Presseschau, 50. Kalenderwoche 2020

Waffenhandel, Russlandreise, Stadtrat Hänisch an Corona gestorben, Bremer Streit beigelegt, Kalbitz ausgewiesen, Klagen gegen Strafzahlung und „Verdachtsfall“-Nennung, Ausschlussverfahren gegen Mandic, Parteitag in Magdeburg geplant, Schlunds Immunität aufgehoben, Zusammenarbeit in Zittau, Höckes Antisemitismus, AfD als Pandemietreiber. Das war diese Woche wichtig:


In der Presseschau informiert idas jeden Sonntag über lesenswerte Medienberichte und Recherchen rund um die AfD, die im Laufe der Woche erschienen sind.


 


Top Stories

Das bayrische AfD-Mitglied Alexander Reichl wird beschuldigt, Waffen und Munition nach Deutschland geschmuggelt und an Neonazis und Reichsbürger verteilt zu haben. Recherchen des ZDF-Magazins Frontal 21 zufolge befindet sich der Mann aus dem Landkreis München inzwischen in Untersuchungshaft. Zu ihm hatten Ermittlungen geführt, bei denen bereits vor zweieinhalb Jahren im kroatischen Slawonien ein Waffendepot entdeckt worden war, das unter anderem Sturmgewehre und Handgranaten enthielt, die für die illegale Ausfuhr in die Bundesrepublik vorgesehen waren. Ein Mittelsmann identifizierte später Reichl als einen der Abnehmer – und gab in einer Vernehmung an, von ihm erfahren zu haben, dass das Material „für die AfD“ bestimmt gewesen sei. Bei Reichl und etlichen weiteren Beschuldigten in Deutschland wurden daraufhin Waffen sichergestellt. In dem Zusammenhang hatten zuletzt im Juli Razzien stattgefunden – unter anderem auch im Schloss Promnitz bei Riesa (Landkreis Meißen), wo sich zuvor die örtliche AfD-Gruppe getroffen hat. Die Partei bestätigte inzwischen, dass Reichl Mitglied ist, er allerdings seit langem keine Beiträge gezahlt habe. Zuvor war er jahrelang bei der NPD aktiv gewesen. (↪ ZDF, 08.12., ↪ SZ, 11.12.)


Bei einer mehrtägigen Moskaureise haben die beiden AfD-Bundestagsabgeordneten Tino Chrupalla, zugleich stellvertretender Fraktions- sowie Parteivorsitzender, und der außenpolitische Sprecher Armin-Paul Hampel den russischen Außenminister Sergej Lawrow getroffen. Sie waren durch die Duma eingeladen worden, die dreistündige Unterredung mit Lawrow am Dienstag war der Höhepunkt der Delegationstour. Dabei soll unter anderem über die Lage in Belarus, der Ukraine und Bergkarabach sowie über deutsch-russische Wirtschaftsbeziehungen, die fortgeltenden EU-Sanktionen und das Pipeline-Projekt „Nord Stream 2“ gesprochen worden sein. Der Empfang gilt nach diplomatischen Standards als ungewöhnlich, Beobachter*innen gehen von einer Retourkutsche für den deutschen Umgang mit Alexej Nawalny aus. So kritisierte Lawrow, dass es „offizielle Personen Berlins“ bevorzugen würden, sich mit „nichtsystemischen Persönlichkeiten“ zu treffen statt etwa mit Mitgliedern der Duma und den dort vertretenen Parteien. Lawrow lobte hingegen den Einsatz der AfD für eine „Aufrechterhaltung“ der deutsch-russischen Beziehungen. Ein Sprecher des Präsidenten Wladimir Putin nannte den Besuch ein „sehr wichtiges Signal“. Im Nachgang beklagten sowohl die Gastgeber*innen als auch die beiden AfD-Politiker, dass es Versuche gegeben habe, die Reise zu verhindern – wie die AfD erläuterte, habe man Chrupalla und Hampel kein „Regierungsflugzeug“ zur Verfügung gestellt. (↪ FAZ, 08.12., ↪ Tagesspiegel, 08.12., ↪ Spiegel, 08.12., ↪ DW, 08.12., ↪ Sächsische, 09.12., ↪ NZZ, 09.12., ↪ TP, 09.12., ↪ BR, 10.12.)

