine Impfung entschieden, weitere 16 Prozent sind noch unentschieden. Unter den Befragten, die sich zur AfD bekennen, wollen sich hingegen nur 51 Prozent impfen lassen. Die Umfrage bestätigt frühere Annahmen, wonach die Impfbereitschaft im Spektrum dieser Partei auffällig niedrig ist. Indes zeigen die neuen Werte, dass die übrige Bevölkerung einer Impfung weit aufgeschlossener gegenübersteht als befürchtet. (↪ RND, 25.12.)

Blauzone

Nach wiederholten Vorwürfen an die Linken-Fraktion im Stadtrat von Zittau (Landkreis Görlitz), ihr Abstimmungsverhalten mit der AfD zu koordinieren, hat sich der Kreisverband der Partei von jedweder Zusammenarbeit mit der AfD distanziert. Man beobachte „mit Sorge die Entwicklungen im Stadtrat der Großen Kreisstadt Zittau“, heißt es in einer Erklärung des Kreisvorstands, dem sich auch die drei Ratsmitglieder angeschlossen haben. „Unser politischer Kompass schließt jegliche Zusammenarbeit mit antidemokratischen Kräften wie der AfD aus“, man werde „weder aktiv auf die AfD zugehen, noch in irgendeiner sonstigen Form um deren Stimmen werben oder diese strategisch einkalkulieren.“ Stattdessen wolle man künftig deutlicher dem Eindruck entgegentreten, „dass es eine wie auch immer geartete Duldung oder Unterstützung der linken Stadtratsfraktion in Zittau durch die AfD gäbe“. Vorwürfe dieser Art hatte kürzlich die örtliche Wähler*innenvereinigung Zkm erhoben und dem Zittauer Linken-Fraktionsvorsitzenden Jens Hentschel-Thöricht vorgeworfen, bei Abstimmungen gemeinsam mit der AfD vorgegangen zu sein und dies sogar angekündigt zu haben. (↪ Sächsische, 21.12.)


Der ehemalige Verfassungsschutz-Präsident Hans-Georg Maaßen will Mitglied der national- und neoliberalen Hayek-Gesellschaft werden. Das berichtet der Spiegel und beruft sich auf eine Auflistung von Mitglieds-Anwärter*innen. Darauf finde sich der Name Maaßens, „der bislang weder durch ökonomisches Fachwissen noch durch übermäßig liberale Positionen aufgefallen wäre“, so das Nachrichtenmagazin. Da in diesem Jahr keine Mitgliederversammlung durchgeführt werden konnte, wurde über eine Aufnahme Maaßens, der auch bekanntester Mitstreiter der nationalkonservativen WerteUnion ist, noch nicht entschieden. Einige Mitglieder, darunter renommierte Wirtschaftswissenschaftler*innen, üben bereits Kritik an der Personalie. Vor rund fünf Jahren hatte es schon einmal Streit in dem Verein gegeben, der sich auf den Ökonomen Friedrich August von Hayek beruft. Damals war eine Unterwanderung durch rechtspopulistische Kreise befürchtet und eine mangelnde Abgrenzung zur extremen Rechten kritisiert worden. Rund 60 Mitglieder verließen den Verein, darunter der FDP-Vorsitzende Christian Lindner. Aufgenommen wurden hingegen die heutigen AfD-Bundestagsabgeordneten Alice Weidel, Beatrix von Storch und Peter Boehringer. Der Hayek-Gesellschaft ist eine gleichnamige Stiftung eng verbunden, beide Institutionen pflegen eine gemeinsame Website. Im Stiftungskuratorium findet sich unter anderem die ehemalige Bürgerrechtlerin Vera Lengsfeld, heute als Rechtsaußen-Publizistin bekannt, sowie Joachim Starbatty. Er war Gründungsmitglied der „Wahlalternative 2013“, einem direkten Vorläufer der AfD. Ihr gehört er nicht mehr an – sitzt aber im Kuratorium der parteinahen Desiderius-Erasmus-Stiftung. (↪ Spiegel, 23.12.)

Hintergrund

Durchbruch im Neukölln-Komplex: Wegen des Vorwurfs, für eine Serie von mehr als 20 rechtsmotivierten Brandanschlägen verantwortlich zu sein, hat die Berliner Generalstaatsanwaltschaft am Mittwochmorgen die beiden Neonazis Tilo Paulenz und Sebastian Thom verhaften lassen. Der Haftrichter bestätigte den dringenden Tatverdacht gegen beide Männer. Thom, lange bei der NPD aktiv, sitzt seither in Untersuchungshaft. Sein mutmaßlicher Komplize Paulenz, vormals Mitglied im Neuköllner AfD-Bezirksvorstand, kann unter Auflagen auf freiem Fuß bleiben. Beide gelten seit langem als wahrscheinliche Drahtzieher für eine Anschlagswelle, die 2016 begann, insgesamt stehen mehr als 70 Einzeltaten im Raum. Die Ermittlungen hatten jahrelang nicht zum Erfolg geführt und waren von etlichen „Pannen“ geprägt. Erst im Sommer wurden zwei Staatsanwälte „wegen des Verdachts der Befangenheit“ von dem Fall abgezogen und versetzt. Einer von ihnen soll gegenüber Paulenz angedeutet haben, selbst AfD-Sympathisant zu sein. (↪ RBB, 23.12., ↪ Tagesspiegel, 23.12., ↪ RND, 23.12., ↪ Welt, 23.12.)