Adams Abgang

Mit Konrad Adam zieht sich einer der Gründer aus der AfD und von der Spitze der Desiderius-Erasmus-Stiftung zurück. Auf die weitere Entwicklung beider Projekte wird sich die Personalie kaum auswirken, hat aber hohe Symbolkraft: Mit dem 78-Jährigen kehrt nun auch der letzte der ursprünglichen Bundessprecher*innen der Partei den Rücken. Er hatte seit Jahren vor dem Rechtsruck in den eigenen Reihen gewarnt – und musste ihn zuletzt in der eigenen Stiftung miterleben.


Beitrag vom 07.10.2020, 10:00 Uhr │ Im Bild: Konrad Adam.


Wenig zur DES beigetragen

Der AfD-Mitgründer Konrad Adam hat den Ehrenvorsitz der parteinahen Desiderius-Erasmus-Stiftung (DES) niedergelegt. Das gab die Vorsitzende des Stiftungsvereins Erika Steinbach gestern bekannt. Sie sei über diesen Schritt „sehr“ erleichtert, schrieb sie auf ihrer Facebook-Seite. „Intelligenz, politische Klugheit und Teamfähigkeit treffen nicht immer zusammen“, heißt es weiter. Nähere Gründe für den Rückzug werden nicht genannt, auch liegt bislang keine offizielle Mitteilung der DES vor. Auf deren Website wurde der Name Adams, der seinen Posten vor rund zwei Jahren „auf Lebenszeit“ erhalten hatte, ebenfalls am Dienstag aus einer Aufzählung der Vorstandsmitglieder kommentarlos entfernt.

Formell ist der 78-Jährige immer noch Mitglied des Stiftungsvereins. Eine Austrittserklärung ist bislang nicht eingegangen, wird aber erwartet. Bereits in der vergangenen Woche hatte Adam erklärt, zum Jahresende aus der AfD auszutreten. Angesichts des Einflusses von „Rechtsaulegern“ wie Björn Höcke habe die Partei keine Zukunft als „bürgerlich-konservative“ Kraft, sagte er der Deutschen Presse-Agentur. Dieser Schritt kam nicht überraschend, bereits im Juni hatte er in einem Gastbeitrag für die Welt eine wütende Bilanz zur Entwicklung der Partei gezogen. In einem früheren Beitrag, der über Ostern in der gleichen Zeitung erschienen war, hatte er auch die DES offen kritisiert, dort überwiege wie in der Partei das Interesse an Macht und Geld.

Damals reagierte Steinbach mit einem offenen Brief, in dem sie den Ehrenvorsitzenden als „außerordentliche Enttäuschung“ bezeichnete und ihm vorwarf, er habe zur Arbeit der Stiftung „überhaupt nichts beigetragen“. Tatsächlich spielte Adam im Tagesgeschäft der DES praktisch keine Rolle. Protokolle von Mitgliederversammlungen, die idas vorliegen, zeigen, dass er selten teilnahm, mitunter unentschuldigt fehlte und dadurch sein Stimmrecht nicht wahrnahm.

Kein Bedauern in der Partei

Gleichwohl hat Adams Schritt hohe Symbolkraft, denn er war einst eine wesentliche Triebfeder bei der Parteigründung gewesen. Vor acht Jahren hatte er gemeinsam mit Bernd Lucke und Alexander Gauland die „Wahlalternative 2013“ geschaffen, aus der die AfD hervorgegangen ist. Dort gehörte er neben Lucke und Frauke Petry zu den ursprünglichen drei Bundessprecher*innen. Als Lucke Mitte 2015 geschasst wurde, gelangte Adam, der damals für eine Abgrenzung zum rechten Rand warb, nicht mehr in den Vorstand. Seither hat er nie wieder Parteiämter innegehabt. Seine neue Aufgabe wurde der Aufbau der Desiderius-Erasmus-Stiftung, deren erster Vorsitzender er war.

In dieser Funktion wurde er jedoch im Frühjahr 2017 abgewählt. Hintergrund: Auch nach mehreren Anläufen war es unter seiner Verantwortung nicht gelungen, die DES als rechtsfähigen Verein zu gründen und die Gemeinnützigkeit zu erlangen. Das gelang ohne Adams Zutun. Später, nachdem die Partei 2018 die DES mit Steinbach als neuer Vorsitzender offiziell anerkannt hatte, bahnte ihm Gauland die Rückkehr als Ehrenvorsitzender, auf einen eigens geschaffenen Posten. Für Adam war das Auszeichnung und Demütigung zugleich, er sah sich um sein politisches Lebenswerk gebracht und auf dem „Abstellgleis“ gelandet, wie er wiederholt in Interviews sagte.

Hinzu kam ein persönlicher Bruch mit seinem langjährigen Weggefährten Gauland, den er als Hauptverantwortlichen für die Drang der AfD nach rechtsaußen ausgemacht hat. Eine ähnliche Entwicklung konnte er zuletzt auch in der DES miterleben. Die politische Entfremdung beruht offensichtlich auf Gegenseitigkeit – in der Partei wie in der Stiftung wurden bislang keine weiteren Stimmen laut, die den Rückzug bedauern. Oder Adam auch nur erwähnen.