AfD in Sachsen

Unter den rund 20 sächsischen Unterzeichner*innen eines offenen Briefes mit dem Titel „Ärzte stehen auf“, in dem die Gefahren der Corona-Pandemie bestritten werden und die Aufhebung aller Maßnahmen zu deren Eindämmung gefordert wird, befindet sich auch ein Kommunalpolitiker der AfD. Nach einer gemeinsamen Recherche von Sächsischer Zeitung und Freier Presse handelt es sich um Heiko Sauerborn, Mitglied im Stadtrat des erzgebirgischen Oelsnitz. Er ist von Beruf Zahnarzt. (↪ FP, 06.12., ↪ Sächsische, 07.12.)


Im Kreistag des Landkreises Leipzig ist die AfD-Fraktion mit dem Versuch gescheitert, Zuschüsse für die Kinder- und Jugendarbeit im Kreisgebiet zu streichen. Bei den Verhandlungen über den Doppelhaushalt schlug die Fraktion um den Vorsitzenden Bodo Walther vor, unter anderem beim „Dorf der Jugend“ in Grimma sowie beim Kinder- und Jugendring den Rotstift anzusetzen. Ähnliche Vorstöße hatte es schon früher gegeben. Der Kreisetat wurde ohne diese Einschnitte beschlossen, lediglich die AfD stimmte dagegen. (↪ LVZ, 10.12.)


Harald Hänisch, AfD-Stadtrat in Böhlen (Landkreis Leipzig), ist offenbar an der Covid-19-Erkrankung verstorben. Er wurde zuvor intensivmedizinisch behandelt und musste beatmet werden. Ende November hatte seine Stadtratsfraktion bei Facebook bekannt gemacht, dass er erkrankt ist, und ihm „schnellst mögliche Genesung“ gewünscht. Inzwischen wurde der Beitrag gelöscht. Zuvor hatte Hänisch an mehreren Versammlungen gegen die Eindämmung der Corona-Pandemie teilgenommen, offenbar ohne Mund-Nase-Schutz und ohne Wahrung von Abständen. Fotos zeigen ihn unter anderem an der Seite des AfD-Bundestagsabgeordneten Jens Maier. (↪ Bild, 12.12., ↪ LVZ, 13.12., ↪ Volksverpetzer, 13.12.)

AfD rundherum

Mit der Aufstellung einer 15-köpfigen Landesliste für die Bundestagswahl im kommenden Jahr ist am vergangenen Sonntag der Landesparteitag der niedersächsischen AfD in Braunschweig zu Ende gegangen. Mehr als 500 Mitglieder gaben dabei in der Millenniumhalle vergleichsweise gemäßigten Kandidierenden den Vorzug. Spitzenkandidat ist der Ex-Bundeswehrgeneral Joachim Wundrak, er setzte sich überraschend gegen Armin-Paul Hampel durch. Hampel, aktuell außenpolitische Sprecher der Bundestagsfraktion, kam auch bei einem erneuten Anlauf für den sechsten Listenplatz nicht zum Zug. Ebenfalls durchgefallen ist mit Jens Kestner der aktuelle AfD-Landesvorsitzende, der erst im September ins Amt gekommen war. Er fiel bei der Abstimmung um den zweiten Platz durch und erklärte daraufhin seinen Verzicht. Auch weitere Mitglieder aus Kestners Flügel-nahem Landesvorstand, die kandidieren wollten, fielen überraschend durch. (↪ Braunschweiger Zeitung, 06.12.)


Die Spannungen im AfD-Landesverband Bremen scheinen vorerst beigelegt zu sein. Landesvorsitzender Peter Beck und Schatzmeister Mertcan Karakaya haben ihren Antrag auf einstweilige Verfügungen, mit denen sie juristisch sie gegen eine Reihe anderer Mitglieder vorgehen wollten, überraschend zurückgezogen. In der Sache hatte bereits eine Verhandlung am Landgericht Bremen stattgefunden, die gerichtliche Entscheidung stand noch aus. Beck und Karakaya wollten es auf diesem Weg untersagen lassen, ihnen unter anderem „Bestechlichkeit“, „Vorteilsnahme im Amt“ und „Kontakte ins rechtsextreme Milieu“ vorzuwerfen. Darauf hatte sich zuvor ein erfolgloser Abwahlantrag gegen die Landesspitze gestützt. Vor kurzem fand beim AfD-Bundesvorstand in Berlin ein „Friedensgipfel“ statt, um zwischen den zerstrittenen Teilen der Landespartei zu vermitteln. Über mögliche Ergebnisse dieses Treffens teilte die AfD nichts mit. (↪ TAZ, 07.12.)


Bei der Abstimmung über die Direktkandidatur der AfD für die kommende Landtagswahl im Wahlkreis Schwerin I ist mit Hagen Brauer der Co-Landesvorsitzende in Mecklenburg-Vorpommern überraschend durchgefallen. Stattdessen setzte sich der Kreisvorsitzende Martin Schmidt durch, der Mitarbeiter der Landtagsfraktion ist. Die Entscheidung fiel mit 20 zu 16 Stimmen knapp aus, insgesamt sieben Wahlgänge waren erforderlich. Der Wahlkreis hat hohe symbolische Bedeutung, dort kandidiert auch Ministerpräsidentin Manuela Schwesig (SPD). Für den Wahlkreis Schwerin II wurde unterdessen Petra Federau nominiert, die keine Mitbewerber*innen hatte. Sie war „vor vier Jahren wegen ihrer Verbindungen zu einem Escort-Service im arabischen Raum in die Kritik geraten“, erinnert der NDR. Ende Januar soll die Landesliste der Partei aufgestellt werden. Um den Spitzenplatz werden voraussichtlich der Landtags-Fraktionsvorsitzende Nikolaus Kramer und sein Parlamentarischer Geschäftsführer Ralph Weber konkurrieren. (↪ NDR, 07.12.)


Die Polizei in Mecklenburg-Vorpommern hat am Montag den brandenburgischen AfD-Abgeordneten Andreas Kalbitz des Landes verwiesen. Zuvor war eine Rede des Neonazis bei einer Corona-Demonstration der „Bürgerbewegung Stralsund“ angekündigt worden. Dort kam er nicht an, vielmehr passten die Beamt*innen ihn in einem Parteibüro ab und veranlassten seine unverzügliche Ausreise aus dem Bundesland auf Grundlage der dort geltenden Corona-Schutzverordnung. Nach Polizeiangaben kam Kalbitz der Aufforderung nach. Er selbst behauptet, vier Stunden lang „festgesetzt“ worden zu sein, und kündigt juristische Schritte an. Für seinen Verstoß gegen die aktuellen Regelungen droht ihm eine Geldbuße. (↪ Ostsee-Zeitung, 07.12., ↪ Nordkurier, 08.12.)


Nach Informationen der Welt will die AfD gegen eine kürzlich durch die Bundestagsverwaltung verhängte Strafzahlung über rund 108.000 Euro klagen. Es handelt sich um die dreifache Höhe jener Summe, die 2016 aus der Schweiz geflossen war, um Kosten für einen Kongress in Düsseldorf zu decken, den der damalige NRW-Landesvorsitzende Marcus Pretzell mitorganisiert hatte. Nach Ansicht der Bundestagsverwaltung liegt eine illegale Parteispende vor. Erst kürzlich hatte Pretzell öffentlich eingeräumt, frühzeitig mit dem Schweizer PR-Unternehmer Alexander Segert und dessen Firma „Goal AG“ in Kontakt gestanden haben, über die wiederholt unerlaubte Zahlungen an die Partei geschleust worden sind. Die AfD bestritt direkte Kontakte bisher. Im vorliegenden Fall behauptet sie, dass es sich bei dem Kongress nicht um eine Parteiveranstaltung gehandelt habe. (↪ Welt, 08.12.)


Der sachsen-anhaltische Landtag hat zu Recht die Einrichtung eines Untersuchungsausschusses zum Thema „Linksextremismus“ abgelehnt, die im vergangenen Jahr durch die AfD-Fraktion und den fraktionslosen Abgeordneten André Poggenburg beantragt worden war. Das entschied am Dienstag das Landesverfassungsgericht in Dessau-Roßlau in einem Organstreitverfahren, das die AfD angestrengt hatte. Die Fraktion sah sich in ihren Minderheitenrechten beschnitten, weil die Einrichtung des Ausschusses verwehrt wurde, obwohl man dafür genügend Stimmen aufgebracht hat. Dem Gericht zufolge war der ursprüngliche Einsetzungsantrag jedoch „uferlos“ und nicht verfassungskonform, er überschritt „deutlich“ die Kompetenzen des Parlaments und lief dem Grundsatz der Gewaltenteilung zuwider. Unter anderem wollte die AfD vermeintliche „linksextremistische Strukturen“ in Parteien, Gewerkschaften und Vereinen untersuchen. Nach Ansicht der Richter*innen verfolgte die AfD damit „unter dem Deckmantel der parlamentarischen Kontrolle verfahrensfremde Ziele“. (↪ MZ, 08.12., ↪ MDR, 08.12., ↪ LTO, 08.12.)


Die brandenburgische AfD-Fraktion geht mit einer Normenkontrollklage beim Landesverfassungsgericht gegen die öffentliche Bezeichnung der Landespartei als rechtsextremistischer „Verdachtsfall“ vor. Diese Einstufung hatte der dortige Verfassungsschutz im Juni bekanntgegeben. Die Behörde stützt sich dabei auf ein Landesgesetz, das diese Mitteilung erlaubt. Nach Auffassung der Fraktion widerspricht die gesetzliche Regelung, die erst im vergangenen Jahr geschaffen worden war, jedoch der Landesverfassung. „Wir erhoffen uns, dass diese Regel nicht zulässig ist und es nicht zulässig ist, eine Partei mit dem Stigma ‚ist ein Verdachtsfall‘ oder ‚ist verfassungsfeindlich‘ öffentlich herunterzumachen“, sagte der Fraktionsvorsitzende Christoph Berndt am Dienstag in Potsdam. Gegen die Einstufung des AfD-Landesverbandes und die seither stattfindende nachrichtendienstliche Beobachtung wollte man demnach gesondert vorgehen, dies ist nicht Gegenstand der aktuellen Klage. Juristisch vertreten wird die Fraktion durch Michael Elicker, der auch für die sächsische AfD tätig ist. Er bestätigte nunmehr, „seit einiger Zeit“ Mitglied der Partei zu sein. (↪ MAZ, 08.12., ↪ Tagesspiegel, 08.12., ↪ RND, 08.12.)


Die AfD unternimmt einen neuen Anlauf, ihren baden-württembergischen Kommunalpolitiker Dubravko Mandic, der im Freiburger Stadtrat und im Vorstand des dortigen Kreisverbandes sitzt, aus der Partei auszuschließen. Wie am Mittwoch bekannt wurde, einigte sich der Landesvorstand „mit breiter Mehrheit“, ein Parteiausschlussverfahren einzuleiten. Darüber muss nun das Landesschiedsgericht entscheiden. Zugleich wurden Mandic bis auf Weiteres sämtliche Mitgliedsrechte entzogen. Ihm wird parteischädigendes Verhalten vorgeworfen: „AfD-Nichtwahl und Wahlkampfverweigerung ist Patriotenpflicht“, soll er in einer Chatgruppe geschrieben haben. Mandic selbst spricht von einem „Fake-Zitat“. Entstanden war es offenbar als Reaktion auf die Vorgänge beim jüngsten AfD-Bundesparteitag, bei dem Mandic, der dem verfassungsfeindlichen Flügel nahesteht, mehrfach in Erscheinung trat. Zuletzt hatte der Landesvorstand im September trotz Drucks der Bundesspitze von einem Ausschlussverfahren abgesehen und lediglich eine zweijährige Ämtersperre verhangen. Zu der Zeit lag Mandic unter anderem zur Last, den Bundesvorsitzenden Jörg Meuthen mit einem Video verunglimpft zu haben, in dem dessen Sarg zu Grabe getragen wird. Zwischenzeitlich wurde Mandic als Direktkandidat zur Landtagswahl im Wahlkreis Lörrach aufgestellt. Noch offen ist, ob er als Kandidat abberufen werden kann. Derzeit muss er sich vor einem staatlichen Gericht verantworten, am Dienstag begann am Amtsgericht Freiburg ein Prozess wegen Körperverletzung. Er soll während des Kommunalwahlkampfs im vergangenen Jahr einen Fahrradfahrer mit Reizgas attackiert haben. Weitere Ermittlungsverfahren sind anhängig. (↪ Badische Zeitung, 08.12., ↪ StN, 08.12., ↪ Badische Zeitung, 09.12., ↪ Badische Zeitung, 12.12.)


Trotz der aktuellen Zuspitzung der Pandemie will sich die sachsen-anhaltische AfD am kommenden Wochenende zu einem zweitägigen Landesparteitag auf dem Messegelände in Magdeburg treffen. Die Partei rechnet mit 500 bis 600 Beteiligten. Da es sich um einen Mitgliederparteitag handelt, könnten theoretisch alle der rund 1.400 Mitglieder in dem Bundesland teilnehmen. Bei dem Treffen sollen die Kandidierenden für die Landtags- und die Bundestagswahl gewählt werden, als Spitzenkandidaten wollen sich Oliver Kirchner bzw. Martin Reichardt nominieren lassen. Nach Angaben der Partei werde derzeit ein Hygienekonzept erarbeitet – eine Maskenpflicht sei aber nicht vorgesehen. Zuletzt hatte sich die sachsen-anhaltische AfD im September zu einem Parteitag in Dessau-Roßlau versammelt. Dabei war mehrfach gegen Hygieneregeln verstoßen worden – Sanktionen gab es dennoch nicht. (↪ Volksstimme, 10.12., ↪ Volksstimme, 10.12.)


Der Bundestag hat am Donnerstag die parlamentarische Immunität des thüringischen AfD-Abgeordneten Robby Schlund aufgehoben. Beantragt hatte das die Landesärztekammer Thüringen, die ein berufsrechtliches Ermittlungsverfahren gegen Schlund führt, der in Gera selbst eine Arztpraxis betreibt. Er hatte Ende August bei einer Demonstration von Pandemie-Leugner*innen in Berlin Schilder hochgehalten, auf denen Politiker*innen und Mediziner*innen in Sträflingskleidung und mit der Aufschrift „schuldig“ zu sehen sind. Darunter war auch der Virologe Christian Drosten. Nach Ansicht der Ärztekammer handelte Schlund mit der herabwürdigenden Darstellung berufswidrig, die ärztliche Berufsordnung schreibt kollegiales Verhalten vor. Schlund bezeichnete die Aktion im Nachgang als „Satire“. Bekannt geworden war sie, weil sein sächsischer Abgeordnetenkollege Karsten Hilse ein Foto verbreitete. (↪ OTZ, 11.12.)


Trotz Infektionsgefahren hat die thüringische AfD-Fraktion vor wenigen Tagen im Erfurter Landtagsgebäude eine Weihnachtsfeier veranstaltet. Daran sollen rund 40 Personen teilgenommen haben, „Masken seien nur sporadisch getragen worden“, heißt es. Der AfD zufolge seien alle Schutzregeln eingehalten worden. Andere Fraktionen verzichten auf solche Feiern, während der AfD-Fete verhandelten sie über den künftigen Landeshaushalt. Wegen mehrerer Corona-Fälle musste zuletzt eine Plenarsitzung abgesagt werden. (↪ MDR, 11.12.)

Blauzone

Der Linken-Fraktion im Stadtrat von Zittau (Landkreis Görlitz) wird erneut eine Zusammenarbeit mit der AfD vorgeworfen. Kürzlich hatten die Fraktionsmitglieder den Abbruch einer Stadtratssitzung erzwungen. Nachdem die Tagesordnung nicht ihren Wünschen gemäß geändert worden war, verließen sie gemeinsam mit weiteren Ratsmitgliedern der AfD sowie der FFF-Fraktion (FUW/FBZ/FDP) den Saal, das Gremium war daraufhin nicht mehr beschlussfähig. Die Wählervereinigung Zkm behauptet, dass der Linken-Fraktionsvorsitzende Jens Hentschel-Thöricht das gemeinsame Vorgehen mit der AfD sogar angekündigt habe. Bereits im vergangenen Jahr hatte es ähnliche Vorwürfe gegeben. Damals war spekuliert worden, dass mit Stimmen der Linken ein AfD-Mann zum stellvertretenden Oberbürgermeister der Stadt gewählt wurde. Linke und AfD bestreiten unterdessen eine Koordination. Doch „bei zahlreichen anderen Abstimmungen zu umstrittenen Beschlussvorlagen haben AfD und Linke gleichlautend abgestimmt“, notiert die Sächsische Zeitung. (↪ Sächsische, 07.12.)

Hintergrund

Die AfD profitiert bei Wahlen von zurückliegenden Abwanderungsbewegungen. Einer neuen Studie des Mercator Forum „Migration und Demokratie“ (MIDEM) zufolge verzeichnet die Partei in Regionen besonders starke Wahlergebnisse, die in den vergangenen drei Jahrzehnten überdurchschnittlich von Abwanderung betroffen waren. Der Zusammenhang besteht demnach unabhängig von anderen Faktoren wie etwa der Bevölkerungsdichte oder der Arbeitslosenquote. Die Autor*innen der Studie vermuten, dass der Aufschwung der AfD auch auf „Verlustgefühle der Zurückgebliebenen“ zurückgeführt werden können, „die vor Ort die Folgen einer Ausdünnung der sozialen Infrastruktur spüren.“ (↪ RND, 08.12., ↪ Sächsische, 08.12.)


Der thüringische AfD-Landespolitiker Björn Höcke verbreitet nach wie vor Auffassungen, „die antisemitischen Verschwörungsideologien entsprechen“. Zu diesem Schluss kommt der Politikwissenschaftler Armin Pfahl-Traughber anhand einer Rede, die Höcke kürzlich im nordrhein-westfälischen Höxter gehalten hat. Dabei kritisierte er den Parteivorsitzenden Jörg Meuthen, sinnierte aber auch ausführlich über angebliche geheime Eliten und „eine globale Herrschaftskrake“. In den Ausführungen finden sich „viele Muster konspirationsideologischer Vorstellungen, die spätestens seit der Agitation der ‚Völkischen Bewegung‘ im Wilhelminischen Kaiserreich bekannt sind“, analysiert Pfahl-Traughber, sie könnten ohne weiteres antisemitisch gedeutet werden. Auffällig auch: Es handelte sich nicht um spontane Äußerungen, denn Höcke las seine Rede überwiegend ab – „offenkundig hatte der AfD-Politiker sich jede Formulierung genauer überlegt.“ (↪ haGalil, 12.12.)


Wütet die Corona-Pandemie stärker in Regionen, in denen die AfD viel Zuspruch findet? Die aktuelle räumliche Verteilung von Fallzahlen legt diesen Zusammenhang nahe – und eine Datenanalyse des Tagesspiegel bekräftigt die Vermutung. Demnach korrelieren die Covid-19-Inzidenzen mit der AfD-Wähler*innenschaft. Ein ähnlich starker Zusammenhang ist bei keiner anderen Partei zu beobachten, und er ist offenbar auch bedeutsamer als andere demografische Variablen. Nicht belegt ist, dass eine Kausalität besteht, doch Indizien weisen in diese Richtung. So zeigen anonymisierte Mobilfunkdaten, dass in Landkreisen mit überdurchschnittlich hohen AfD-Ergebnissen in den ersten beiden Novemberwochen die Mobilität der Einwohner*innen besonders stark zugenommen hat, „in vielen dieser Landkreise bewegen sich die Leute anscheinend sogar mehr als im Vorjahreszeitraum“. Möglicherweise wird dort, wo die AfD stark verankert ist, der Lockdown weniger beachtet. (↪ Tagesspiegel, 12.12.)